Das Matarese-Mosaik
mit seinen
zahlreichen Springbrunnen, seinen antiken und modernen Statuen und den Gartenanlagen in ihrer Farbenpracht einfach beeindrucken wollte. Pryce hatte keine Ahnung, was er in dem schloßartigen Bau in Erfahrung bringen würde, aber es gehörte zu den Regeln seines Berufes, daß man nur dann echte Fortschritte erzielte, wenn man in feindliches Territorium eindrang.
Er hatte in jeder Hinsicht unrecht, wirklich in jeder.
Pryce trat durch das mächtige Eingangsportal der Villa in die weitläufige Marmorhalle. Sie war leer, und die hier herrschende Stille, die in scharfem Kontrast zu dem gedämpften Gelächter und Stimmengewirr stand, das von draußen hereindrang, wirkte beunruhigend. Die Tür schloß sich automatisch hinter ihm, jetzt herrschte völlige Stille. Er schlenderte gemächlich auf einen Raum mit hoher Decke zu, der das ganze Gebäude zu dominieren schien und von dem ein mit Marmor ausgelegter Korridor nach Osten und Westen führte. Er bog nach rechts in den Westflügel, dessen Wände Dutzende erlesener Gemälde bedeckten, von denen er viele aus Kunstbänden und einschlägigen Zeitschriften kannte.
Plötzlich mischte sich das Geräusch fremder Schritte hinter ihm in den Hall seiner eigenen. Er blieb stehen und drehte sich um. Ein etwas korpulenter Mann in unauffälliger dunkler Kleidung stand da und musterte ihn mit einem leichten Lächeln. » Buona sera, signore , bitte gehen Sie weiter«, sagte der Mann, die letzten vier Worte in relativ gepflegtem Englisch.
»Wer sind Sie?« fragte Pryce scharf.
»Ich bin ein Helfer von Don Carlo.«
»Wie schön. Wobei helfen Sie ihm?«
»Ich muß keine Fragen beantworten. Jetzt, per piacere , gehen Sie bitte bis zum Ende der Galerie. Dort ist links eine Tür.«
»Warum sollte ich? Ich bin es nicht gewöhnt, daß man mir Anweisungen erteilt.«
»Dann versuchen Sie es doch bitte, signore .« Der Mann griff mit der rechten Hand hinter sich und zog eine Automatik aus dem Gürtel. »Befolgen Sie die Anweisung, per piacere , zur Tür bitte, signore .«
Der Mann öffnete die schwere geschnitzte Tür. Sie führte in einen Raum, den man am besten als ein Aviarium mit einer besonders hohen Decke bezeichnen konnte: Vögel in Dutzenden von Käfigen hingen von den Deckenbalken, Vögel aller Größen von kleineren Papageien über ausgewachsene Aras und große Falken bis hin zu riesigen Geiern, alle in Drahtgefängnissen, die ihrer Größe entsprachen. Es handelte sich eindeutig um die Sammlung eines Exzentrikers. Und hinter einem langen polierten Tisch vor dem großen Fenster, das den Blick auf den gepflegten Rasen im Licht der untergehenden Sonne freigab, saß Carlo Paravacini. Links von ihm saß Leslie Montrose starr mit ausdruckslosem Gesicht auf einem Stuhl.
»Willkommen, Officer Cameron Pryce«, sagte der Don des Comer Sees höflich. »Ich hatte mich schon gefragt, wie lange Sie brauchen würden, um hierherzukommen.«
»Papa Rudi hat mir das vorgeschlagen, wie Sie ja vermutlich wissen.«
»Ja, er ist so ein reizender Mann, seinem Glauben treu ergeben.«
»Wann haben Sie es herausgefunden?«
»Die Glaubensstärke des Kardinals?«
»Sie wissen genau, was ich meine…«
»Oh, Sie beziehen sich auf Agent Pryce von der amerikanischen CIA und Colonel Montrose, United States Army Intelligence.« Paravacini beugte sich vor, und seine Augen musterten Pryce jetzt starr. »Ob Sie es glauben oder nicht, vor nicht einmal einer Stunde.«
»Und wie?«
»Bitte, Sie verstehen sicher, wann Vertraulichkeit nötig ist; schließlich leben Sie täglich damit. So wie jetzt.«
»Weil wir schon davon sprechen – was jetzt?«
»Nun, sehr attraktiv kann das aus naheliegenden Gründen für Sie nicht sein.« Don Carlo erhob sich von seinem Stuhl und ging um den auf Hochglanz polierten Tisch herum auf die in verschiedener Höhe von der Decke hängenden Käfige zu, von denen keiner näher als zwei Meter am Boden war. »Wie gefallen Ihnen meine geflügelten Freunde, Colonel Montrose und Officer Pryce? Sind sie nicht herrlich?«
»Vögel gehören nicht zu meinen Lieblingstieren«, antwortete Leslie kühl von ihrem Platz am Tisch aus. »Das habe ich Ihnen schon gesagt, als Sie mich hier hereingebracht haben.«
»Weshalb sind sie so still?« fragte Pryce.
»Weil hier drinnen Ruhe und Frieden herrscht und sie nichts beunruhigt oder irgendwie reizt«, antwortete Don Carlo und nahm einen kleinen hölzernen Gegenstand von einem Mahagonitischchen. Er führte den Gegenstand an die Lippen
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