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Das Manoever

Das Manoever

Titel: Das Manoever Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Muchamore
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Motel war ziemlich merkwürdig. Es musste irgendwann in den Achtzigerjahren von jemandem eingerichtet worden sein, der rotes Plastik cool fand. Doch jetzt waren die Oberflächen
staubig, die Batterie in der Wanduhr war leer und es sah alles danach aus, als seien sie seit Monaten die Einzigen, die hier abgestiegen waren.
    James war am Verhungern und wanderte rastlos in die Morgensonne hinaus. Ihre schwarze Ford-Limousine war der einzige Wagen weit und breit. Die Wüste erstreckte sich in alle Richtungen und auf der zweispurigen Straße regte sich keinerlei Verkehr.
    James′ leerer Magen führte ihn zur Rezeption, vor deren Tür ein zerrissenes Fliegengitter baumelte. Außerdem lagen ein paar Werbeflyer für Besuche im Area 51 und billigen Casinos herum.
    Â»Kann man hier irgendwo in der Nähe etwas zu essen bekommen?«, fragte er.
    Die knochige alte Frau hinter dem Tresen beäugte ihn über ihre Halbbrille hinweg. »Zwanzig Kilometer östlich ist ein Burger King.«
    Â»Zwanzig Kilometer«, hakte James nach und ahmte unwillkürlich ihren Akzent nach. »Nichts in Laufweite?«
    Die Frau sah in an, als sei er begriffsstutzig. »Siehst du hier irgendwas in Laufweite? Aber hinter Zimmer sechzehn ist ein Verkaufsautomat.«
    James fand ihn und steckte Vierteldollar um Vierteldollar hinein, bis er endlich eine billige Limonade und ein paar Schokokekse zum Frühstück hatte. Dann duschte er, trocknete sich mit einem Handtuch ab, das so dünn war, dass er seine Haut hindurchsehen konnte, aß seine Kekse und machte schließlich beim
Ankleiden so viel Lärm wie möglich, in der Hoffnung, dass Kazakov endlich aufwachen würde. Doch der große Ukrainer war völlig weggetreten und lag mit offenem Mund und einer kleinen Speichelpfütze auf dem Kopfkissen da.
    James wollte unbedingt etwas Richtiges zu essen. Nach den Keksen und der Limonade war er zwar etwas zufriedener, doch die süßen Sachen hatten einen schlechten Geschmack hinterlassen. Jetzt überlegte er, ob er den Fernseher anschalten sollte, doch er fürchtete, dass Kazakov wütend sein würde, wenn er ihn so offensichtlich weckte. Und Kazakov war niemand, mit dem er sich anlegen wollte.
    Die Vorhänge hielten nicht viel Licht ab, daher setzte er sich aufs Bett und las noch einmal ein paar Kapitel in seinem Blackjack-Handbuch. Dann nahm er die Karten und übte das Kartenzählen. Nach einer halben Stunde musste er aufs Klo, doch als er aufsah, bemerkte er, dass Kazakov ihn mit einem Auge anstarrte.
    Â»Hi«, sagte James verlegen. »Wie lange sind Sie schon wach?«
    Da Kazakov in den letzten zwei Tagen viel herumgebrüllt hatte, war seine Stimme heiserer als normal. »Vielleicht zwanzig Minuten.«
    James lächelte. »Und da starren Sie einfach nur so vor sich hin?«
    Â»Nichts ist einfach nur so«, behauptete Kazakov, warf die Decke fort und setzte sich auf. »Es ist interessant
zu sehen, was Menschen tun, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Wie läuft′s?«
    Â»Was?«
    Â»Das Kartenzählen.«
    Â»Schwer zu sagen«, antwortete James. »Ich hab noch nie an einem Casino-Tisch gesessen und weiß nicht, wie schnell sie die Karten geben. Und ich habe noch nicht versucht, zu zählen, wenn um mich herum Leute sind und die Spielautomaten klingeln. Im Buch heißt es, dass es etwas ganz anderes ist, als wenn man für sich allein übt.«
    Kazakov stand auf. Er war nackt, furzte dreimal laut und geruchsstark und seufzte erleichtert.
    Â»Jetzt einen Schiss und eine Dusche«, verkündete Kazakov, während James die Nase unter sein T-Shirt steckte, um den beißenden Geruch zu dämpfen. »Und dann suchen wir uns irgendwo ein Frühstück.«

35
    Eine Sache, die Kazakov an Amerika hasste  – neben vielen anderen Sachen  –, waren die Straßen. Die Wüstenlandschaft war ihm zu langweilig und die Federung des Wagens zu weich und daher ließ er James fahren.
    Das erste Restaurant, das auf ihrem Weg lag, war ausgerechnet jenes 24-Stunden-Diner, aus dem sie auf dem Hinweg von der Chefin mit einer Waffe hinauskatapultiert
worden waren. Obwohl er fast verhungerte, machte sich James nicht einmal die Mühe, Kazakov zu fragen, ob sie bei einem Drive-In-McDonalds anhalten sollten. Als sie endlich das erste vernünftige Restaurant erreichten, waren sie schon auf halbem Weg in Vegas und es war nach

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