Das Majestic-12 Dokument : Thriller (German Edition)
oder vierundzwanzig Jahren zur Mühle hinaufklettern. Neben ihm schnaubte Emmie Folder, die er auf der Highschool kennengelernt hatte. Ein wunderschönes Mädchen mit glattem blonden Haar und einem bezaubernden Lächeln. Es war ihr erstes echtes Rendezvous gewesen, und er hielt die alte Mühle für den geeigneten Ort dazu. Er hörte sich noch immer ihr mit wichtiger Miene erklären, dass die Windmühlen früher der Wasserversorgung des Parks gedient hätten und das Wasser bis in die Staubecken am Strawberry Hill pumpten. Noch heute erinnerte er sich daran, dass die Holländische Windmühle eine Weiterentwicklung der klassischen Bockwindmühlen war. Sie hatte einen niedrigen Bock und ein nach unten verlängertes achteckiges Mühlenhaus, auf dem eine drehbare flache Haube aufgesetzt war. Da das Windrad in der drehbaren Haube gelagert war, brauchte man nicht mehr die ganze Mühle zu verstellen, um die Mühle nach dem Wind auszurichten. Es genügte, den Rotor mittels des aus der Kuppel herausragenden Mühlenbalkens in die richtige Position zu bringen. Wahrscheinlich dachte er damals, dass er Emmie mit seinem Wissen imponieren könnte. Er konnte es nicht. Was Emmie imponierte, waren allein die Anzahl der Yards, die ein Football über das Feld geworfen werden konnte. Und damit konnte Wallace nicht dienen.
»Wallace? Alles in Ordnung?« Susan folgte Wallace´ Blick zur Mühle hinauf. »Hast du etwas entdeckt?«
»Nein. Nur alte Erinnerungen.« Dabei wollte er es belassen. Er war froh, dass heute Susan an seiner Seite war. Und nach einem Gespräch über eine in seinen Gedanken längst verblasste Emmie Folder, stand ihm derzeit gewiss nicht der Sinn.
Sie gingen weiter den John F. Kennedy Drive entlang, der sich bis zum Tea Garden durch den ganzen Park schlängelte. Mit der Zeit wurde Susan immer langsamer und auch Wallace fühlte, wie seine Beine von Schritt zu Schritt schwerer wurden. Offenbar hatte er die Strecke wesentlich kürzer in Erinnerung gehabt, als sie tatsächlich war. Obwohl die heißesten Tage des Jahres längst vorbei waren, brannte die Sonne noch immer sengend hernieder und machte jeden Schritt zu einer Herausforderung. Nach etwa zwei Stunden erreichten sie endlich den Japanese Tea Garden. Es dämmerte bereits und ihre Füße brannten.
»Endlich«, schnaufte Susan und bedachte Wallace mit einem mürrischen Blick.
»Dafür ist der Eintritt um diese Zeit frei«, versuchte Wallace sie mit einem aufgesetzten Lächeln aufzumuntern. Susan war nicht zum Scherzen zumute und mit einem gemurmelten »Die ersparten 3,50 $ entschädigen kaum für die Strapazen«, drückte sie sich an Wallace vorbei auf den Steg, der in den japanischen Garten hinein führte. Es folgten mehrere kleinere Stege und Brücken an unzähligen Bonsais vorbei. Sie überquerten die Drum-Bridge und schleppten sich durch dichtes Schilf, bis sie zu guter Letzt das Teehaus erreichten.
»Ich hoffe, du behältst recht und die Unterlagen sind wirklich hier«, japste Susan, während sie sich völlig erschöpft auf einen Stuhl fallen ließ und begann, sich ihre Waden zu massieren.
»Ich auch«, sagte Wallace und ging auf das Teehaus zu.
Trotz des schönen Wetters waren nur wenige Besucher im Gastraum, und kaum hatte Wallace den Gastraum betreten, kam eine junge Japanerin in einem dunkelblauen und mit Stickereien reich verzierten Kimono herbeigeeilt.
61| SAN FRANCISCO, GGP – JAPANISCHES TEEHAUS, 20:27 UHR
Kaum zwanzig Meter von Susan und Wallace entfernt stand der Killer im Schilf versteckt. Heute hatte er noch nicht einen Schluck getrunken. Noch nicht einen Schluck. Er musste bei klarem Verstand bleiben. Jetzt hing alles von seinem Timing ab.
Was er nicht wusste, war, dass sich dicht hinter ihm ein weiterer Mann versteckt hielt, der ebenfalls nur darauf wartete, dass Wallace in das Teehaus gehen und mit Lears Unterlagen unter dem Arm wieder herauskommen würde. Es dauerte ohnehin schon alles viel zu lange und mit jedem Schachzug wuchs die Gefährdung der gesamten Operation.
62| SAN FRANCISCO, GGP – JAPANISCHES TEEHAUS, 20:28 UHR
»Guten Tag«, begann Wallace mit gedämpfter Stimme. »Mein Name ist Dr. Colin Wallace. Könnte es sein, dass hier ein Paket für mich hinterlegt ist?«
Die junge Bedienung schaute ihn irritiert an. »Ich glaube nicht«, sagte sie zögerlich. »Aber ich bin auch nur eine Aushilfe. Vielleicht sollten Sie lieber mit Herrn Sato Migara sprechen?«
»Sato Migara?«
»Ja, der Eigentümer des Teegartens.«
»Ah. Und wo
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