Das Matarese-Mosaik
Minuten, bis wir um den See herum sind, und wir müssen beide entsprechend gekleidet sein.«
»Warum muß ich mit in den Laden kommen?«
»Weil Männer wissen, was sie an einer Frau attraktiv finden. Ich habe so lange Uniform getragen, daß ich gar nicht mehr auf dem laufenden bin. Ich brauche wirklich deine Hilfe.«
»Und was ist mit mir?«
»Das werde ich wissen, wenn ich dich anziehe.«
»Wenn das nicht Sexismus ist!«
»Das akzeptiere ich bis zu einem gewissen Grad. Und weil wir jetzt ein wenig abgekühlt sind, werde ich dir sagen, wie du mich rumgekriegt hast. Willst du es hören?«
»Das weiß ich nicht genau. Aber ich denke schon.«
»Du bist ein ungewöhnlich anständiger Mann, Cameron Pryce. Du hast die Schwingungen zwischen uns gespürt, aber du hast die Distanz gewahrt – du hast Respekt für mich gezeigt, wo andere das vielleicht nicht getan hätten. Das mag ich.«
»Eine andere Möglichkeit gab es für mich nicht. Freilich, die Schwingungen habe ich auch gespürt. Aber du hattest deine eigenen Probleme – dein Mann, dein Sohn, all das Schreckliche, was du durchgemacht hast. Wie konnte ein Fremder da eindringen?«
»Du konntest das, sanft und liebenswürdig, und doch bist du in deiner Arbeit alles andere als sanft und liebenswürdig. Ja, Cam, ich habe alles über dich gelesen. Im wesentlichen bist du ein Mann für schwarze Operationen, einer der keinen Pardon gibt und auch keinen erwartet. Du hast zwölf Terroristenführer getötet, wie in den Akten vermerkt ist, und wahrscheinlich ein weiteres Dutzend, über die es keine Unterlagen gibt. Du hast dich in die jeweiligen Organisationen eingeschlichen und sie getötet.«
»Das war mein Job, Leslie. Wenn ich das nicht getan hätte, hätten sie Hunderte getötet – wahrscheinlich sogar Tausende, wenn es zu Aufständen gekommen wäre.«
»Ich glaube dir, mein Lieber. Ich will nur sagen, daß Officer Pryce auch eine andere Seite hat, die er mir gezeigt hat. Darf ich das?«
»Sicher darfst du. Aber wir wollen es nicht zu viele wissen lassen, ja?«
»Oh, ganz bestimmt nicht. Weißt du warum? Aber laß nur, ich beantworte das selbst. Ich weiß nicht, was nächste Woche oder nächsten Monat geschieht oder, weiß der Himmel, nächstes Jahr. Aber im Augenblick will ich dich nicht verlieren, Cameron Pryce. Ich habe einen Mann verloren, der gut zu mir war. Noch einen zu verlieren, könnte ich nicht ertragen.«
Sie fielen eng umschlungen aufs Bett.
Ein Streichquartett spielte in einem offenen Pavillon rechts von der Krocketbahn. Als John und Joan Brooks eintrafen, die philanthropischen Geschwister aus Amerika, waren die meisten Gäste bereits dort. Auf einem Podest hinter dem Wendepflock war eine große grüne Tafel aufgebaut, auf der in bunter Kreide Spielerpaarungen eingetragen waren. Einige mit feinstem Leinen und erlesenem Silber gedeckte Büfettische verteilten sich über die riesige gepflegte Rasenfläche am See.
Am Ende des langen Stegs war eine riesige, eindrucksvolle Jacht vertäut, ein massives Fallreep mit Chromgeländer führte aufs untere Deck, wo ein Baldachin für bestimmt sechzig Leute aufgebaut war.
In Togazzis Teleskop war die Villa in ihrem ganzen Prunk nur andeutungsweise zu erkennen gewesen. Es handelte sich um ein zeitgenössisches ›Schloß‹ aus massivem Felsgestein und Teakholz, das vier Stockwerke hoch ragte und mit kleinen Türmchen versehen war – nur der Burggraben fehlte. Der Concierge der Villa d’Este hatte recht gehabt, als er den Besitz der Paravacinis als den großartigsten am ganzen See bezeichnet hatte.
»Wir haben jeder für unsere Klamotten bestimmt ein Monatsgehalt springen lassen«, sagte Leslie, als sie über einen mit Ziegelplatten belegten Weg um das große Haus herum zu dem Zelt gingen, »aber ich habe das Gefühl, daß wir damit hier ziemlich armselig aussehen.«
»Du bist verrückt«, protestierte Pryce. »Ich finde, wir sehen beide umwerfend aus, ganz besonders du.«
»Das ist etwas anderes. Hör auf, mich so anzustarren. Wir sollen Bruder und Schwester sein, aber nicht inzestuös.«
»Entschuldige, das stellt sich quasi automatisch ein.«
»Schau nicht hinüber, lach einfach und dreh dabei den Kopf etwas nach rechts. Dort drüben ist ein Mann, der uns anstarrt. Er trägt blaue Hosen und ein leuchtend gelbes Hemd.«
»Ich habe ihn vorhin schon kurz gesehen. Unbekannte Größe.«
»Er kommt jetzt rüber – John .«
»Verstanden – Joan.«
»Sie müssen die Geschwister Brooks sein!«
Weitere Kostenlose Bücher