Das Maya-Ritual
hervorzogen. Es war der endgültige Beweis, falls ich noch einen gebraucht hätte, dass sie in dem Boot gewesen war.
»Mal sehen, ob es noch geladen ist«, sagte Sanchez und nahm das Telefon aus der Schutzhülle.
»Falls ja, brauchen Sie die Zugangs-PIN.«
Er drückte den Einschaltknopf, und das Handy piepte.
»Dann raus damit.«
Ich gab ihm die Nummer - Datum und Jahr meines Geburtstags.
»Hey, was mache ich da eigentlich?«, sagte Sanchez.
»Es ist Ihr Telefon. Sehen Sie einfach mal nach, was sich im Anrufverzeichnis befindet.«
Ich nahm das Gerät und rief die verpassten, empfangenen und geführten Gespräche auf. Sie waren alle gelöscht.
»Die Textnachrichten?«, sagte Sanchez ungeduldig.
»Ich weiß, ich weiß. Lassen Sie mich nur machen, okay?«
Ich dachte, dass ich bei den eingegangenen Nachrichten auf meinen eigenen Text stoßen würde, den ich auf dem Rückweg von Mérida gesendet hatte, aber auch dieser war gelöscht. Dann probierte ich die Ausgangsbox und fand zu meiner Überraschung eine gespeicherte Nachricht vor, die aus einem einzigen Wort bestand. Es war vielleicht empfangen und dann gespeichert worden, oder Deirdre hatte es eingegeben und gespeichert, um es später zu senden. Es gab keine ursprüngliche Nummer. Aber das Wort kam mir seltsam bekannt vor.
CRABFISH »Was meinen Sie?«, sagte ich und gab Sanchez das Telefon mit dem Wort im Display.
»Vielleicht ein Codewort?«
»Möglich. Aber genauso gut könnte es einfach der Name eines Restaurants sein.«
»Oder eines Boots.«
Dann fiel mir ein, wo ich das Wort schon einmal gesehen hatte. »Es hat auf jeden Fall etwas mit Deirdre und Dermot zu tun. Es stand nämlich schon auf dem gleichen Zettel, auf den sie seine Nummer notiert hat.«
»Dann wollen wir mal fragen, ob wir hier an Bord online gehen dürfen. Wir geben das Wort ein und schauen, was dabei herauskommt.« Sanchez war aufgekratzt.
54
Krabben - Crabfish - schienen unverzichtbarer Bestandteil einer endlosen Zahl schwedischer Restaurantangebote zu sein, ich hatte also nicht weit danebengelegen. Aber davon abgesehen förderte unser Fischzug durch die Websites der Welt nichts Erhellendes zu Tage, es sei denn, man wollte mit einem Künstler Kontakt aufnehmen, der zuverlässig auf jeder neuen Seite mit Suchergebnissen auftauchte, oder seine Freunde mit der Tatsache verblüffen, dass ein unbekanntes schottisches Volkslied den Titel »Crabfish« trug.
Wir befanden uns im Kartenraum der Holtzinger, zwischen uns stand Leutnant Elena Guadalupe Perez, eine junge Offizierin, die uns Kapitän de Tajedo zugeteilt hatte.
Sanchez kratzte sich am Kopf. »Vielleicht verschwenden wir damit auch nur unsere Zeit. Sehen wir lieber nach, ob vom FBI in Miami etwas hereingekommen ist, wenn Sie einverstanden sind, Leutnant.«
Elena bedachte Sanchez mit einem professionellen Lächeln und begann, die E-Mails an das Schiff nachzusehen. Wie ihre männlichen Kollegen war sie ganz in Weiß gekleidet, hatte aber ihre weiblichere Version einer Offiziersmütze auf dem Kartentisch abgelegt, als sie sich an den Computer setzte. Ihr nach hinten gekämmtes Haar betonte ihre spanische Abstammung, die Art von Gesichtszügen, die ich außerhalb Cozumels häufiger sah. Selbst ihren Mund fand ich typisch kastilisch, mit den beiden Hälften der sinnlichen Oberlippe, die sich nach oben und zurück wölbten wie die Bugwelle eines Schiffes.
»Ah, si«, sagte sie und deutete auf den Schirm. »Da ist etwas für Sie, Captain. Soll ich es ausdrucken?«
»Ja, bitte.«
Sanchez stellte sich neben den Drucker und riss die einseitige E-Mail heraus, sobald sie sich dem Ende näherte.
»Sieht aus, als hätten wir endlich etwas über Dermot O’Kelly…« Er begann zu lesen. »Hm… jetzt wird mir einiges klar…«
»Was steht da?«
Sanchez reichte mir das Blatt, begann aber nichtsdestoweniger mit einer Zusammenfassung. »Wenn man Tourismus so eng definiert, dass dabei Leute zwischen verschiedenen Ländern bewegt werden, dann ist Dermot O’Kelly, wie es aussieht, tatsächlich im Tourismusgeschäft. In Wirklichkeit befasst er sich aber damit, illegale Einwanderer sowohl aus Mexiko als auch aus Kuba in die USA zu schmuggeln, und er verlangt zehntausend Dollar pro Person für die Überfahrt.«
»Das kann ich nicht glauben«, sagte ich, las es aber trotzdem, und die nüchternen Einzelheiten des restlichen FBI-Berichts vermittelten den Eindruck, als seien sie wahr.
Januar - O ’Kelly reist illegal in die USA ein Tritt dem
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