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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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und Klangfarbe waren zu hören – und all diese Geräusche verschmolzen zu einer einzigartigen, mitreißenden Kakophonie, ergänzt von einem unvorstellbaren Gemisch aus Gerüchen. Mit Sicherheit konnte Sergej nur den Geruch von Essen und heißem Metall ausmachen. Während er diese Kulisse auf sich wirken ließ, überlegte er, dass die Perowo vermutlich die tüchtigste, produktivste Station in der ganzen Metro war. Es war unvorstellbar, dass irgendwo noch mehr gearbeitet wurde.
    Denis fasste seinen Vater um den Hals und zog ihn zu sich.
    »Papa, ich will dir was sagen …«
    »Sprich.«
    »Lass uns nicht weitergehen, ja?«
    »Wir müssen, mein Junge. Bist du müde? Ich habe dir doch angeboten, bei Tante Ljuda an der Nowogirejewo zu bleiben. Ich verstehe dich, aber …«
    »Bitte.« Der Junge sprach mit flehender Stimme. »Lass uns hierbleiben.«
    »Denis, mein Junge, was ist mit dir? Wir ruhen uns etwas aus, und dann …«
    »Wir werden sterben. Dort ist der Tod.«
    Die Art und Weise, wie Denis das sagte, überzeugte Sergej augenblicklich. Er sah ihm ins Gesicht und erkannte, dass der Junge jeden Moment anfangen würde zu weinen.
    »Was ist denn mit dir …« Sergej wollte nachhaken, als er zufällig einen Blick den Durchgang hinabwarf, wo sich eine seltsame Szene abspielte.
    Max war zwischen den Produktionszelten hin und her gewandert. Es sah aus, als wartete er auf jemanden. Plötzlich trat eine Frau in blauem Kittel aus einem der Zelte und steuerte auf ihn zu. Doch kurz darauf stockte ihr Schritt, denn Max stürmte ihr entgegen und begann auf sie einzuschreien, während er mit den Händen gestikulierte. Wegen der gewaltigen Geräuschkulisse konnte Sergej fast nichts verstehen, obgleich der rotgesichtige, zornige Max, der immer wieder das von der Schulter rutschende Gewehr zurechtrückte, regelrecht brüllte. Nur einmal drangen einige Worte zu ihm.
    »Dann erklär mir mal, was du hier tust? Wo ist dein Platz? Wir hatten doch alles besprochen! Oder gilt unsere Abmachung nicht mehr?«
    Die Frau versuchte sich zu rechtfertigen, dann fing sie an zu weinen. Max raste vor Wut. Es sah aus, als würde er die Frau im nächsten Augenblick schlagen. Sergej erhob sich, um zu seinem Gefährten zu gehen und ihn zu beruhigen, aber Denis hielt ihn am Ärmel zurück. Max machte eine scharfe Bewegung mit der Hand in Richtung des Tunnels, der zur Schosse Entusiastow führte. Die Frau wischte sich mit den Händen die Tränen weg und lief zurück ins Zelt.
    Noch ein Geheimnis, dachte Sergej, und machte sich eine weitere gedankliche Notiz. Vielleicht das letzte? Wer weiß … Max gibt mir ohnehin keine Antworten auf meine Fragen.
    Letzterer kam jetzt bei ihnen an. Noch immer hatte er sich nicht richtig beruhigt, ja er schien vor Wut sogar zu zittern.
    »Wir müssen los …«, knurrte er nur.
    »Denis will nicht«, erklärte Sergej und betrachtete Max neugierig. »Er sagt, dass wir sterben. Du weißt selbst, dass man ihm in diesen Dingen vertrauen kann …«
    »Bockmist!«, bellte Max.
    Denis zog die Schultern hoch und drückte sich an seinen Vater.
    »Und wenn nicht? Komm, jetzt beruhige dich. Ich weiß ja nicht, was da los war mit dieser … Dame …«
    »Was für eine Dame? Was, verdammt nochmal, für eine Dame?«
    Mit einem einzigen Satz war Max bei Sergej, ganz nah, packte ihn mit eisernem Griff an den Aufschlägen seiner Tarnjacke und zog ihn zu sich. Eine Welle zerstörerischer Wut ging von ihm aus.
    »Ich bin sicher, Serjoscha, dass du mir nicht nachspionierst und mich nicht belauschst …«, zischte er. »Ich mag solche Typen nämlich überhaupt nicht. Ich musste früher schon mal welche kaltmachen. Es täte mir leid, wenn du … mir einen Anlass gibst. Sieh zu, dass das nicht passiert, abgemacht? «
    Sergej konnte nur mühsam nicken. Max ließ ihn augenblicklich los und sagte, während er sich schon abwandte, scheinbar beiläufig und in völlig verändertem, emotionslosen Ton: »Wir haben keine Zeit mehr, lasst uns gehen. Wenn Dan nicht will, soll er hierbleiben.«
    Der Junge setzte sich mit verzweifelter Resignation in Bewegung, wie ein Lamm, das zum Opferalter geführt wird. Sie passierten den Wachposten, tauschten mit den wachhabenden Soldaten ein paar Phrasen aus und nahmen ihre Wanderung auf.
    Wie schon der erste Streckenabschnitt zwischen Nowogirejewo und Perowo war auch dieser Tunnel sauber, leer und still, und es lag keinerlei Gefahr in der Luft. Sie sahen die gleichen halbrunden Wölbungen, die gleichen Tunnelringe,

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