Das Matarese-Mosaik
gestoßen.«
»Da bin ich aber gespannt«, sagte Scofield sarkastisch. »Bis jetzt rennen Sie mit Ihrer ›Heiligen Maria‹ eher in eine ›Judasfalle‹.«
»Lassen Sie das, Brandon«, wies Shields ihn resigniert zurecht und setzte sich wieder.
»Ich kann nichts dafür, Squinty. Diese Typen haben mich als ›Nicht zu retten‹ eingestuft.«
»Als diese ungeheuerliche Entscheidung getroffen wurde, Mr. Scofield, war ich noch ein Teenager. Ich habe mir die Unterlagen angesehen und hätte da entschieden widersprochen. Das können Sie jetzt akzeptieren oder nicht.«
»Sie sind überzeugend, das will ich Ihnen lassen«, erwiderte Scofield. »Außerdem glaube ich Ihnen sogar, obwohl ich gar nicht genau weiß, warum. Worauf sind Sie gestoßen?«
»Zwei Formulierungen, die in jedem der Gespräche auftauchen, die Colonel Montrose mit den Kidnappern ihres Sohnes geführt hat. Es gibt geringfügige Abweichungen, aber da ist eine Redundanz, so nennt man es wohl am besten.«
»Dann sagen Sie es deutlicher«, forderte Scofield ihn auf.
»Der Colonel…«
»›Leslie‹ geht schon in Ordnung, Tom«, unterbrach ihn Montrose. »Die wissen, daß wir Freunde sind, und im Augenblick gehen mir militärische Dienstgrade ein wenig auf die Nerven. Die sind ziemlich kalt, oder?«
»Wir werden alle beeiden, daß wir das nie gehört haben«, sagte Pryce und grinste Leslie an, was bei dieser ein etwas verlegenes Lächeln auslöste. »Bitte fahren Sie fort, Mr. Undersecretary.«
»Also gut – man hat mit Leslie insgesamt siebenmal bezüglich ihres Sohnes Verbindung aufgenommen, zweimal aus den Niederlanden – Wormerveer und Hilversum; wir vermuten, das ist Amsterdam – und sonst aus Paris, Kairo, Istanbul und hier drüben aus Chicago und Sedgwick, Kansas. Diese geographische – weltweite – Streuung ist mit Bestandteil des Einschüchterungsmanövers. Wer waren die Anrufer? Wo kommen sie her? Sinn der Übung war, Leslie Angst zu machen. In jedem einzelnen Fall hat der Anrufer Anweisungen erteilt, die sie ausführen sollte, sobald sie das Gelände betreten hatte; sie sollten befolgt werden, andernfalls würde ihr Junge getötet werden … Langsam.«
»Du lieber Gott«, flüsterte Antonia und sah Leslie an.
»Wie lauteten die Formulierungen?« fragte Shields. »Die beiden, die Ihnen aufgefallen sind?«
»Die erste kommt in sämtlichen Anweisungen vor. Sie sollten › mit großer Präzision ‹ ausgeführt werden. Die zweite wurde im Zusammenhang mit ihrer Androhung von Repressalien benutzt.«
»›Repressalien‹ ist nicht das richtige Wort, Tom«, korrigierte ihn Leslie. »Es geht um die Folterung und den Tod meines Kindes.«
»Ja.« Cranston hielt kurz inne, wich ihrem Blick aus. »Die Wendung war wie folgt, angefangen mit dem ersten Anruf aus Wormerveer in den Niederlanden…«
»Was Sie für Amsterdam halten«, unterbrach ihn Scofield. »Warum?«
»Darauf komme ich später«, erwiderte der Präsidentenberater.
»Die Formulierung aus Wormerveer, bitte«, sagte Frank Shields, dessen Blick höchste Konzentration verriet.
»› Bleiben Sie cool ‹, ein auffällig amerikanischer Ausdruck – aus dem Mund eines Mannes in den Niederlanden.«
»Afroamerikanischen Ursprungs, um genauer zu sein«, fügte Pryce hinzu, »obwohl es inzwischen überall verbreitet ist. Tut mir leid, bitte weiter.«
»Aus Hilversum, ebenso in Holland, › denken Sie dran, cool zu bleiben ‹. In den Anrufen aus Paris und Kairo erscheinen wieder die Worte › cool bleiben ‹ und dann aus Istanbul › es ist unbedingt nötig, daß Sie cool bleiben ‹ – von einem türkischen Mittelsmann. Eine bemerkenswerter linguistischer Transfer, finden Sie nicht?«
»Das kommt darauf an, wer es sagt«, antwortete Scofield. »Was sonst noch?«
»Hier in den Staaten aus Chicago und Sedgwick, Kansas: › Immer schön auf die coole Tour ‹ und › Cool heißt die Devise, Colonel, oder die Wiege kippt ‹.«
Leslie schloß die Augen, eine Träne wurde in ihrem Augenwinkel sichtbar. Sie atmete tief durch und nahm wieder militärische Haltung an.
»Dann wollen wir doch zusammenfassen, was wir haben«, sagte Scofield schroff und warf Leslie einen Blick zu, ehe er sich wieder dem Mann aus dem Weißen Haus zuwandte. »Sie mögen doch Zusammenfassungen, also fassen Sie bitte zusammen.«
»Die Anweisungen waren schriftlich formuliert, sie waren den Sprechern vorgegeben. Leslie hat gesagt, daß es sich um unterschiedliche Stimmen handelte, unterschiedliche Akzente,
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