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Das Matarese-Mosaik

Das Matarese-Mosaik

Titel: Das Matarese-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Nachthimmel über Bahrain war dunkel. Die Muezzins hatten die letzten Gebete von den Minaretten gerufen, und die Zeit des Schlafens und der nächtlichen Spiele der Privilegierten begann. Jamie Montrose stieg langsam aus dem Bett und schlüpfte lautlos in die Kleider. Als er angezogen war, knipste er die Schreibtischlampe an, ging zu der versperrten weißen Tür, atmete tief durch und fing plötzlich an, mit beiden Fäusten gegen die Stahlplatte zu hämmern.
    »Hilfe!« schrie er. »Helft mir doch!«
    »Was ist denn, Master James?« rief die Stimme von der anderen Seite der Tür.
    »Wer bist du?«
    »Kalil, Master James. Was ist denn los?«
    »Ich weiß nicht, aber mein Magen brennt so! Ich denke, du solltest einen Arzt rufen – ich habe mich jetzt fast eine Stunde lang im Bett gekrümmt, aber der Schmerz hört einfach nicht auf!«
    James Montrose junior griff nach einer eisernen Hantel, die man ihm für seine gymnastischen Übungen gegeben hatte,
und stellte sich neben der Tür an die Wand. »Um Himmels willen, schnell! Das tut so weh, als müßte ich sterben!«
    Die Tür flog auf, und der Bahraini schoß ins Zimmer; als er niemanden sah, erstarrte er einen Augenblick lang verblüfft. In dem Moment, als er sich umdrehte, hieb ihm der Teenager mit aller Gewalt die Hantel gegen die Stirn. Der Wachmann sackte bewußtlos zu Boden.
    »Tut mir leid, Kalil«, flüsterte der Junge atemlos. »Mein Dad hätte das ein Ablenkungsmanöver genannt.« Dann durchsuchte Jamie den reglosen Mann, zog einen.45er Colt aus seinem Holster und nahm einige in arabischer Schrift beschriebene Papiere und eine Brieftasche mit einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Geldscheinen an sich. Er erinnerte sich an das, was Ahmed, der Chef der Gefängnisvilla, ihm gesagt hatte. ›Versuch gar nicht erst, unsere Wachen mit irgendwelchen Versprechungen zu bestechen, James. Nach unseren Begriffen werden sie sehr gut bezahlt, man könnte sie sogar reich nennen.‹ Der junge Montrose steckte das Geld in die Tasche. Dann zerrte er die bewußtlose Gestalt zum Bett, riß das Laken in Fetzen, fesselte den Wachmann und knebelte ihn. Dann rannte er zum Schreibtisch zurück und schaltete das Licht aus.
    Er trat vorsichtig durch die offene Tür in den Flur, schloß sie leise, drehte den großen Messingschlüssel im Schloß und ging dann den Korridor hinunter, den er jetzt seit Wochen kannte, auf den Bogen zu, der ins Freie führte. Jamie wußte von den vielen langen Nächten, die er an seinen vergitterten Fenstern verbracht hatte, daß zwei Wachleute mit Karabinern und Pistolen auf dem Gelände regelmäßig Streife gingen. Sie trugen weiße arabische Gewänder und Kopfbedeckungen, gingen an den Mauern entlang, trafen sich jeweils an den Mauern im Osten und Westen und gingen dann wieder zurück.
    Der weiße Bogen, auf den Jamie jetzt zuging, führte zu dem Hof im Osten und der Mauer, die man in dem schwachen Licht vom Hauptgebäude erkennen konnte. Er kauerte sich in der Dunkelheit nieder und wartete, bis die beiden Wachleute sichtbar wurden, sich in der Mitte der weißen Mauer an einer Stelle trafen, die gleich weit von den versperrten und undurchdringlichen Toren im Norden und Süden entfernt war.
Die Wachleute blieben stehen, zündeten sich Zigaretten an und plauderten. Plötzlich war Jamie beunruhigt. Der Schlag, den er Kalil versetzt hatte, war kräftig genug gewesen, um ihn bewußtlos zu machen, aber nicht lebensgefährlich; das war nicht nötig gewesen. Kalil konnte jeden Augenblick wieder zu sich kommen, und es gab ein Dutzend Möglichkeiten, die Aufmerksamkeit der Wachen zu erregen.
    Jamie starrte zu den beiden Bahrainern hinüber und wünschte sich sehnlichst, sie würden ihre Streife wieder aufnehmen. Aber sie standen nur da und redeten und lachten über einen Witz. Jamie Montrose begann zu schwitzen. Es war allgemein bekannt, daß die Gesetze in den arabischen Emiraten mindestens so hart waren wie irgendwo sonst auf der Welt, je nachdem, wessen Mißfallen man erregt hatte – und derjenige bestimmte die Strafe … Aber worüber machte er sich eigentlich Sorgen? Seine »Absonderung« war eine gemeinsame Maßnahme Bahrains und der Regierung der Vereinigten Staaten!
    Oder etwa nicht? Das war die Frage, denn Jamie war einfach nicht davon überzeugt, daß man ihm die Wahrheit gesagt hatte. Da waren zu viele Dinge, die keinen Sinn ergaben, Dinge, die ihm geradezu verrückt erschienen! Seine Mutter hätte es irgendwie geschafft, mit ihm Verbindung aufzunehmen,

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