Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)
wieder zu ziehen und zu brennen. Überhaupt fühlte er sich schrecklich. Der Kampf mit dem unsichtbaren Feind hatte ihn viel Kraft gekostet. Außerdem ließ vermutlich die Wirkung des Stärkungspräparats nach, denn er fühlte sich insgesamt wieder schwächer. Vor ihnen lag das letzte Stück Weg. Bald würde er Klarheit haben. Entweder würde er dem Tod den Rang ablaufen, indem er Wosnizyn befreite, der seinerseits ihn, Sergej, retten würde … Oder der Sensenmann erreichte als Erster das Ziel, würde ihnen den Weg versperren, so wie er es gerade eben versucht hatte. Bisher war es ihm noch immer gelungen, seinen stärksten Gegner zu überholen. Aber würde das Glück weiter auf seiner Seite sein?
»Die Metro ist eine gute Schule«, sagte Max. »Allerdings bringt man sie nie zu Ende, ganz egal, wie lange man paukt.«
»Was meinst du damit? Denis, steh auf, wir müssen gehen …«
»Man sucht den Feind immer da, wo er nicht ist.«
Drei müde Wanderer stolperten ohne Hast durch den Tunnel in Richtung Schosse Entusiastow .
»Ich verstehe dich nicht«, sagte Sergej.
»Solltest du aber. Verstehst du wenigstens, dass jemand uns jagt?!« Max zischte fast.
»Jagt?«
»Wir werden schon seit der Kolonie verfolgt. Ich weiß nicht weshalb … und von wem. Es wurden Zeugen beseitigt. Der Neandertaler zum Beispiel. Mit einem Pfeil! Weißt du
noch, unmittelbar vor dem Amazonen-Dorf? Genau wie Litjagin. Nehmen wir mal an, diese Leute haben auch die Tür in Tichons Keller geöffnet …«
»Vielleicht wollen sie uns lebendig.« Sergej drehte und wendete die Ereignisse der letzten Tage in Gedanken hin und her. »Vielleicht wollen sie uns nicht alle. Aber wen von uns verfolgen sie dann? Du hattest einen Auftrag, du bist es, der etwas verheimlicht. Du, Max, nicht wir.«
»Weißt du was?!« Max war wütend. »Du solltest deine Probleme nicht auf jemanden anderen abwälzen.«
»Denk doch mal nach!« Sergej gab nicht auf. »Das trägt die Handschrift von Profis! Da ist eine ganze Gruppe am Werk! Die Menschen umbringt, entführt. Sie dringen unbemerkt in bewachte Anlagen ein … Warum sage ich dir das überhaupt? Du läufst vor irgendetwas davon. Du bist irgendwelchen kriminellen Jungs in die Quere gekommen, und jetzt gibst du Fersengeld. Du hast es eilig, Max, nicht ich, denn wenn du anhältst, erwischen sie dich …«
»Und was meinst du, dass ich mich ihnen selbst ausliefere? « Max lachte auf.
»Du hast es satt, dich zu verstecken, willst die Angelegenheit klären!«
»Warum haben sie dann nicht mich mit ihren Pfeilen umgemäht, sondern den Neandertaler? Vier Pfeile, zwei im Hals, zwei in der Schulter. Du hättest das ja nicht einmal gemerkt, sondern wärst weitergezogen, bis dich die Angler geholt hätten … Ist eben alles nicht so einfach in dieser komplizierten Welt …«
Max grunzte verärgert, drehte sich um und lief wieder los, wobei er mit der Taschenlampe vor sich die Wände beleuchtete.
Sergej und Denis eilten hinter ihm her. Ja, dachte Sergej, ich bin ein lausiger Sherlock Holmes.
»Aber wer folgt uns dann? Was für eine seltsame Logik haben diese Kerle? Was wollen sie von uns?«
Max schwieg. Denis, dem Sergej für alle Fälle ebenfalls einen kurzen Blick zuwarf, zuckte nur mit den Schultern.
Vor ihnen wurde ein trübes Licht sichtbar: die Station Schosse Entusiastow . Max verlangsamte das Tempo und schien über irgendetwas nachzudenken. Er sah Denis an, und als er zu sprechen begann, waren seine Worte auch an den Jungen gerichtet. »Hört mal, Freunde, vielleicht schicken wir diesen Wosnizyn einfach zum Teufel? Wozu brauchen wir ihn? Wir könnten versuchen, ohne ihn auszukommen. Was meint ihr?«
Sergej wäre fast in Ohnmacht gefallen, als er Max’ Worte vernahm.
»Machst du Witze?« Er ließ den Blick zwischen Max und seinem Sohn hin und her gleiten. »Wozu zum Teufel hast du mich dann überhaupt hierhergeschleppt? Wosnizyn … Er ist meine einzige, absolut einzige Hoffnung! Begreifst du das nicht? Wozu sind wir hergekommen? Wozu haben wir die Kolonie verlassen? Warum hätte ich das Leben meines Sohnes …«
Denis fixierte Max, und sein Blick war ernst, konzentriert und kein bisschen kindlich. Er schien ganz genau zu begreifen, was dieser große, starke Mann im Sinn hatte. Er begriff es, aber konnte sich noch nicht zu einer Antwort durchringen, überlegte noch, wog ab.
»Seid ihr verrückt, ihr zwei? Max, warum sagst du meinem Sohn solche Sachen? Hör auf damit! Ich bin sein Vater,
und mein Leben hängt
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