Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
Vom Netzwerk:
alle Richtungen davonstob.
    Ohne anzuhalten fuhr sie zum Flughafen und kaufte sich ein Ticket für den nächsten Flug nach London.
    Als sie schließlich in ihrem Sitz saß und Rom unter ihr kleiner und kleiner wurde, fiel die Anspannung von ihr ab.
    Es war vorbei.
    Was sie getan hatte war grässlich, aber sie bereute es nicht.
    Erschöpft lehnte sie sich zurück und nahm einen Schluck von ihrem Gin-Tonic.
    Massimos Jahre waren mit ihm gestorben. Sie hatte gewusst, dass sie keine Energiewelle spüren würde und war erleichtert, dass nichts von ihm auf sie übergegangen war.

40.

    2002
    London
    England

    „ Und hier ist noch etwas Toast für sie, Madam“, mit einem freundlichen Lächeln stellte der Kellner den schweren silbernen Toasthalter vor Emmaline auf den Frühstückstisch.
    „ Vielen Dank, das ist sehr nett.“ Von ihrem Platz auf dem großzügigen Sofa aus hatte sie einen guten Überblick über die Promenade des Dorchester Hotels und die Aufzüge zu den Zimmern.
    Sie goss Tee in eine flache Tasse aus hauchdünnem Porzellan, gab ein Stück Zucker und Milch dazu und rührte geistesabwesend um. Offenbar war Stella Dashell noch nicht aufgestanden.
    Emmaline bestrich ein dreieckiges Stück Toast mit Orangenmarmelade. Sie liebte das Dorchester.
    Auf eine gute Art und Weise rief es ihr die alten Zeiten in Erinnerung, nur das Positive daran. Wenn sie in der opulenten Halle saß und Tee trank, fielen ihr die Cream Teas mit ihren Freundinnen ein. Der prächtige Marmorboden mit seinen dunklen Intarsien erzählte von vergangenen Tagen und die Hotelangestellten waren aufmerksam.
    Nachdem Emmaline vor siebendunddreißig Jahren aus Rom zurückgekehrt war, hatte sie für ein halbes Jahr eine Suite im Dorchester bewohnt, die sie kaum verlassen hatte. Während dieser Zeit hatte sie nur Kontakt zum Zimmerservice gehalten und sie konnte sich vorstellen, dass man sie für sehr seltsam hielt. Aber dank der Diskretion des Hauses drangen niemals Gerüchte nach draußen und niemand stellte Fragen über die junge Frau, die ihr Zimmer nie verließ.
    Damals wollte sie einfach nur alleine sein, wenigstens für eine kleine Weile. Sie musste über das nachdenken, ob es ihr nach allem was sie getan hatte besser ging, ob sie sich nun frei fühlte.
    Aber die Wahrheit war, dass die Euphorie, die sie nach Massimos Tod erwartet hatte, ausblieb. Sie war erleichtert, dass er nicht mehr existierte, aber sie war nicht glücklich. Die schuldbewusste Leere, die seit Danieles Tod ihr Herz erfüllte, war noch immer da und sie wusste nicht weiter.
    Nach einiger Zeit sah sie ein, dass das Hotel für sie zwar ein paradiesischer Zufluchtsort war, aber das Vakuum in ihr nicht füllen würde.
    Sie verließ das Dorchester, kaufte ein Haus in Chelsea und bemühte sich, ein normales Leben zu führen.
    Gewissenhaft sah sie regelmäßig nach den Kindern und später nach den Kindeskindern ihrer Freunde, wie sie es versprochen hatte und es berührte sie mit anzusehen, wie die Generationen heranwuchsen, im Wandel der Zeit.
    Über all dem verstummte dennoch nie ihre Sehnsucht nach Nathaniel. Jeden Morgen fragte sie sich, ob heute wohl der Tag sei, an dem sie zu ihm gehen würde, aber jeden Tag aufs Neue – wagte sie es nicht.
    Nathaniel sollte nicht denken, sie würde nur deshalb zu ihm zurückkehren, weil es Daniele nicht mehr gab.
    Aber wie lange sollte man abwarten? Ein Jahr? Ein Jahrzehnt? Ein Jahrhundert? Wann war der richtige Zeitpunkt für einen Neuanfang? Emmaline hatte so große Angst, wieder einen Fehler zu machen und Nathaniel vor den Kopf zu stoßen, dass sie gar nichts tat. Stattdessen verzehrte sie sich Tag um Tag nach ihm und wurde immer einsamer.
    Interessanterweise bestand die jüngste Generation der Nachfahren ihrer Freunde, die der Urenkel, wieder aus Mädchen, die mittlerweile in ihren Zwanzigern waren. Emmaline kam es so vor, als würde sich vor ihren Augen die Geschichte wiederholen.
    Die jungen Frauen waren ihren Vorfahren wie aus dem Gesicht geschnitten und sogar die Charaktere schienen sich zu ähneln. Fasziniert hatte sie die Mädchen während ihrer Kindheit auf dem Land beobachtet, dann die Schulzeit, die Jahre an der Universität, die enge Freundschaft, die sie verband.
    Vor zwei Jahren war Lady Lilian Hope nach London gekommen.
    Materiell mangelte es ihr an nichts, sie genoss die Zeit in vollen Zügen. Emmaline fragte sich oft, ob es für sie auch ein so unbeschwertes Leben hätte geben können, wenn sie in einer anderen Zeit geboren

Weitere Kostenlose Bücher