Das Matarese-Mosaik
allgemein bekannt war, für sie aber besondere Bedeutung gehabt hatte? War ihre unbekannte Kontaktperson in Amsterdam in Wirklichkeit jemand aus den Kreisen der Matarese? Geoffrey Waters mußte seinen Zweifeln nachgehen.
Seine rote Sprechanlage summte diskret, sie klingelte nie. Das rote Gerät verband ihn mit dem Einsatzleiter. »Hier Waters«, meldete er sich.
»Ich fürchte, es ist eine schlimme Nachricht, Geof. Richten Sie sich darauf ein.«
»Meine Frau?«
»Nein, das Objekt Ihrer Recherchen, Ihre Schwägerin, Amanda Bentley-Smythe.«
»Sie ist verschwunden, stimmt’s?«
»Das wohl kaum, sie ist tot. Man hat sie erwürgt und ihre Leiche in die Themse geworfen. Die Flußstreife hat sie vor einer Stunde geborgen.«
»Du lieber Gott!«
»Das ist noch nicht alles, alter Junge. Drei Direktoren von Banken in Schottland, Liverpool und West London sind erschossen worden, alles Kopfschüsse. Alle drei tot. Hinrichtungen im Stil der Unterwelt.«
»Eine Säuberungsaktion!« rief Waters. »Wir müssen sofort sämtliche Büros abriegeln lassen!«
»Da gibt es nichts abzuriegeln. Alles ist bereits weggeschafft worden.«
»Du mußt nachdenken , Clive«, bohrte Geoffrey Waters und starrte dabei seinen zutiefst bedrückten Schwager an. »Ich kann dir weiß Gott nachfühlen, wie dir jetzt zumute sein muß, aber diese schreckliche Sache, die da passiert ist, hat Weiterungen, die deine Vorstellung mit Sicherheit übersteigen. Also, wie war das in den letzten Tagen…«
»Ich kann nicht denken, Geof! Jedes Mal, wenn ich es versuche, höre ich ihre Stimme, und dann wird mir wieder klar, daß sie nicht mehr da ist. Das ist alles, woran ich im Augenblick denken kann!«
»Wo bewahrst du deinen Brandy auf, alter Junge?« fragte Waters und sah sich in der Bibliothek der Bentley-Smythes um, die durch deckenhohe Glastüren mit einem sonnigen Garten in Surrey verbunden war. »O ja, das Schränkchen dort drüben. Ich glaube, ein Drink wird dir jetzt gut tun.«
»Da bin ich nicht so sicher«, sagte Clive und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Ich vertrage das Zeug nicht, und das Telefon klingelt die ganze Zeit…«
»Aber jetzt ist es schon eine ganze Weile stumm«, sagte Waters, »weil es nämlich gar nicht mehr klingeln kann.«
»Was?«
»Ich habe veranlaßt, daß deine sämtlichen Gespräche zu einem Anrufbeantworter in meinem Büro umgeleitet werden. Wenn du willst – falls du willst -, kannst du dir die Nachrichten selbst anhören.«
»Das kannst du?«
»Ja, mein Lieber, das kann ich und das habe ich getan.« Waters nahm eine Flasche aus dem Schränkchen, schenkte ein und brachte seinem niedergeschmetterten Schwager das Glas. »Da, trink das.«
»Was ist mit den Reportern draußen auf der Straße? Die haben das ganze Haus umringt, und über kurz oder lang muß ich mich denen stellen.«
»Die haben gar nichts umringt. Die Polizei hat sie weggeschickt.«
»Du kannst…? Natürlich kannst du. Du hast es ja getan.« Bentley-Smythe trank und zuckte dabei zusammen, er war sichtlich alles andere als ein Trinker. »Hast du all die schrecklichen
Sachen gehört, die sie im Fernsehen und im Radio gesagt haben? Daß Amanda Liebhaber gehabt haben soll, Affären – unzählige? Die stellen sie als eine richtige Edelnutte dar … das war sie nicht, Geof! Sie hat mich geliebt, und ich habe sie geliebt!«
»Das tut mir leid, Clive, aber Amanda hat nicht gerade wie eine Nonne gelebt.«
»Du lieber Gott, meinst du, ich habe das nicht gewußt? Ich bin doch nicht blind! Meine Frau war eine aufregende, schöne Frau, die das Leben geliebt hat. Unglücklicherweise war sie mit einem einigermaßen gutaussehenden Schwachkopf aus einer berühmten Familie verheiratet, der nur sehr wenig Talent besaß. Das weiß ich auch, weil ich mich kenne, und sie hat mehr gebraucht als nur mich.«
»Dann hast du, sagen wir, gute Miene zum bösen Spiel gemacht, ihr ihre Extravaganzen nachgesehen?«
»Natürlich habe ich das! Ich war ihr ruhender Pol und habe ihr zwischen all dieser hektischen Betriebsamkeit einen Halt gegeben, ich war eine Zuflucht für sie, wenn sie verletzt oder erschöpft war.«
»Du bist wirklich ein äußerst bemerkenswerter Ehemann«, stellte Waters fest.
»Was hätte ich denn sonst tun sollen?« fragte der bemerkenswerte Ehemann. »Ich habe sie mehr als alles andere geliebt. Ich konnte doch nicht zulassen, daß sie mich wegen belangloser gesellschaftlicher Moralbegriffe verläßt. Für mich stand sie über all diesen
Weitere Kostenlose Bücher