Das Matarese-Mosaik
den sie zu ehelichen beschloß. Für Waters ergab das einfach keinen Sinn. Sie hatte die Wahl unter den Riesen der Meere gehabt und sich schließlich für eine unschuldige Kaulquappe als ihren Kronprinzen entschieden.
Das Unvermeidliche folgte: die Auswertung der Klatschnachrichten und darauf basierend eine detaillierte Überprüfung von Flugtickets und Privatflugzeugen mit Zielorten und Flugplänen. Die Computer lieferten eine auf schon vorhandenen, bestätigten Informationen und Fotografien beruhende Liste derer, die ihre Gunst genossen hatten. Aus den besten Kreisen Englands und Schottlands waren das junge und auch ältere Industriebarone, Erben bekannter Landsitze und Schlösser mit Jagdgründen und Beziehungen zur Krone und schneidige Jachtbesitzer, die reich genug waren, um an internationalen Regatten teilzunehmen. Die Pariser Szene steuerte zahlreiche heterosexuelle Haute-Couture-Designer bei, während die homosexuellen Modemacher sie vergötterten. In dem Land freilich, das sie in den zurückliegenden zwölf Monaten am häufigsten besucht hatte – die Niederlande und dort vorzugsweise Amsterdam -, konnte man überhaupt keine Kontakte feststellen. Wie es schien, hatte niemand sie abgeholt, wenn sie, wie es meist der Fall gewesen war, mit einer Privatmaschine gelandet war, und anscheinend hatte sie auch niemand zu einem Wagen oder einer Limousine begleitet. Niemand. Das international berühmte Model war jedesmal mit einem Taxi ins Stadtzentrum gefahren und dort praktisch verschwunden.
Amsterdam .
Und dann begann Sir Geoffrey Waters zu begreifen, und es war, als hätte man ihm einen Hieb in die Magengrube versetzt. War er der Grund dafür, daß sie sich mit einer Kaulquappe liiert hatte? Obwohl sein Bild nie in den Zeitungen erschien, war er in Regierungskreisen als Chef der Inneren Sicherheit des MI5 bekannt. Gab es eine bessere Verbindung für die Matarese? Und plötzlich lieferte ihm diese Hypothese auch Antworten auf einige Fragen, die immer in den Tiefen seines Bewußtseins geschlummert hatten. Clive und Amanda hatten sich in den letzten Monaten Gwyneth und ihm gegenüber geradezu auffallend freundlich gezeigt, hatten sie immer wieder zu Dinnerpartys eingeladen, die Waters als lästig und belanglos empfand, was er aber für sich behalten hatte, weil er wußte, daß seine Frau ihren Bruder vergötterte.
Einmal freilich hatte er sie in einem Anflug von Gereiztheit gefragt: »Meine liebe Gwyn, woher kommt diese plötzliche Zuneigung? Gibt es Gerüchte von unserem bevorstehenden Hinscheiden? Du großer Gott, die werden dein Vermögen erben – was du ihnen nicht ohnehin schon gegeben hast -, denn ich bin ja in der Hinsicht ohne Bedeutung. Ich habe das Gefühl, als würden sie uns ein paarmal die Woche anrufen oder hier erscheinen. Bitte, altes Mädchen, ich muß immer noch für unseren Lebensunterhalt arbeiten.«
»Nicht, wenn du zulassen würdest, daß ich die Rechnungen bezahle, mein Lieber.«
»Daran würde ich nicht einmal im Traum denken. Außerdem bin ich in meinem Beruf ganz gut.«
»Bitte, Geof, Clive verehrt dich, das weißt du, und Amanda ist regelrecht in dich vernarrt. Sie will immer neben dir sitzen. Jetzt sag mir bloß nicht, daß irgendein Mann, selbst wenn er auf die Sechzig zugeht, nicht entzückt davon wäre, neben einer der schönsten Frauen der Welt zu sitzen. Ich würde dir nicht glauben, wenn du es tätest.«
»Sie stellt zu viele dumme Fragen. Sie hält mich für eine Art alt gewordenen James Bond, was ich ganz entschieden nicht bin – und das Original war das auch nicht. Den hat sein verdammter Garten mehr interessiert als seine Arbeit für uns.«
Und trotzdem, verdammt noch mal, hatte Amanda Bentley-Smythe
zu viele Fragen gestellt. Nichts, was Waters nicht mit einer Handbewegung hatte abtun können, aber trotzdem – er fing an, argwöhnisch zu werden. Hatte er bei diesen schrecklichen Dinnerpartys, wo die wunderschöne, verführerische Amanda stets dafür gesorgt hatte, daß sein Glas nie lang leer blieb, vielleicht unbewußt doch etwas preisgegeben, was er hätte für sich behalten sollen? Er konnte sich das nicht vorstellen; schließlich war er dafür viel zu erfahren, aber möglich war alles, zumal er immer der Ansicht gewesen war, daß seine Sitznachbarin höchstens über einen zweistelligen Intelligenzquotienten verfügte. Hatte sie etwas erfahren, was sie nicht hätte erfahren dürfen, etwas, was er beiläufig und ohne zu überlegen erwähnt hatte, etwas, was
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