Das Matarese-Mosaik
auseinandersetzen, die wir nicht kontrollieren, insbesondere in Saudi-Arabien und den Emiraten. Die Banken dort stehen alle unter dem Einfluß von Familien.«
»Und in Amerika?«
»Dort haben wir einen Durchbruch erzielt. Einer unserer Leute, ein hochangesehener Anwalt aus Boston – Ihrer Heimatstadt, glaube ich -, arrangiert gegenwärtig die Fusion der vier größten Banken in New York und Los Angeles mit einem europäischen Konglomerat. Wenn man die einzelnen Zweigstellen zusammenzählt, werden wir über achttausend Kreditinstitute in den Vereinigten Staaten und Europa unter unserer Kontrolle haben.«
»Und unter ›Kredit‹ verstehen Sie die operative Funktion, habe ich recht?«
»Natürlich.«
»Und was dann?«
»Der krönende Abschluß, Mr. Guiderone. Achttausend Zweigstellen, die über zehntausend größeren Unternehmen in allen wichtigen Städten routinemäßig Kreditlinien zur Verfügung stellen, ist so ziemlich das Maximum an Hebelwirkung, das man sich vorstellen kann.«
»Sie meinen die Drohung, diese Kreditlinien zu kündigen? Habe ich wieder recht, Matareisen?«
»Nein, das haben Sie nicht.«
»Nein?«
»Es wird keine Drohungen geben, einfach Vorstandsbeschlüsse. Sämtliche Kreditlinien werden gekündigt werden. In Los Angeles werden Filmstudios schließen, Film- und Fernsehproduktionen eingestellt werden. In Chicago werden Konservenfabriken, Sportunternehmen und Bauträgerfirmen gelähmt sein, weil kein Geld mehr zur Verfügung steht. Am stärksten wird es New York treffen. Die ganze Bekleidungsindustrie, die von Krediten lebt, wird vernichtet werden und ebenso die aggressiven neuen Hotelbesitzer mit ihren Beteiligungen an den Casinos von New Jersey. Das sind alles Unternehmen, die von Kreditlinien abhängig sind. Wenn man ihnen den Kredit streicht, sind sie erledigt.«
»Die Leute werden völlig durchdrehen! Es wird in Dutzenden von Städten zu Protestkundgebungen kommen. Der helle Wahnsinn!«
»Ich rechne damit, daß die Regierungen binnen sechs Monaten vor einer Krisensituation stehen, Arbeitslosigkeit ohne Ende. Die globalen Märkte werden zusammenbrechen, und die Menschen werden überall lautstark Abhilfe fordern.«
»Sie werden nach einem Wandel verlangen, van der Meer, jenem abstrakten Begriff, der sich jeder Definition entzieht. Und unsere Leute sind darauf vorbereitet – überall?«
»Natürlich. Es ist zu ihrem Nutzen, ebenso wie zum Nutzen ihrer Regierungen, ohne den sie nicht existieren und weiter gedeihen können.«
»Sie sind wirklich ein Genie, van der Meer. Daß Sie das alles so schnell und so effizient geschafft haben.«
»Es war in Wirklichkeit gar nicht so schwierig. Die Reichen der Welt wollen ihren Reichtum steigern, und die Armen wollen, daß aus jenem Reichtum Arbeitsplätze geschaffen werden. Das war in der Geschichte der Menschheit immer so. Man muß nur in die eine oder die andere Welt eindringen, vorzugsweise beide, und sie überzeugen, daß sie – wie die Amerikaner sagen würden – ›beschissen‹ werden. Die alte Sowjetunion hat an die
Arbeiterklasse appelliert, die keine Erfahrung hatte. Die Konservativen stützen sich auf die Unternehmer, die gewöhnlich nichts für eine soziale Verpflichtung übrig haben. Wir haben beides.«
»Also haben wir die Macht und die Kontrolle«, pflichtete Guiderone ihm bei. »Das war der Traum, die Vision des Barone de Matarese. Das ist die einzige Methode. Mit Ausnahme der Regierungen – die waren nie Teil seiner Vision, nur die internationale Finanzwelt.«
»Er gehörte einer anderen Zeit an, und die Zeiten haben sich geändert. Wir müssen die Regierungen kontrollieren. Die späteren Matarese haben das natürlich begriffen. … Mein Gott, der Präsident der Vereinigten Staaten? Das hätten Sie geschafft?«
»Er wäre buchstäblich ins Amt gespült worden«, erklärte Guiderone leise, und seine Stimme klang, als befände er sich in Trance. »Nichts konnte ihn aufhalten – und er war unser Mann. Herrgott im Himmel, unser Mann!« Der Ältere wandte sich dem Licht zu, das durch die Fenster hereinströmte und sprach weiter, seine Stimme jetzt eisig kalt, voll Abscheu. »Bis dieses Schwein ihn vernichtet hat.«
»Irgendwann einmal, wenn Ihnen das paßt, würde ich gern hören, was damals geschehen ist.«
»Das ist eine Geschichte, die nie ans Licht kommen darf, mein junger Freund, selbst Ihnen kann ich sie nicht erzählen, und es gibt niemanden, den ich höher schätze. Denn wenn diese Geschichte, wie Sie es nennen,
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