Das Mal der Schlange
Hochzeitstermin verabschiedete sich Emmaline am späten Vormittag von Nathaniel, um bei der Schneiderin ihr Brautkleid anzuprobieren.
„ Ich verstehe nicht, warum sie für diese letzte Anprobe nicht ins Haus kommen kann - wie sonst auch!“
„ Weil das Kleid jetzt fertig ist und du es vor der Hochzeit nicht sehen sollst.“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und wandte sich zum Gehen.
Er hob die Hände um seine Unschuld zu beteuern, „Ich würde niemals absichtlich ins Zimmer kommen, während du deine Anprobe hast.“
Eine Augenbraue hob sich.
„ Das war ein absolutes Versehen, ich wusste nicht, dass die Schneiderin da war.“
Emmaline lachte. „Siehst du, um zu vermeiden, dass du noch einmal herein platzt, fahre ich nun kurz hinüber ins Atelier und probiere dort das Kleid an“, damit lief sie aus dem Haus, die Treppe hinunter, wo der Kutscher schon auf sie wartete.
Das Kleid passte wie angegossen, die Schneiderin hatte hervorragende Arbeit geleistet und Emmaline war in Gedanken schon vor dem Traualtar, als sie wieder auf die Straße trat. Sie bemerkte den Mann im dunklen Anzug erst, als er direkt vor ihr stand.
„ Adam“, erschrocken sah sie auf, „Was tust du hier?“
„ Ich muss mit dir reden.“
Sie ging hinüber zur Kutsche und stieg ein, „Ich wüsste nicht, was wir zu bereden hätten. Nathaniel und ich werden uns ohnehin in drei Tagen bei der Familie zurück melden. Hat es nicht Zeit bis dahin? Ich bin etwas in Eile.“ Sie wollte die Tür schließen.
Er hielt den Knauf mit einer Hand fest, stieg ebenfalls in die Kutsche und setzte sich ihr gegenüber.
„ Wie ich sehe hast du noch immer die Manieren eines Maultiers!“, sagte Emmaline.
„ Ich kann dir versichern, was ich zu sagen habe, wird nicht lange dauern“, er nahm seinen Hut ab, „Wenn es dich beruhigt, können wir die Wagentür gerne offen lassen, um den Anstand zu wahren.“
„ Was willst du, Adam?“
„ Dir einen Dienst erweisen.“
„ Ich wüsste nicht, wie!“
„ Indem ich dir die Wahrheit sage, über den Mann den du zu heiraten beabsichtigst.“
„ Das ist nicht nötig. Ich kenne Nathaniel.“
„ Bist du sicher? Weißt du wirklich alles über ihn?“
„ Natürlich nicht, wie soll jemals ein Mensch alles über einen anderen wissen! Sei nicht albern. Das will ich auch gar nicht. Nathaniel kann seine Geheimnisse ruhig behalten.“
„ Auch wenn sie mit dir zu tun haben? Wenn du mir nur einen Moment zuhörst, wirst du erkennen, dass er nicht ehrlich zu dir war!“
„ Und warum sollte ich dir ein Wort glauben?“
Er sah ihr ernst in die Augen, „Weil ich kein Lügner bin.“
Das stimmte. Obwohl sie ihn nicht mochte, wusste sie, dass er niemals lügen würde.
„ Du hast drei Minuten, dann werde ich meinen Kutscher anweisen, loszufahren.“
Er lehnte sich etwas nach vorne, um die Distanz zwischen ihnen zu verringern.
„ Hast du dich eigentlich jemals gefragt, wieso Nathaniel alles über dich wusste, als er dich zum ersten Mal traf?“, flüsterte er.
Auch sie musste sich etwas im Sitz nach vorne beugen, um ihn richtig verstehen zu können.
Ohne auf eine Antwort zu warten, fuhr er fort, ihre Aufmerksamkeit war ihm nun gewiss.
„ In unserem Volk gibt es nicht nur Krieger, meine Schwester, sondern auch einige wenige Älteste, die die Strömungen der Zeit lesen können und uns – unter anderem - sagen, wo wir neue Jäger finden.“
Emmaline runzelte die Stirn.
„ Er hat dich nicht zufällig getroffen! Einer der Ältesten sagte es Victor - und Victor gab Nathaniel den Auftrag, dich gewissermaßen zu rekrutieren.“
Einen kleinen Augenblick lang schwieg er, um seine Worte wirken zu lassen, dann sprach er weiter.
„ Nathaniel wusste nicht nur alles über dich, sondern auch alles über deinen geisteskranken Ehemann. Es war ein Leichtes für ihn, dich dazu zu bringen, in seinen Vorschlag einzuwilligen und ein Zeitjäger zu werden.“
„ Na wenn schon, dann hatte er eben den Auftrag, mich zu euch zu holen, aber er hat nie versucht mich zu etwas zu überreden! Im Gegenteil. Ich habe mich freiwillig entschieden und bereue es nicht.“, unterbrach sie ihn wütend, „Außerdem ist er nicht so, wie du denkst! Er hatte mir angeboten, Jacob für mich zu töten!“
Adam schnaubte verächtlich, „Wie selbstlos! Der Ritter in der glänzenden Rüstung rettet die schöne Prinzessin aus den Händen des Tyrannen! Was für ein Unsinn! Nathaniel hat dich zu einem Auftragskiller gemacht, siehst du das
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