Das Mal der Schlange
konnte es dir nicht sagen.“
„ Als du aus dem Bus gestiegen bist – bist du da zu ihm gefahren?“
Sie nickte.
„ Dann ist ja alles klar.“
„ Was soll das heißen? Sei bitte nicht albern, Adam.“
Nathaniel lehnte sich etwas nach vorne, um leiser sprechen zu können. „Unser Bruder ist nicht albern, Emmaline. Er hat jetzt verstanden, dass sich nichts und niemand jemals zwischen uns beide stellen kann.“
Der traurige Ausdruck in Adams Augen war verschwunden. Kühl sagte er, „Du missverstehst mich. Meine Bemerkung hatte sich nicht auf eure Zweisamkeit bezogen, sondern darauf, dass ich von Emmalines Schritt, dich aufzusuchen überrascht war.“ Er trank einen Schluck Wein. „Aber es ist gut, dass du hier bist. Das vereinfacht Vieles. Ich denke nämlich schon die ganze Zeit darüber nach, was wir heute Nacht tun sollen und zu zweit wäre es doch relativ aussichtslos.“
„ Nicht wahr?“, lächelte Emmaline ihn erleichtert an, „Auch wir dachten, dass es so besser wäre. Wenn du einverstanden bist, wird mich Nathaniel ins Dorchester begleiten und du bleibst hier“, sie deutete mit dem Kopf in Richtung Lily und Stella.
„ Natürlich.“
„ Gut“, Nathaniel stand auf, um bei dem ziemlich verlebt aussehenden Barkeeper etwas zu trinken zu bestellen.
Mit drei Getränken balancierend, stolperte er auf dem Weg zurück an den Tisch und der Inhalt eines Wasserglases ergoss sich über Lilys Hose.
Nathaniel war untröstlich.
Adam und Emmaline beobachteten erschrocken das zweifellos absichtlich veranstaltete Missgeschick.
„ Ich fasse es nicht!“, zischte Adam, „Jetzt bittet er die beiden auch noch zu uns an den Tisch! Was denkt er sich eigentlich dabei? Wusstest du, dass er das tun würde?“
Emmaline schüttelte missbilligend den Kopf. „Selbstverständlich nicht! Ich bin genauso vor den Kopf gestoßen, wie du! Seit Tagen bemühen wir uns darum, sie zu verfolgen ohne aufzufallen und nun das. Sie dir an, wie sie ihn anstrahlen!“
„ Dem Zauber eines Zeitjägers kann eben niemand widerstehen.“
„ Sieht ganz danach aus.“
Mit einer Flasche Weißwein in der Hand sagte Nathaniel, „Das sind Stella und Lily“, dann zog er noch zwei weitere Stühle hinzu, „die leider soeben Opfer meiner Ungeschicklichkeit wurden! Deshalb möchte ich mich mit einem guten Tropfen dafür entschuldigen…Und das sind meine Verlobte und ihr Bruder, Emmaline und Adam!“
Überrascht stellte Emmaline fest, dass sie etwas aufgeregt war, als die beiden Mädchen sich zu ihnen setzten. Sie konnte sich nicht an das letzte Mal erinnern, als sie mehr als ein paar Worte mit fremden Menschen gewechselt hatte und nun saß sie mit den Nachkommen ihrer besten Freunde am Tisch.
Aus der Nähe fiel ihr auf, dass Lilian Hope Charlotte nicht nur zum Verwechseln ähnlich sah, sondern dass sie sogar das selbe Lächeln und die selbe zarte, blasse Haut hatte, die nun rot wurde, als Emmaline sie musterte.
„ Entschuldigung“, murmelte Emmaline verlegen, „Ich wollte dich nicht anstarren. Es ist nur -du erinnerst mich sehr an eine liebe Freundin.“
Lily lächelte, „Ach ja? Lebt sie hier in London?“
„ Nein. Sie ist tot.“
Das Lächeln auf Lilians Gesicht gefror. „Oh. Das tut mir leid.“
„ Nein, nein, das muss es nicht. Es ist schon eine Weile her, dass sie gestorben ist.“, beeilte sich Emmaline zu sagen.
Sie spürte, wie Nathaniel ihre Hand nahm, „Lass uns doch noch ein paar Gläser holen.“
Er zog sie mit sich in Richtung Bar. „Entspann dich“, flüsterte er ihr zu, „Es sind doch nur zwei ganz normale Mädchen.“
„ Das sind sie nicht. Du weißt ganz genau, dass sie für mich weit mehr sind, als nur das. Und außerdem schweben sie in Lebensgefahr! Wieso hast du sie zu uns an den Tisch geholt? Jetzt kennen sie uns und es wird viel schwieriger sein, sie zu beschützen!“
„ Im Gegenteil. Wir werden ihnen nicht mehr von der Seite weichen, bis alles vorüber ist. Adam wird sie begleiten, während wir ins Dorchester fahren.“
Er griff sich ein paar Weingläser und schob Emmaline zurück an den Tisch, „Und jetzt lächle und sei einfach ganz normal. Es wird schon alles gut werden“, flüsterte er von hinten in ihr Ohr.
60.
1944
Rom
Italien
„ Sie hat es tatsächlich getan!“, das Geräusch, das Ilarias Absätze auf dem Straßenpflaster machten, war wie das Stakkato einer Schreibmaschine. Michele hatte Mühe, mit der zierlichen Frau Schritt zu halten.
„ Ich verstehe nicht, weshalb du
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