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Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
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aufzunehmen.
    Einige Jahre nach dem Ende der alten Welt wurde die Militärführung der Gemeinde abgelöst. Dem frisch gewählten Rat gehörten ein Gelehrter, ein Mediziner, ein Politiker, ein Priester, ein Bankier und ein Dichter an, und zu guter Letzt beschloss man, auch wieder einen Vertreter des Militärs zuzulassen. Pjotr Saweljewitsch wurde zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt. Der Soziologe und Rechtsanwalt hatte lange Zeit das Komitee zur Verteidigung der Rechte von Flüchtlingen und Zwangsumgesiedelten geleitet. Am Tag der Wahl feierte Pjotr Saweljewitsch seinen 69. Geburtstag.
    Auch Sergej gehörte dem Rat an, allerdings hatte er kein Stimmrecht, sondern erfüllte die Funktion eines »Beobachters aus dem Volk«, dem gleichzeitig die Aufgabe zukam, bei nichtöffentlichen Sitzungen Protokoll zu führen. Außerdem hatte es sich so ergeben, dass der Vorsitzende – oder wie ihn die Kolonisten gern nannten: das Oberhaupt – ausgerechnet ihm mehr als allen anderen Ratsmitgliedern vertraute. Diese Nähe Sergejs zum Vorsitzenden brachte die übrigen Gemeinderatsmitglieder regelmäßig zur Weißglut.
    Ehe die Bewohner der Kolonie in ihrer Zufluchtsstätte wie in einer für alle Zeiten verschlossenen Sardinendose zusammengepfercht worden waren, hatten sie unterschiedlichen sozialen Schichten angehört, sich hinsichtlich ihrer Lebensanschauungen, Geschmäcker und Gewohnheiten voneinander unterschieden. Aber nun waren sie alle gleich: ohne Geld, ohne Vermögen, ohne Sonne, ohne Zukunft. Sie hatten viel gemein: ein Leben wie die Ratten und unerfüllbare Träume davon, wie sie die Gerüche des erwachenden Frühlings in sich aufsaugten oder an heißen Sommertagen in einem kühlen Flussbett badeten …
    Der Schriftsteller Dima, ebenfalls Gemeinderatsmitglied, hatte kurze Erzählungen über die Liebe und das Leben der Menschen vor der Katastrophe verfasst und sie in alte Schulhefte geschrieben. Diese Erzählungen wurden in der ganzen Kolonie gelesen, ganz besonders von den Frauen.
    Ein ehemaliger Koch aus einem französischen Restaurant – er war auch derjenige, der Skrynnikow vorgeschlagen hatte, Schokolade herzustellen – hatte die ersten Jahre versucht, die Kolonisten mit raffinierten kulinarischen Kreationen
zu überraschen, die er – wie den Brei aus der Axt Ref. 5 – buchstäblich aus dem Nichts zauberte, nämlich aus faden, selbst erzeugten Lebensmitteln und abgestandenen Konserven. Doch dann hatte ihm einer der Ratsmitglieder den Kopf gewaschen und ihm erklärt, dass von ihm keine Delikatessen erwartet würden und er sich auf sparsames, einfaches Kochen beschränken solle.
    Ein Damenfriseur, einer der Ersten, die in der Kolonie eingetroffen waren, hatte sich im Handumdrehen Männerhaarschnitte angeeignet und all die vergangenen Jahre eifrig und sorgfältig jedem die Haare geschnitten, der sich an ihn wandte, darunter auch den Männern aus den Karawanen. Doch was gab es bei denen schon groß zu schneiden? Entweder sie ließen sich den Schädel kahl rasieren oder sich einen simplen Kurzhaarschnitt verpassen. Schließlich mussten sie niemandem gefallen.
    Überhaupt brachte jeder seine Fähigkeiten und sein Wissen in das neue Leben ein.
    Hinsichtlich seiner Anpassungsfähigkeit übertrifft der Mensch alle anderen Lebewesen.
    Da sie nun mal überlebt hatten und das Schicksal sie zusammengeführt hatte, begannen sie Beziehungen untereinander aufzubauen. Wer keinen Partner hatte, suchte sich einen, lebte mit ihm zusammen, zeugte Kinder. Die Menschen in der Kolonie arbeiteten, lästerten, intrigierten gegen ihre Nachbarn, schufen sich Freunde und Feinde.
    Alles in allem konnte man es kaum als Leben bezeichnen, aber durchaus als Existenz. Liebe, Trägheit und die Hoffnung, eines Tages an die Oberfläche zurückkehren zu können, ließen sie aushalten. Sie beteten darum, dass dieser
Tag so bald wie möglich eintreten würde, damit wenigstens ein paar Kolonisten oder ihre Nachfahren das Licht der Sonne erblicken würden.
    Und sie beten bis zum heutigen Tage.
     
    Drei Tage später, während Polina Wache am Bett des Verletzten hielt, öffnete der Mann zum ersten Mal die Augen. Polina rief augenblicklich den Chirurgen.
    Der fuhr mit dem Geigerzähler über den Köper des Verletzten, aber das Gerät schlug kein einziges Mal aus. Er maß den Blutdruck: 90 zu 60, niedrig. Dann beugte er sich über den Mann.
    »Hören Sie mich?« Der Arzt sprach langsam und deutlich. »Nicken Sie, wenn Sie mich hören.«
    Keine Reaktion. Der

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