Das Mallorca Kartell (German Edition)
Carmen.«
Cristina waren die Tränen in die Augen gestiegen. Sie hörte ihre Freundin schluchzen und sah zu ihr hinüber. Die Tränen rannen über ihre Wangen. Cristina schniefte etwas undamenhaft und ließ Célias Hand los, um in ihrer Handtasche nach Taschentüchern zu suchen. Wortlos reichte sie Célia die Packung, schnäuzte sich und straffte anschließend ihre Schultern. »Also gut. Keine Tränen mehr. Zumindest sollten wir es versuchen.«
Der Notar sah über seine Brille zu Cristina und Célia und schob etwas verlegen die Kopien von Carmens Testament über den Tisch. »Ich habe eine Aufstellung der Vermögenswerte gemacht und möchte diese nun gerne durchgehen, wenn Sie bereit sind.« Er reichte ihnen mit ernster Miene einen Ausdruck der erstellten Schriftstücke. »Dabei bin ich auf etwas gestoßen, was mir Kopfschmerzen bereitet.«
Cristina zuckte unwillkürlich zusammen. Im Grund wusste sie genau, was nicht stimmte. Sie griff nach der Aufstellung und begann, die Zahlen zu überfliegen. Sie suchte nach Informationen zum Haus und konnte nichts entdecken.
»Das Barvermögen zu ermitteln, war einfach. Carmen hatte ihre Konten bei nur einer Bank. Es beläuft sich auf 248.312,47 Euro. Das ist die Summe, die sie für wohltätige Zwecke bestimmt hat. Ihre Lebensversicherung wird mir in den nächsten Tagen einen Scheck über eine Million Euro zusenden, ausgestellt auf den Namen Cristina Díaz. Ihr Name war im Versicherungsschein eingetragen.«
Cristina war erstaunt über die Höhe der Summe, die ihr Carmen hinterlassen hatte. Ihre Gedanken kreisten jedoch um das Haus. »Was ist mir ihrem Grundbesitz? Darüber kann ich in der Aufstellung nichts finden.«
Der Notar sah sie überrascht an. Er hielt es wohl für unüblich, bei einer Erbschaft von einer Million Euro sofort nach dem Haus zu fragen, zumal es nicht ihr gehören sollte.
»Da gibt es etwas, was ich nicht verstehe. Das Haus wurde auf eine Gesellschaft mit dem Namen Propiedades Baleares S.A. umgeschrieben. Carmen hat mir davon nichts erzählt. Kennen Sie dieses Unternehmen? Ist es vielleicht eine wohltätige Organisation, der sie ihren Besitz überschrieben hat?«
Célia machte einen verwirrten Eindruck. »Carmen hätte das Haus nicht einfach verkauft, ohne sich mit Cristina oder mir zu beraten. Da muss ein Fehler passiert sein.«
Cristina hätte gerne zugegeben, was sie bisher herausgefunden hatte. Damit hätte sie aber Célia verärgert, weil sie ihr nichts von den Nachforschungen erzählt hatte. »Konnten Sie nichts über dieses Unternehmen herausfinden?«
Der Notar zuckte hilflos mit den Schultern. »Es gibt keine weiteren Informationen. Ich konnte nur in Erfahrung bringen, dass diese Firma Liegenschaften in der Region aufgekauft hat. Über deren Pläne ist nichts bekannt.«
Nun bin ich so schlau wie zuvor, dachte Cristina. Sie hatte sich mehr erhofft. Dann fiel ihr noch etwas ein. »Wenn Carmen das Haus verkauft hat, wo ist dann das Geld?«
»Das ist ja das Problem. Geld ist keines geflossen. Das Haus wurde mit einem Wert von fünf Millionen überschrieben. Die zu bezahlende Gewinnertragssteuer ist direkt vom Käufer bezahlt worden. Das ist höchst unüblich, da diese immer vom Verkäufer zu entrichten ist. Der Besitz wurde formlos übergeben. Da mir das alles merkwürdig vorkam, habe ich mir die Verkaufsunterlagen kommen lassen. Auf der Urkunde steht eindeutig Carmens Unterschrift. Ich habe sie mit ihren anderen Unterschriften verglichen. Es gibt keinen Zweifel an der Echtheit. Es sieht so aus, als hätte sie das Haus einfach verschenkt.«
Cristinas nahm die Urkunde vom Tisch. Die Umschreibungsvollmacht war einen Tag vor ihrem Tod erfolgt. War Carmen vielleicht etwas verwirrt gewesen? Möglich wäre es. Sie wollte trotzdem bei dem Unternehmen nachfragen, wie es dazu gekommen war. Das war sie ihrer Freundin schuldig. »Haben Sie versucht, die genauen Umstände zu ermitteln?«
»Das Ergebnis liegt vor Ihnen. Mehr habe ich nicht erfahren. Ich hatte gehofft, dass Sie mehr darüber wüssten.« Er machte einen betretenen Eindruck, weil der Vorwurf im Raum stand, er hätte sich nicht genug Mühe gegeben. »Ich benötige nun noch Ihre Unterschrift. Ich denke, Sie werden das Erbe antreten.«
»Ja.« Und ich werde noch viel mehr machen, dachte Cristina. Sie würde nicht ruhen, bis sie genau wüsste, was es mit der Überschreibung auf sich hatte. Sie zweifelte daran, dass Carmen einen so wichtigen Schritt alleine vorgenommen haben sollte. Sie setzte
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