Das Maya-Ritual
fehlte. Als ich das Verdeck und die Navigationskonsole prüfte, bemerkte ich, dass der Außenbordmotor offenbar alles heil überstanden hatte, ohne Anzeichen, dass die Klemmschrauben abgerissen wären, die den Motor am Heckwerk festhielten, auch die Verkleidung wies keine Delle auf, Antriebswelle und Propeller waren intakt.
»Wenn das Boot gekentert wäre und sich dann wieder aufgerichtet hätte, wäre bestimmt der Außenborder abgerissen worden«, sagte ich. »Und es ist ohnehin sehr stabil… vielleicht wurde es also einfach aufgegeben und hat danach so viel Wasser aufgenommen, dass es halb sank - man sieht, dass der Schlauch ein bisschen platt ist.«
»Kann sein, dass es aufgegeben wurde«, meinte Sanchez. »Aber bevor Sie fragen - es war noch genügend Treibstoff im Tank.«
»Was bedeutet, sie hatten einen Zusatztank, den sie komplett verbrauchten. Mit einer Tankfüllung wären sie von Cozumel aus niemals so weit gekommen.«
»Vielleicht haben sie irgendwo nachgetankt.«
»Wo könnte man das, wenn man erst einmal im Kanal ist? Aber Moment mal - Sie sagten, das Boot wurde rund hundert Kilometer von der Küste entfernt gefunden. Hat man Ihnen die Position verraten?« Ich blickte mich um, aber die Offiziere hatten uns allein gelassen.
»Nicht die Koordinaten, falls Sie das meinen.«
»Nein, ich meine nur ungefähr.«
»Kapitän de Tajedo sagte, es schwamm draußen im Golf - etwa hundert Kilometer von der Küste Yukatans entfernt und ungefähr die gleiche Strecke nordwestlich vom Kap San Antonio.«
»Interessant. Wenn wir annehmen, dass es vom Zeitpunkt des Hurrikans bis gestern, als es an Bord gehievt wurde, im Meer trieb, dann wurde es weiter südlich aufgegeben, vielleicht fünfzig Kilometer oder mehr.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Der Yukatanstrom hätte es so weit getragen. Er bewegt sich stellenweise mit sieben Kilometern pro Stunde. Und Sie sagten, es hat eine Weile gedauert, bis die Korvette das Boot fand.«
Sanchez kniff die Augen zusammen und vergegenwärtigte sich seine Geografiekenntnisse. »Das heißt, es befand sich weiter hinten im Yukatankanal, als es der Rettungshubschrauber sichtete.«
»Und, was noch wichtiger ist, näher an Kuba«, ergänzte ich.
Sanchez sah mich durch seine undurchdringliche Sonnenbrille an, während er diese Information schweigend verarbeitete.
»Wofür ist das Ding gut?« Er deutete auf einen Ring an der Seite des Verdecks nahe dem Heck.
»Da werden die Pressluftflaschen von Tauchern aufbewahrt.«
»Keine da. Müssten welche an Bord gewesen sein? Gefüllt oder leer?«
»Ich weiß nicht. Alfredo hat normalerweise die leeren ausgeladen und nur volle an Bord genommen, wenn wir zum Tauchen rausfuhren. So wie die Dinge liegen, haben sie wahrscheinlich alles an Platz benötigt, was sie haben konnten. Aber schauen wir mal nach…«
Das Steuerrad und die Navigationsinstrumente waren an einer schrägen Konsole befestigt, die aus dem Verdeck ragte, mit zwei verstellbaren Sitzen dahinter, die dem Piloten und dem Kopiloten des Zodiacs erlaubten, im Sitzen oder Stehen zu steuern. Sie waren außerdem durch die Windschutzscheibe geschützt, die um den oberen Rand der Fiberglaskonsole verlief. Ich beugte mich vor und löste einen Haken am Fuß der Konsole, wodurch sich das gesamte Gebilde zurückkippen ließ. Darunter kam ein ansehnlicher Laderaum zum Vorschein.
»Wie raffiniert«, sagte Sanchez.
»Im Moment kann ich es nicht so ohne weiteres ganz zurückkippen, weil das Boot auf der Seite liegt. Können Sie mal in den Laderaum schauen, normalerweise bewahren wir dort zwei Reserveflaschen und Tauchausrüstung auf.«
Sanchez beugte sich hinein und kam schnell wieder heraus, er hatte wohl Angst, ich könnte die Konsole fallen lassen und ihm den Kopf einquetschen. »Nichts. Sieht leer geräumt aus.«
»Bestimmt?«
Er sah noch einmal nach. »Warten Sie mal. Und halten Sie das Ding gut fest, ja?« Er schob sich so weit wie möglich in den Frachtraum und kam mit einem in Plastik gehüllten Gegenstand wieder heraus. »Ja, was haben wir denn hier?«, sagte er.
Er schüttelte ein paar Wassertropfen von dem Plastik und hielt den Gegenstand hoch, damit ich ihn sehen konnte. Es war ein Handy in einer wasserdichten Hülle.
»Das ist meins«, sagte ich. Es war das Handy, das ich Deirdre geliehen hatte. Sie hatte die Angewohnheit, es in die Tasche ihrer Shorts zu stecken, und es musste herausgerutscht und in den Laderaum gefallen sein, als sie die Tauchausrüstung daraus
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