Das Mallorca Kartell (German Edition)
dass der Besitz nicht mehr auf Carmens Namen eingetragen, sondern die Besitzurkunde auf die Firma Propiedades Baleares S.A. übergegangen war. Doch sie wollte ihre betagte Freundin nicht weiter beunruhigen. An diesem Tag sollte die Testamentseröffnung stattfinden und hoffentlich würde sich am Nachmittag alles aufklären.
Pünktlich um sechzehn Uhr betrat Cristina in Begleitung von Célia die Büroräume des Notars Alberto Nuñez. Während die Sekretärin sie bei Señor Nuñez anmeldete, sah sich Cristina aufmerksam um. Die Eingangshalle war mit dunklem Holz verkleidet, was auf sie bedrückend wirkte, denn die schweren Möbel ließen den Bereich noch kleiner wirken. Noch bevor sie Señor Nuñez empfing, wusste sie durch den Einrichtungsstil, dass es sich bei dem Notar um einen älteren Herrn handeln musste. Die angrenzende Bürotür öffnete sich und im Türrahmen erschien tatsächlich ein Mann in den Sechzigern. Sein intelligenter Blick verriet Kompetenz, die durch sein geschäftiges Auftreten zusätzlich unterstrichen wurde. Trotzdem bemerkte Cristina einen besorgten Ausdruck auf seinem Gesicht. Etwas schien nicht in Ordnung zu sein.
» Alberto Nuñez«, stellte er sich vor. »Und Sie müssen Célia Crespo und Cristina Díaz sein. Folgen Sie mir bitte in mein Büro.« Er führte sie in sein Arbeitszimmer, das ebenfalls mit schweren, dunklen Holzmöbeln eingerichtet war. »Bitte, nehmen Sie Platz. Mein Beileid zum Verlust Ihrer Freundin. Ich habe Doña Carmen sehr geschätzt.«
»Danke sehr«, sagte Célia. Cristina nickte zustimmend.
Trotz seiner Höflichkeit spürte Cristina, wie Señor Nuñez die Angelegenheit offenbar schnell hinter sich bringen wollte. »Könnten wir gleich beginnen?«, fragte er anschließend, ohne weiter zu zögern.
Cristina fing Célias verwunderten Blick auf. Wie gerne hätte sie diesen Termin ohne Célia wahrgenommen! Denn nun fürchtete sich vor Célias Reaktion, wenn diese von der angeblichen Umschreibung erfuhr.
»Doña Carmen hat ein Testament hinterlassen, das sie in meiner Gegenwart persönlich aufgesetzt hat. Dadurch ist alles klar geregelt. Ich will es Ihnen nun vorlesen.«
Der Notar stand schwerfällig vom Besprechungstisch auf, holte die Akten von seinem Schreibtisch und wischte sich mit einem Taschentuch über die schweißnasse Stirn. Cristina wurde noch unruhiger. Etwas musste dem alten Herrn gewaltig zusetzen.
Der Notar zog ein Dokument aus der Akte. Cristina erkannte Carmens Handschrift und sah besorgt zu Célia, die beim Anblick des Schreibens blass geworden war. Sie griff nach Célias Hand und hielt sie fest, was sie selbst auch etwas beruhigte.
»Ich habe zwei beglaubigte Kopien erstellt, die ich Ihnen übergeben werde, nachdem ich Doña Carmens letzten Willen eröffnet habe.«
Nach einem verlegenen Räuspern begann Señor Nuñez vorzulesen. »Zuerst möchte ich nicht, dass ihr um mich trauert. Ich hatte ein gutes und langes Leben, was nicht jeder von sich behaupten kann. Nun werde ich endlich meinen lieben Jaime wiedersehen. Nach dem Tod meines Mannes dachte ich, die Welt bliebe für immer stehen. Doch Célia hat mir aufgezeigt, wie sehr ich mich irrte. Wir hatten schöne Zeiten, für die ich unendlich dankbar bin. Es war eine Freude, mit ihr gemeinsam unsere geliebte Cristina aufwachsen zu sehen, auf die ich sehr stolz bin. Einen anständigeren Menschen hätten wir nicht aus ihr machen können. Daher möchte ich Cristina darum bitten, mit meinem Vermögen etwas Sinnvolles zu tun. Sie soll alles, was ich besaß, an wohltätige Institutionen verteilen. Ich dachte dabei an Kinderhilfswerke und Organisationen, die sich für den Naturschutz oder für Tiere einsetzen. Meine persönlichen Sachen vermache ich Cristina und Célia. Nehmt euch, woran ihr Gefallen findet, und gebt den Rest ebenfalls weg. Da es Célia an nichts mangelt, geht das Geld aus meiner Lebensversicherung an Cristina, die hoffentlich noch ein langes Leben vor sich hat. Ich sehe dich nun direkt vor mir, wie du mit dem Kopf schüttelst.«
Cristina saß tatsächlich kopfschüttelnd da und lächelte traurig.
»Nimm es trotzdem an«, fuhr er fort. »Ich möchte sicher sein, dass es dir niemals an etwas fehlt. Nun zuletzt das Haus. Es war für mich immer etwas Besonderes, in diesem großen Haus zu leben. Es wäre ein schöner Ort für Kinder. Eventuell kannst du das Haus einer Stiftung übergeben. Ich bin sicher, du wirst das Richtige finden. Ich danke euch für eure Liebe und Freundschaft. Eure
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