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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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Sergej.
    »Die Gleise. Sie summen.«

3
    Die Gleise summten.
    Es war ein seltsames Geräusch. In das Summen mischte sich ein leises Pfeifen, Rascheln und Quietschen von Metall. Sergej hatte nie zuvor etwas Derartiges gehört.
    Vor ihnen machte der Tunnel eine leichte Biegung. Sergej hatte das Gefühl, neben dem Summen noch ein anderes Geräusch wahrzunehmen, im Moment noch im Hintergrund, ein mächtiges Brausen, das mit jeder Sekunde lauter wurde.
    Der »Drachenhauch«. Jene Anomalie, von der ihnen der schnurrbärtige Wachmann erzählt hatte. Das Feuer, das alles auf seinem Weg vernichtete.
    Denis stürzte zur Wand, und Sergej begann fieberhaft ihre Umgebung mit dem Strahl seiner Taschenlampe abzutasten, leuchtete über die Wände, die wie gigantische Waben mit rechteckigen, sich länglich nach oben streckenden Zellen aussahen. Es schien fast wie böse Absicht, dass in ihrer Nähe nicht eine einzige Nische zu sehen war.
    Das Brausen schwoll an, übertönte allmählich das Summen der Gleise. Daneben hörten sie das Knistern des Feuers und das Schnauben der Luft. Der Feuerwall, der die gesamte
Höhe und Breite des Tunnels ausfüllte, bewegte sich langsam auf sie zu, und in diesem Vorgang lag etwas Grauenvolles und gleichzeitig Berückendes. Das Feuer schien zu sagen: Ganz gleich, wie ihr euch dreht und wendet, ob ihr einen Unterschlupf findet – ihr entkommt mir nicht!
    Sergej spürte bereits eine leichte Hitze auf der Gesichtshaut. Noch immer suchte er die Wände ab, stürzte vor und zurück, ohne auch nur eine einzige, winzige Vertiefung zu entdecken, die wenigstens für einen von ihnen als Zufluchtsort getaugt hätte. Wenigstens für den Jungen.
    Denis hat doch Recht behalten, dachte er. Jetzt ist es aus. Gleich ist es so weit …
    »Denis, komm her!«, schrie Max.
    Im Licht der Taschenlampe wurde an der rechten Tunnelwand eine kleine Auslassung sichtbar, ziemlich weit unten, wie ein Tintenfleck sah sie aus. Ein Kanalisationsschacht? Egal!
    Der Junge blickte seinen Vater an und schüttelte den Kopf.
    »Schnell«, sagte Sergej und schubste den Jungen in Max’ Richtung. »Max!«, rief er. »Ich bitte dich, rette den Jungen …«
    »Zum Teufel mit dir …«, knurrte sein Kampfgefährte.
    Jetzt spürte Sergej schon ganz deutlich die heranfegende heiße Luft, die die Steinchen unter seinen Füßen aufwirbelte. Das Summen der Gleise wurde vollständig von dem gleichmäßig mächtigen, furchterregenden Brausen des sich nähernden Feuers übertönt.
    Und plötzlich sah er sie. Herrgott nochmal, wo war diese Lücke nur zuvor gewesen!
    Sergej stürzte auf die dunkle Nische zu. Sie war groß genug, um sich ganz darin zu verkriechen und geschützt auszuharren,
bis die Feuersbrunst vorbei wäre. Er blickte zur anderen Wand hinüber. Max presste Denis in die Auslassung, und stellte sich selbst schützend vor das Kind, wobei er versuchte, wenigstens den Kopf so weit wie möglich in die Nische zu schieben, Rücken und Beine jedoch ragten heraus.
    Es war schon zu spät, um noch irgendetwas an ihrer Aufstellung zu ändern. Der Feuerwall würde sie innerhalb der nächsten Sekunden erreichen. Sergej tauchte kopfüber in den dunklen Unterschlupf …
    Im selben Moment erhielt er einen heftigen Fußtritt ins Gesicht, der ihn wieder nach draußen beförderte. Ohne zu begreifen, was vorgefallen war, für einen Augenblick blind und taub, fand er sich im Tunnel wieder. Ein Hagel heißer Steinchen ging auf ihn nieder. Er öffnete die Augen, wandte sich um und wurde Zeuge eines finsteren, erhabenen Schauspiels, eines wahren Höllenfeuers. Eine riesige, brüllende Walze in Schwarz, Gelb und Orange streckte ihm ihre Feuerzungen entgegen …
    Sie war schon ganz nah.
    Wie besessen kroch Sergej zu seinem Unterschlupf, klammerte sich an den Betonrand rund um das schwarze Loch und zog seinen Körper heran … Jede Sekunde war entscheidend … Er spürte, wie jemandes knochige Hände – die von Gevatter Tod persönlich? – seine Finger vom Beton zu lösen versuchten. Im selben Moment nahm er all seine Kraft zusammen, schob seinen Körper mit den Beinen voraus in das Loch, drückte sich mit den Händen ab und trat mit einem Fuß in die Dunkelheit – jemand heulte auf, was im Brüllen des heranrauschenden Feuers jedoch kaum zu hören war. Sergej war in der Nische.
    Im selben Augenblick glitt die Feuersbrunst heulend, brüllend und Steine spuckend, vor unerträglicher Hitze pulsierend und mit brennenden Zungen um sich peitschend, langsam und

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