Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Das Marmorne Paradies: METRO 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Kusnezow
Vom Netzwerk:
genannt wurden. Er hatte gesagt: »Es schützt dich …« Hatte das Amulett die beiden gerettet?
    Der Echsenschwarm, der vom Wald herkam, war schon ganz nah. Die Größe und Zahl der Tiere flößten Sergej
ohnmächtiges Entsetzen ein. Nein, das schaffen wir nicht, dachte er resigniert.
    Als der zweite Schwarm an den Hochspannungsmasten vorbeiflog, geschah etwas Unerwartetes: Aus den Häuschen, die sich auf den Armen der Strommasten erhoben, schnellte eine Wolke von Pfeilen auf die Echsen zu. Die Scheusale kreischten durchdringend auf, stießen panische Schreie aus, taumelten. Unmittelbar auf die erste Pfeil-Attacke folgte eine zweite, der weitere Tiere zum Opfer fielen. Die überlebenden drehten bei und flogen wieder auf den Wald zu.
    Von der unerwarteten Unterstützung ermutigt, eröffneten Max und Angin das Feuer auf die Angler, die noch über ihnen kreisten. Nach wenigen Minuten war alles vorbei.
    Die Krone der Schöpfung hatte die Kreaturen an ihren Platz verwiesen. Aber nur solange es noch ausreichend Pulver in den Pulverflaschen gab …
    Sergej blieb keuchend stehen und sah sich entgeistert um.
    Die Tatsache, dass sie gerettet waren, lag außerhalb seiner Aufnahmefähigkeit. Die Erlebnisse der letzten Tage, der Tod seiner Frau, der Überfall der Hummeln auf die Kolonie und alles, was danach geschehen war, hatten ihn verändert. Als ob etwas in seiner Seele ausgebrannt wäre. Für immer.
    Um sie herum lagen Dutzende von Kadavern, größere und kleinere. Der Schnee war getränkt von dunklem Blut.
    Angin ließ Denis auf den Boden sinken. Der ging zu seinem Vater hinüber, zupfte ihn am Ärmel und deutete zu den Masten.
    Von oben kletterten Menschen geschickt wie Zirkusaffen über die Gittersprossen der Türme hinunter. Einige
von ihnen kamen auf die Gefährten zu, die Übrigen verteilten sich auf dem Feld, auf der Suche nach den toten Tieren.
    Die Bewohnerinnen der Masten – sechs Frauen mit Bögen in den Händen – waren nicht besonders groß, stämmig und in Mäntel, Hosen und Stiefel gekleidet, die allesamt aus dem Gefieder und der Haut der fliegenden Echsen gefertigt waren. Ihre Haare waren sorgfältig nach hinten gekämmt, die Köpfe von Mützen bedeckt. Auf ihren Gesichtern trugen sie primitive Atemschutzmasken.
    Angin und Max entsicherten ihre Gewehre. Denis zupfte seinen Vater wieder am Ärmel, und als der ihn ansah, formten die Lippen des Jungen nur ein einziges Wort, fast lautlos, aber Sergej begriff augenblicklich.
    »Angin, Max!«, sagte er. »Das sind die Amazonen.«
    »Das ist mir egal.« Max’ Stimme klang scharf. »Woher willst du wissen, dass sie nicht gleich anfangen zu schießen? Und das können sie ziemlich gut. Schau dir bloß mal an, wie viele Angler sie erledigt haben …«
    Die sechs Amazonen näherten sich den Neuankömmlingen auf wenige Meter und stellten sich in einem ordentlichen Halbkreis auf. Die Spitzen ihrer Pfeile waren auf die ungebetenen Gäste gerichtet. Angin blieb unerschütterlich, aber Max war nervös.
    Hinter den sechs Frauen trat eine siebte Amazone hervor – sie war kräftig und hochgewachsen. Man musste kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass sie die Anführerin war.
    »Wer seid ihr? Woher kommt ihr? Und wohin wollt ihr?«, fragte die Frau. Ihre stählerne Stimme wurde von der
Gasmaske gedämpft, aber der Befehlston drang doch schneidend an ihre Ohren.
    »Sergej, du bist bei uns fürs Reden zuständig …«, sagte Max.
    »Wir sind die letzten Überlebenden der menschlichen Kolonie in der ehemaligen Militärhochschule, die sich am anderen Ende der Stadt befindet«, sagte Sergej und machte einen Schritt nach vorne. »Wir wollen nach Moskau. Wir werden dort erwartet.«
    Die Frau überlegte einen Moment, dann sagte sie: »In Moskau gibt es kein Leben mehr. Wer wartet dort auf euch?«
    »In der Metro gibt es sehr wohl Leben«, entgegnete Sergej fest.
    Offenbar stellten seine Worte und sein Tonfall die Frau zufrieden.
    »Es wird bald dunkel«, sagte sie. »Ihr übernachtet besser bei uns. Selbst wenn ihr es bis zum Einbruch der Dunkelheit bis zum Wald schafft, ist es dort nachts zu gefährlich.«
    Die Bögen wurden gesenkt, die Sehnen waren nicht länger gespannt. Die Amazonen öffneten den Halbkreis, und ihre Anführerin ging auf einen der Masten zu. Zunächst folgten ihr Max und Angin, dann Sergej mit Denis. Als sich Sergej zufällig umsah, erblickte er eine vertraute Gestalt im Schutzanzug … Oder war das nur Einbildung? Er blinzelte und blickte erneut zu der Stelle

Weitere Kostenlose Bücher