Das Mal der Schlange
Inwiefern?“
„ Sie sind so etwas wie Söldner, gut ausgebildet und sehr gefährlich.“
„ Und wenn schon“, Adams Stimme war kalt, „Sie sind doch nur Sterbliche und keine Gefahr für uns.“
„ Das ist nicht ganz richtig. Sie sind sterblich, aber sie sind besser ausgebildet, als die meisten Armeesoldaten und furchtlos noch dazu. Und sie kennen ihren Feind.“
Emmaline dachte, sie hätte nicht richtig verstanden, „Sie wissen, wer wir sind?“
„ Leider ja. Sie kennen euch beide zwar nicht persönlich, aber sie wissen dass sie gejagt werden und von wem.“
„ Aber wie kann das sein?“, Adam war aufgesprungen und schüttelte seine Beine aus. Dann setzte er sich wieder. „Ich dachte, die Menschen wissen nichts von uns. Ist das nicht eines unserer wichtigsten Gesetze?“
„ Aye, das ist es. Es kommt nicht oft vor, aber auch in unseren Reihen gibt es Verräter, die uns verlassen, um einen anderen, falschen Weg zu gehen.“
„ Soll das heißen einer von uns hat dieser Gruppe beigebracht zu kämpfen und ihnen von uns erzählt?“, Emmaline war fassungslos. „Warum?“
Victor sah mit einem Mal müde aus, „Das ist eine lange Geschichte. Sagen wir einfach, es wurde ein Mann zu einem Zeitjäger gemacht, der niemals einer hätte sein dürfen, denn sein Charakter war zu keinem Zeitpunkt stark genug. Dann kamen einige Unstimmigkeiten hinzu, er überwarf sich mit seinem Lehrer und verließ unser Volk. Seitdem arbeitet er daran, eine Armee aufzubauen, die ihn schützt und mit der er uns vernichten will.“
„ Aber das ist absolut lächerlich!“, warf Adam ein, „Keine Armee von Menschen könnte uns besiegen, dazu sind wir viel zu stark.“
„ Er will uns nicht alle vernichten, eigentlich nur seinen Lehrer und alle, die ihm nahe stehen. Er will Oberhaupt werden, oder noch besser, weltweiter Souverän.“
„ Das ist doch schwachsinnig! Woher kommt dieser Kerl so plötzlich, wieso gerade jetzt?“
Victor massierte sich die Schläfen, „Anscheinend hält er sich nun für stark genug. In jedem Fall ist er gefährlich und nicht zu unterschätzen.“
„ Woher weißt du das?“
„ Ich kenne ihn. Sein Name ist Tristan.“, er zog ein kleines Bild hervor, das Portrait eines jungen Mannes, auf ein Stück Holz gemalt. Emmaline konnte die Epoche aus der es stammte nicht einschätzen, denn von dem Mann sah man nur das Gesicht, keine Kleidung, keine Kopfbedeckung. Der Rand des Holzstücks war verkohlt. Offenbar hatte jemand das Bild aus den Flammen eines Feuers gerettet. Obwohl es in keinem guten Zustand war, konnte man die Person darauf gut erkennen. Der junge Mann war hübsch, mit dichtem, widerspenstigem Haar und einem melancholischen Gesicht. Er sah beinahe jungenhaft aus und selbst auf dem verblichenen Bild war seine faszinierende Ausstrahlung festgehalten.
„ Dieses Kind?“, meinte Emmaline abfällig.
„ Er war vierundzwanzig, als er zum Jäger wurde. Lass dich nicht von seinem Engelsgesicht täuschen, das ist seine cleverste Waffe.“
Emmaline kannte die Antwort auf ihre Frage im Voraus, „Wer hat ihn zu uns geholt?“
„ Ich war das. Ein Fehler, den ich jeden Tag bereue und den ich bisher nicht wieder gut machen konnte. Deshalb brauche ich eure Hilfe.“ Victors Augen waren bittend auf Adam gerichtet, der still geworden war, seit der Erwähnung von Tristans Namen. In Viktors Blick lag noch etwas anderes, ein intensiver Ausdruck, den Emmaline nicht verstand.
„ Wieso hasst er dich so?“, fragte sie.
Viktor starrte unverwandt weiter auf Adam, „Ich habe seine Eltern getötet. Und er war leider auch da, in jener Nacht.. Wir dürfen zwar keine Zeugen am Leben lassen, aber ich dachte es wäre eine Sünde, dieses junge, unschuldige Leben auszulöschen, das es noch nicht verdient hatte, zu sterben. Also habe ich ihn zu einem von uns gemacht. Ich konnte ihn doch nicht einfach gehen lassen!“ Er atmete tief durch. „Was für ein Fehler! Nicht umsonst wählen wir sehr genau aus, wen wir zu einem der Unsrigen machen – Tristan jedenfalls, war vollkommen ungeeignet. Er hat mir den Tod seiner Eltern nie verziehen, nicht einmal, als ich ihm versicherte, dass sie Sünder waren, die sterben mussten. Aber er selbst fand sehr schnell Gefallen am Töten und vor allem an der Unsterblichkeit. Er war unersättlich und jagte bei jeder Gelegenheit. Nicht Gerechtigkeit trieb ihn an, sondern Macht. Er wollte so schnell es ging so viele Lebensjahre wie möglich auf sich vereinen und stark werden.“
Langsam
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