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Das Mal der Schlange

Das Mal der Schlange

Titel: Das Mal der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Oliver
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Vermutung richtig lag, er war sehr groß und früher einmal sicherlich ein stattlicher Mann gewesen. Er verschränkte die Hände auf dem Rücken und ging langsam im Raum auf und ab. Sein Schritt war sicher und geschmeidig, wie der eines jungen Mannes.
    Eine Weile sagte niemand etwas.
    Dann setzte er sich wieder und sah sie beide an. Jetzt lag Ehrlichkeit in seinem Gesicht, alles Kalkül war daraus verschwunden. Er spielte mit offenen Karten.
    „ Ich danke dir für deinen Vorschlag, Emmaline, wir wissen dein Angebot zu schätzen. In der Geschichte unseres Volkes gab es niemals eine vergleichbare Situation, deshalb müssen wir gut abwägen, welche Entscheidung die richtige ist. Die einzigen Personen, die je von diesem Gespräch wissen werden, sind wir drei und die anderen Ältesten. Niemand darf jemals erfahren, dass die Ältesten einen Mordauftrag erteilt haben, der einen von uns betrifft.“
    Die beiden Frauen nickten.
    „ Ich werde mein Einverständnis geben, aber der Beschluss muss einstimmig fallen. Deshalb bespreche ich nun alles mit meinen Brüdern und Schwestern. Wenn wir zustimmen, muss sichergestellt sein, dass die Stellung der Ältesten nie wieder derartig geschwächt wird“, er sah Ilaria an.
    „ Du hast mein Wort, Bruder.“
    „ Und es muss so aussehen, als wäre es allein Emmalines Rache. Deshalb musst du danach Rom verlassen und kannst erst wiederkommen, wenn davon auszugehen ist, dass du deine Strafe abgebüsst hast.“
    Emmaline nickte, „Auch das ist kein Problem. Ich werde nach Großbritannien gehen.“
    „ Gut“, Sistos lange Finger trommelten auf der Tischplatte, „Wenn dein Vorhaben misslingt, wissen die Ältesten von nichts.“
    „ Es wird nicht misslingen.“
    Er stand auf und auch Emmaline und Ilaria erhoben sich. „Du wirst es wissen, wenn der Rat zugestimmt hat. Ich wünsche dir Stärke und Erfolg, junge Kriegerin!“, anstelle eines Händedrucks legte er seine Hand an ihren Unterarm und sie tat es ihm gleich. Sie verabschiedeten sich wie gleichgestellte Soldaten, „Hoffentlich sehen wir uns eines Tages wieder.“
    „ Das hoffe ich auch, Bruder. Ich danke dir für dein Vertrauen.“
    Sie verließen den Raum und Ilaria blieb draußen mit dem Rücken an die Tür gelehnt stehen.
    „ Wir können später nie wieder darüber sprechen“, flüsterte sie, „Die Wände habe Ohren!“
    Emmaline nickte.
    „ Du bist verrückt, Emmaline, willst du das wirklich tun?“
    „ Das weißt du doch.“
    „ Wenn er tot ist, musst du sofort abreisen, die anderen dürfen dich nicht mehr sehen. Das Gerücht wird sich wie ein Lauffeuer verbreiten, aber niemand wird dich persönlich fragen können. Das gibt dir die Möglichkeit, später alles abzustreiten.“
    Emmaline lächelte, „Wie schlau du bist, Schwester.“
    „ Ich sorge mich um dich und du machst dich über mich lustig! Also weiter, du kannst danach sicherlich für dreißig Jahre nicht zurück nach Rom. Oder sagen wir zwanzig, das reicht auch. Und wir dürfen während dieser Zeit keinen Kontakt haben, das wird mir sehr schwer fallen.“
    „ Mir auch, aber das Opfer ist es wert. Immerhin wird es für alle besser sein, ohne ihn.“
    Über Ilarias Wange lief eine Träne.
    „ Weinst du jetzt? Hör sofort auf damit, sonst fange ich auch an!“
    „ Ich danke dir, Emmaline! Für das was du tust und dafür, dass du mich zum Oberhaupt machst. Ich werde versuchen, gut zu sein!“
    „ Natürlich wirst du gut sein, daran besteht überhaupt kein Zweifel!“, Emmaline umarmte ihre Freundin. „Komm, lass uns zurück gehen.“
    „ Wie wirst du es tun?“
    „ Diese Jagd können wir nicht zusammen planen. Es ist besser, wenn du nichts darüber weißt, dann ist es später glaubwürdiger. Aber ich hatte ausreichend Zeit, mir jedes Detail zu überlegen. Es wird funktionieren! Hoffentlich lassen mich die Ältesten nicht zu lange warten.“

39.

    Die Entscheidung fiel überraschend schnell. Zwei Tage später, als Emmaline Massimo dabei beobachtete, wie er in einem Café saß, verlor er plötzlich all seine Farben, bis nur noch Schwarz und Weiß übrig blieben. Zwischen bunten Hüten, farbenfrohen Kleidern und gebräunter Haut war er wie ein lebloser Schatten ohne Tiefe. Wie kalter Rauch.
    Sie triumphierte. Es war so weit! Die Ältesten hatten sich für sie entschieden, ihr die Absolution erteilt.
    Der Mörder ihres Mannes war so gut wie tot.
    Die Selbstbeherrschung, die sie sich über Jahre antrainiert hatte, schützte sie wie ein Mantel. Nichts verriet

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