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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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du an Gott, Emmaline?“
    Sie zuckte die Schultern, „Ich denke schon. Irgendwie. Zumindest glaube ich an eine gute, positive Macht. Und an das Böse, denn wie könnte es sonst Menschen wie Jacob geben?“
    Ihre Antwort schien ihm gut genug zu sein, denn er fuhr mit leiser, gleichmäßiger Stimme fort, „Gut und Böse existieren schon ewig. Schon seit dem Anfang der Zeit, als Kain seinen Bruder Abel tötete und damit den ersten Mord beging. Es heißt, Abel hatte viele Tiere geschlachtet, um sie Gott zu opfern. Das Blut von Abels Lämmern beeindruckte Gott - viel mehr als die Früchte des Feldes, die Kain im Schweiße seines Angesichts gezogen und geerntet hatte und ihm darbrachte. Gott bevorzugte Fleisch als Opfer. Da wurde Kain wütend, denn er verstand nicht, warum Leben sinnlos sterben sollte, nicht einmal für den Allmächtigen.
    Kain war der Meinung, Abel hätte sich versündigt – und Gott selbst sich mit ihm, denn es war nicht gütig und gerecht, Gefallen an dem vergossenen Blut unschuldiger Lebewesen zu finden, sondern eitel und grausam.
    Also tötete Kain Abel, um Gott diese Eitelkeit vor Augen zu führen.
    Die Menschen waren wütend auf den Brudermörder, sie sahen nicht die Gründe für sein Handeln und forderten Kains Tod.
    Aber Gott hatte verstanden und obwohl es nicht richtig von Kain gewesen war, die Hand gegen seinen Bruder zu erheben, wollte Gott nicht Gleiches mit Gleichem vergelten, denn er war mitverantwortlich für Kains Handeln.
    So übertrug er Kain die Lebensjahre, die Abel noch verblieben wären und kennzeichnete ihn mit einem Mal, das ihn vor der Rache der Menschen schützte und verbarg.
    Und Kain verließ Eden und zog nach Osten, immer weiter. Er blieb nie lange am selben Ort, damit niemand merkte, dass er nicht älter wurde. Durch die zusätzlichen Lebensjahre seines Bruders blieb er jung und stark. Das war Gottes Geschenk an Kain – und zugleich sein Fluch. Denn auch Kain war eitel gewesen, er hatte seinen Gott, den Allmächtigen, gemaßregelt.
    Kain genoss seine Jugend und seine Kraft, er wollte ewig so bleiben.Deshalb begann er den Menschen, die sich versündigt hatten, ihre Lebensjahre weg zu nehmen.
    Da Gott nicht wollte, dass Kain sich eigenmächtig zum Richter über Gut und Böse erhob, zeigte er ihm die Sünder, die es verdient hatten zu sterben.
    So wurde Kain zum Henker für den Allmächtigen und zog übers Land um das Böse von der Erde zu vertreiben.
    Doch das Schlechte in den Menschen war viel stärker als das Gute. Alleine konnte Kain das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse nicht aufrecht erhalten. So wählte er unter den Menschen die besten, gerechtesten und stärksten Krieger aus, machte auch sie zu Zeitjägern und zeichnete sie mit Gottes Mal.
    Gott ließ Kain gewähren, denn nur durch seine Jäger blieb die Welt im Licht, anstatt im Chaos zu versinken.
    Als die Erde wuchs, teilte er seine Armee auf und schickte sie in alle Himmelsrichtungen. Zuvor lehrte er sie die Regeln der Kriegerschaft, damit auf der ganzen Welt Einheit unter den Jägern herrschte:
    Ein Auserwählter muss sein Leben für sein neues Volk geben, damit die Gesamtheit immer weiter bestehen kann.
    Seine Existenz dient dem Wohl der Gemeinschaft und er muss die ihm geheißenen Ziele verfolgen.
    Nur das Böse kann ohne Strafe getötet werden.
    Und: Kains Volk kann nur im Verborgenen überleben.
    Deshalb müssen die Krieger weiter ziehen, bevor Entdeckung droht.“
    Nathaniels Finger strichen gedankenverloren über ein Ornament auf der Tischplatte. „Natürlich gibt es Legenden über uns. Meistens sehr falsche und übertriebene. Aber für die Menschen sind wir nicht mehr als eine Geschichte, die man sich am Lagerfeuer erzählt. Wir sind in den vergangenen Jahrtausenden in der Verborgenheit gewachsen und stark geblieben.“
    Er beugte sich nach vorne, legte seine Arme mit den Handflächen nach oben auf den Tisch und sah Emmaline an.
    „ Wenn du dazu bereit bist, ein Teil unseres Volkes zu werden und unsere Bedingungen akzeptierst, dann leg deine Hände auf meine und sprich mir nach.“
    Ohne zu zögern tat sie es. Ihr Herz schlug langsam und gleichmäßig.
    Sie wiederholte den Eid in der uralten Sprache, in der er ihr vorsprach. Ihre Stimme drang hinaus aus der unterirdischen Bibliothek und alle anderen Jäger erfuhren von ihrer neuen Schwester. Bindender als jeder Vertrag, hallte das gesprochene Wort.
    Als sie fertig waren, nahm er den Siegelring und drückte ihn auf die Innenseite ihres linken

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