Das Mal der Schlange
„Die Träume konnten ihn nicht erreichen! Nur derjenige, der ein Bewusstsein für Recht und Unrecht hat, ein Gewissen, empfindet im Traum den Schmerz genauso, als wenn er ihm wirklich zugefügt würde - aber Massimo fühlt gar nichts mehr! Er hat offenbar vollkommen den Verstand verloren, er ist unberechenbar und erbarmungslos und es ist nur eine Frage der Zeit, bis irgendetwas Schreckliches passiert!“
„ Was kann man dagegen unternehmen?“, fragte Emmaline bestürzt.
Sisto hob seine Handflächen nach oben, „Nichts, mein Kind, man kann ihn nicht kontrollieren. Man müsste ihn schon beseitigen.“
„ Deswegen bin ich hier.“
Sie spürte, wie Ilaria neben ihr zusammen zuckte.
Obwohl Sistos Gesichtsausdruck kontrolliert blieb, sah sie ein Zucken in seiner Wange. Anscheinend wussten die Ältesten doch nicht alles, sie hatte ihn überrascht.
„ Offensichtlich haben wir uns missverstanden. Mit beseitigen meinte ich, töten“, er wartete taxierend auf ihre Antwort.
„ Wir haben uns sehr gut verstanden, Bruder. Ich komme aus freien Stücken zu euch, um euch ein Angebot zu machen. Seit vier Jahren bin ich jetzt unbemerkt in Rom und ich habe jeden von Massimos Schritten beobachtet. Ich habe gesehen, wie er zunehmend egoistischer und unvorsichtiger wurde, besonders im letzten Jahr. Es scheint so, als schreite sein Wahnsinn immer schneller voran und er stellt eine große Gefahr für uns alle dar.
Obwohl er meinen Mann ermordet hat, habe ich in den letzten Jahren nichts gegen ihn unternommen. Ich habe gelernt meine Gefühle zu beherrschen und ich bin eine gute Kriegerin. Massimo ist untragbar geworden. Er hat eure Position in unserem Volk geschwächt und ist kein Oberhaupt mehr. Ich werde ihn für uns alle töten, wenn ich dafür keine Strafe erhalte und wenn Ilaria an seiner Stelle Oberhaupt der römischen Familie wird.“
Ilaria schnappte nach Luft.
„ Das sind große Forderungen, die du da stellst“, meinte Sisto beherrscht, aber in seinen Augen sah sie wieder ein dunkles Leuchten. Er war ein mächtiger Krieger gewesen und der Vorschlag dieser jungen Frau beeindruckte ihn. Wäre er jünger, würde er die Sache selbst in die Hand nehmen. Der analytische Verstand des Generals wusste, dass Emmaline die einzige Chance für die römischen Zeitjäger war. Unerhört zwar, aber richtig. Es stellte sich nur das Problem, das Ganze so zu arrangieren, dass kein schlechtes Licht auf die Ältesten fiel.
Sie konnte sehen, dass er auf ihrer Seite war. „Eigentlich nicht. Ilaria übt Massimos Amt schon seit Langem aus und sie ist eine hervorragende Führerin. Vielleicht wird sie sich in Kürze sogar einen Partner suchen, dann hättet ihr ein Paar an der Spitze.“
Sisto überlegte einen Augenblick, „Ich denke, davon könnte ich meine Brüder überzeugen. Aber die andere Sache ist unmöglich!“
Emmaline lächelte kühl. Sie stütze die Ellenbogen auf den Tisch und beugte sich weit nach vorne. „Das stimmt nicht ganz. Richtig ist, dass ich, im Gegensatz zu Massimo, über ein ausgeprägtes Gewissen verfüge. Das heißt, wenn ich jemanden eigenmächtig töte, muss ich dafür bitter bezahlen.“
„ Siehst du, wie kann ich dir dann Straffreiheit versprechen?“, er wollte es nicht aussprechen.
Dafür tat es Ilaria, „Indem ihr Emmaline den Auftrag gebt, Massimo zu beseitigen!“
Die entsetzte Ablehnung blieb aus. Ein weiteres Indiz für Emmaline, dass sie sich noch immer auf dem richtigen Weg befand.
„ Sie würde ihn doch sowieso aus Rache für ihren Mann töten“, kalt glitzernde Augen musterten sie. Er war nicht zu unterschätzen.
Emmaline legte den Kopf schief, als wenn sie über seine Feststellung nachdächte. „Das stimmt, Sisto. Massimo ist ein toter Mann. Aber weißt du, ich habe nun schon so lange abgewartet, da macht es mir nichts aus, noch an mich zu halten bis er unser Volk verraten hat. Vielleicht sind die Ältesten dann bereit, ihn offiziell töten zu lassen. Ich werde für die Entsorgung dieses Abschaums keine Strafe akzeptieren, zumal ich dadurch unserer Familie einen wertvollen Dienst erweise!“
„ Es wäre die Rettung für die Krieger – und auch für die Ältesten“, unterstützte Ilaria sie, „Je länger wir warten, desto mehr Schaden wird er anrichten. Ihr könnt doch kaum mit eurer derzeitigen Position zufrieden sein? Wir dürfen es nicht dazu kommen lassen, dass wir Rom verlassen müssen! Es gibt keinen anderen Ausweg!“
Sisto stand auf und Emmaline sah, dass sie mit ihrer
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