Das Matarese-Mosaik
alles erklären, so gut es geht. Das hast du dir weiß Gott verdient.«
»Also, ich denke die erste Frage, auf die ich eine Antwort möchte«, sagte Jamie, »nehmen Sie es mir nicht übel, Sir, aber wo ist Onkel Ev – Colonel Everett Bracket?«
»Jamie«, sagte Leslie und trat vor. »Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich dir das beibringen soll, aber ich weiß ehrlich nicht, wie ich es anstellen soll.«
»Was soll das heißen, Mum?«
»Everett war an dieser Operation beteiligt. Die CIA hat die Abwehr der Army für militärischen Schutz eingeschaltet. Ev hat mich angefordert und gesagt, das wäre nur für die Dauer der sogenannten Chesapeake Mission. Er wollte mich für seine Computer, er ist mit den Dingern nie klargekommen und brauchte jemanden, dem er hundertprozentig vertrauen konnte.«
»Also schön, du bist also an diesen Ort an der Chesapeake Bay gegangen, und was dann?«
»Also zuerst haben wir einige Zeit in Fort Benning verbracht, um uns damit vertraut zu machen, wie es bei SET-Einsätzen zugeht. Als ich nach Hause kam und meine Sachen
packte, fingen die Telefonanrufe an. Es war schrecklich, Anrufe von überall. Du warst entführt worden, und wenn ich nicht genau das tat, was sie wollten, dann würden sie dich foltern und exekutieren.«
»Heilige Scheiße!« rief Jamie halblaut. »Und was hast du gemacht, Mum?«
»Mich zusammengerissen – ich hätte nie gedacht, daß ich das könnte. Ich wußte gleich, daß ich nicht allein mit all dem fertig würde. Also bin ich zu Everett gegangen, und der kennt Tom Cranston, das ist ein alter Freund von ihm im Weißen Haus. Cranstons Anweisungen waren klar und eindeutig. Wir durften niemandem etwas sagen. Tom würde das alles auf höchster Ebene in die Hand nehmen. Und dann passierte an der Chesapeake Bay eine Katastrophe nach der anderen, bis dort schließlich das reinste Schlachtfeld war. Everett ist dabei getötet worden, wie spielt jetzt keine Rolle.«
»Herrgott – nein!«
»Ich fürchte doch«, sagte Pryce leise.
»Oh, Scheiße, Scheiße, Scheiße ! Onkel Ev!«
»Das war das zweite Mal, daß ich mich zusammenreißen mußte, Jamie. Ich durfte nicht einmal Mr. Pryce merken lassen, wie mich das alles mitgenommen hatte. Ich mußte meine Gefühle unterdrücken und weiterhin alles über Tom erledigen.«
»Und das ist deiner Mutter hervorragend gelungen«, sagte Pryce, dessen Stimme jetzt ein wenig schärfer klang. »Wenn sie mir gegenüber ein wenig offener gewesen wäre, wären wir vielleicht besser vorangekommen.«
»Womit denn?« schrie der Junge.
»Das werde ich dir erklären müssen«, sagte Pryce. »Und das wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Deshalb schlage ich vor, daß wir das morgen früh tun. Wir alle, ganz besonders du, junger Mann, haben ein paar anstrengende Tage hinter uns. Jetzt wollen wir uns ein wenig ausruhen, ja?«
»Ich bin müde, aber ich hab’ so viele Fragen!«
»Du hast jetzt beinahe drei Wochen keine Antwort darauf bekommen, Jamie, also wirst du es wohl noch ein paar Stunden aushalten, oder? Du brauchst jetzt dringend Schlaf.«
»Was meinst du, Mum?«
»Ich denke, daß Cam recht hat, Jamie. Wir sind alle so angespannt und so erschöpft, daß wir wahrscheinlich gar nicht klar denken können.«
»›Cam‹, Mutter?«
In Peregrine View standen Scofield, Frank Shields und Antonia vor dem mit Fotos übersäten Tisch im Eßzimmer der Wohnung. Die Filmspulen, die Scofield in Wichita aufgenommen hatte, waren in aller Eile vor Ort in Gegenwart einer Gamma-Patrouille entwickelt und vergrößert worden.
»Diese Stapel«, sagte Scofield und deutete auf mehrere Reihen von Fotos, die handschriftlich beschriebene Seiten voller Namen und Daten zeigten, »stammen aus Alistair McDowells Terminkalender.«
»Ich werde sie sofort per Fax an meine Sekretärin weiterleiten, damit sie alle darin erwähnten Namen überprüfen kann. Vielleicht läßt sich ein Schema erkennen, oder es gibt sogar ein paar Überraschungen.«
»Und was ist das hier, Bray?« fragte Antonia. »Das sieht wie Formeln aus. Mathematik oder Physik, irgendwas Naturwissenschaftliches.«
»Keine Ahnung«, antwortete Scofield. »Die stammen aus Mappen mit der Aufschrift ›Quotientengruppengleichungen‹. Ich war immer der Ansicht, wenn jemand sich der Mühe unterzieht, so geheimnisvolle Formulierungen zu verwenden, und dann noch Notizen in Buchstaben- und Zahlengruppen macht, die keiner verstehen kann, bedeutet das, daß er etwas verbergen will – etwas, zu
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