Das Matarese-Mosaik
Don Carlo, als sein Helfer anfing, Pryce und Leslie mit einer Aerosoldose zu besprühen.
»Warum?« fragte Pryce.
»Weil Sie ›totes Fleisch‹ sind, so heißt das, glaube ich. Der Geruch, der Ihnen jetzt anhaftet, garantiert das. Hunde kann man mit Kugeln aufhalten, aber meine Vögel verschlingen Leichen, bis nichts mehr übrig ist.«
»Jetzt ist Zeit für einen McAuliff , Colonel!« schrie Pryce, als die Vögel kreischend und schreiend wieder durchs Fenster hereinflatterten. Leslie warf sich auf Carlo Paravacini, hüllte ihn in ihr Kleid ein, während Pryce den verblüfften Leibwächter mit einem tödlichen Chi-sai -Hieb außer Gefecht setzte, ihm die Sprühdose wegriß und zuerst ihn damit besprühte und dann die Dose auf Paravacini richtete.
»Leslie, verschwinden wir!« rief Pryce.
»Ich will seine Waffe!« schrie Leslie, während die Vögel um sie kreisten.
Pryce feuerte zwei Schüsse aus der Pistole des Wachmanns ab. Die aufgescheuchten Vögel flogen wild durcheinander, als er Leslies Hand packte. Sie rannten zur Tür hinaus und durch den Marmorgang.
»Bei dir alles in Ordnung?« fragte Pryce, als sie den Parkplatz erreichten.
»Die Biester haben mich überall am Hals erwischt…«
»Wir rufen Togazzi an und besorgen dir einen Arzt.«
Sie erreichten ihren Mietwagen, der aber nicht anspringen wollte. »Die müssen den Verteiler rausgenommen haben«, stieß Leslie erschöpft hervor.
»Da drüben ist ein Rolls-Royce«, sagte Pryce. »Macht es dir was aus, erster Klasse zu fahren? Ich weiß, wie man einen Rolls kurzschließt. Komm!«
»Als Mutter eines Teenagers«, rief Leslie, während sie hinter Pryce auf den eleganten cremefarben abgesetzten braunen Wagen zurannte, »werde ich keine Einwände vorbringen, wenn mir ein Verrückter sagt, er könnte einen Wagen ›kurzschließen‹, während ich vor fleischfressenden Vögeln um mein Leben renne! Großer Gott!«
Sie rissen die Türen auf und sprangen hinein, Pryce auf der Fahrerseite. »Ich liebe die Reichen!« rief er. »Die lassen immer die Schlüssel in ihren Luxuskarossen stecken. Was ist schon ein Rolls mehr oder weniger?« Der starke Motor heulte auf, als Pryce den Gang einlegte und mit quietschenden Reifen und in einem Regen von Rasenfetzen auf die Seestraße raste.
»Wohin?« fragte Leslie. »Ich glaube, das Hotel ist keine besonders gute Idee.«
»Allerdings. Wir fahren zu Togazzi, wenn ich den Weg finde.«
»Da ist ein Telefon«, sagte Leslie und deutete auf den Hörer unter dem Armaturenbrett.
»Nur wenn wir uns wirklich verirren. Diese Dinger kann jeder abhören.«
Nachdem sie ein paarmal in den engen Straßen von Bellagio falsch abgebogen waren, fand Pryce schließlich die schmale Bergstraße, auf der sie vor ein paar Tagen gefahren waren. Zweimal verfehlten sie die gut getarnte Einfahrt zu Silvio Togazzis Haus. Aber dann hatten sie es schließlich geschafft und konnten sich, immer noch außer Atem, zu dem Don auf dessen umfriedete Veranda über dem See setzen und dankbar an ihren Gläsern nippen, die wie aus dem Nichts erschienen.
»Das war alles so grauenhaft!« sagte Leslie und schauderte. »Diese widerwärtigen kreischenden Vögel, puh!«
»Viele waren der Ansicht, daß Carlo Paravacinis Hobby ihn eines Tages das Leben kosten wird«, sagte der alte Mann. »Und heute war es schließlich so weit.«
»Was?« fuhr Pryce auf.
»Dann haben Sie es nicht gehört?« fragte Togazzi. »Sie haben das Radio dieses wunderschönen Wagens nicht eingeschaltet?«
»Nein, zum Teufel. Ich wollte nicht mehr anfassen, als unbedingt nötig war.«
»Ganz Bellagio weiß es und morgen ganz Italien.«
»Weiß was?« bohrte Leslie.
»Ich werde es so feinfühlig wie möglich ausdrücken«, fuhr Togazzi fort. »Das Fenster zu Carlos Vogelzimmer war offengeblieben, und bald bemerkten die Gäste, daß da eine Unzahl unterschiedlicher Vögel in der Luft kreisten. Zuerst hat sie das amüsiert, bis dann einzelne menschliche Fleischfetzen auf den Rasen und die Jacht herunterfielen. Dann kam es allem Anschein nach zur Panik, und die Bediensteten rannten in die Villa. Was sie fanden, ließ einige ohnmächtig werden, andere mußten sich erbrechen, und dann erhob sich ein wildes Geschrei.«
»Die Leichen«, sagte Pryce leise.
»Was von ihnen übrig war«, sagte Togazzi. »Man hat sie schließlich an den zerrissenen Überresten ihrer Kleider identifiziert. Wenn Möwen sich auf an den Strand gespülte Fische stürzen, sind die Augen auch das erste.«
»Ich
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