Das Mal der Schlange
Victor kam herein. „Wie lange schon?“
„ Beinahe eine Stunde“, antwortete Adam.
„ Das reicht, ihr könnt aufhören. Ich möchte, dass ihr mir jetzt eure Kampftechniken zeigt. Eine nach der anderen. Fangt mit den Schwertern an. Und keine Verletzungen, kein Blut und keine Stichwunden.“
Emmaline verdrehte die Augen, „Dann macht es doch keinen Spaß, außerdem sind Schwerter total aus der Mode!“
„ Nicht die, nehmt die Japanischen“, wies Victor Adam an, der gerade ein Langschwert aus der Halterung an der Wand nehmen wollte.
„ Kein Mensch kämpft mehr mit Schwertern, heutzutage“, pflichtete dieser Emmaline bei.
„ Schwertkampf schult Schnelligkeit und Koordination. Ich sage ja nicht, dass ihr damit durch die Stadt laufen sollt. Außerdem, und das ist nicht nur meine Meinung, egal, welche modernen Waffen in der Zukunft noch entwickelt werden – am Ende ist der Stahl immer am effektivsten. Lautlos, schnell – oder langsam, je nachdem, was gewünscht wird – tödlich und sicher. Schon vor Jahrtausenden hat der Mensch mit der Klinge getötet und in allen Kriegen, wenn es zum Kampf Mann gegen Mann kam und die letzte Patrone verschossen war, entschieden Bajonette über Sieg und Niederlage. Und auch in tausend Jahren wird ein guter Krieger noch mit dem Messer töten.“
Die beiden taten, was Victor verlangte und entgegen aller Erwartungen, machte es ihnen sogar Spaß. Nach einer Weile ließ er sie die Waffen beiseitelegen und ohne weiter kämpfen.
Emmaline hatte nicht vergessen, was Georgianna ihr beigebracht hatte, denn sie hatte regelmäßig alle Kampftechniken geübt und weiter perfektioniert.
Es stellte sich heraus, dass es keinen Gewinner geben würde. Adam und Emmaline waren absolut ebenbürtige Gegner, auch er hatte dazu gelernt. Er war nicht mehr so leicht zu durchschauen wie damals und kämpfte sehr geschickt.
„ Das reicht“, rief Victor, als beide schweißgebadet und erschöpft waren, „Sehr gut, ich bin zufrieden mit euch.“
„ Schön“, keuchte Adam, „Recht viel länger hätte ich mich auch nicht auf den Beinen halten können.“
Vorne über gebeugt, die Hände auf die Knie gestützt, meinte Emmaline atemlos, „Mir geht es genauso!“
„ Setzt euch und seht euch das hier an.“
Aus der Decke senkte sich eine Videoleinwand herab und mit einer kleinen Fernbedienung startete Victor einen Film. Zuerst sah man nur Unterwasseraufnahmen einer Gruppe von Killerwalen, die mit ihren Jungtieren im Meer schwammen. Da sie erschöpft waren und erst zu Atem kommen mussten, schwiegen Emmaline und Adam, obwohl sich beide fragten, was das sollte.
Nach und nach wurde klar, dass die Orcas dabei waren, eine Robbe zu jagen, die sie jedoch nicht töteten, sondern immer wieder aus dem Wasser stießen, durch die Luft wirbelten und hin und her warfen.
„ Was soll das? Wieso zeigst du uns das? Wozu soll das gut sein? “
„ Seht hin!“, Victor drückte noch einmal auf die Fernbedienung und im Film begann eine neue Szene. Dieses Mal waren es Leoparden, die eine kleine Gazelle schlugen und dann zu ihren Jungtieren brachten. Die Gazelle, selbst noch ein Baby, war noch am Leben und die jungen Leoparden spielten mit ihr. Sie versuchten ihr die Kehle durch zu beißen, was ihnen nicht auf Anhieb gelang, so dass die Gazelle verzweifelt versuchte, auf wackligen Beinen zu entkommen. Natürlich schaffte sie das nicht, denn die Raubkatzen holten sie immer wieder ein und am Ende erlegten sie sie.
„ Willst du uns eine Lehrstunde über das Tierreich geben?“ Adam, der sich zurückgelehnt hatte, setzte sich nun auf und schlug die Beine unter.
„ Manchmal ist es nicht möglich, etwas in Worte zu fassen. Dann muss man Umwege gehen, um es zu erklären. Was denkt ihr, will ich euch damit sagen?“
„ Dass die Leoparden aussehen wie Adam?“
„ Sehr lustig, Emmaline“, Adam schüttelte den Kopf, „Wirklich, das hat mir noch niemand gesagt!“
„ Ich finde, sie hat nicht ganz unrecht. Wisst ihr, was die Tiere in dem Film tun?“
„ Natürlich“, Adam wurde ungeduldig, „Dank Discovery Channel weiß das wohl jedes Kind – sie bringen ihren Jungtieren das Jagen bei, na und?“
„ Am lebenden Objekt“, ergänzte Victor.
Emmaline und Adam sahen ihn stumm an.
Victor seufzte, „Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden, aber ich will ganz ehrlich mit euch sein. Diese Gruppe von Sündern, die ihr sehr bald jagen müsst, ist anders, als eure bisherigen Aufträge.“
„
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