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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Pferdebremse ist gar nicht so schlimm.«
    Eine halbe Stunde später betrachteten wir beide die zwei Zentimeter lange Larve, die in einem Glas Wasser schwamm. Sie sah wie eine Art gedrungene Nudel aus, mit konzentrischen Ringen aus winzigen schwarzen Dornen um den spitz zulaufenden Körper. Eine perfekt konstruierte Bohrspitze, um sich in menschliches Gewebe zu fressen.
    »In diesem Stadium sind sie noch nicht voll entwickelt«, erklärte ich, »es dauert etwa sechs Wochen, bis sie volle Größe erreicht haben.«
    »Wie ist dieses scheußliche kleine Biest in meine Stirn gekommen?«
    Trotz des Ablebens der Pferdebremse war Deirdre noch keineswegs versöhnlich gestimmt.
    »Die ausgewachsene weibliche Fliege fängt sich einen Moskito und klebt ihre Eier an dessen Körper. Wenn der Moskito auf einem Menschen landet, brütet die Körperwärme die Eier aus, und die Larve, manchmal auch mehrere davon, kriecht in die Bisswunde. Dort ernährt sie sich dann von weichem Gewebe und Lymphe. Der Larvenbefall ist in Zentralamerika weit verbreitet, wo er als boro bekannt ist…« Das Wort war mir einfach so über die Lippen gekommen, wie die anderen Einzelheiten stammte es offenbar aus einer Quelle, die ich irgendwann auswendig gelernt hatte, die meinem bewussten Verstand aber nicht zugänglich war, als Maria Kuyoc das Wort benutzte.
    »Okay, okay… wie habe ich mir dann…?« Deirdre sah meinen verwirrten Gesichtsausdruck.
    Ich würde noch einmal überlegen müssen, ob ich den Befund der Klinik tatsächlich akzeptieren wollte.
    »Äh… es ist in diesem Teil Mexikos nicht so verbreitet. Und die Larve könnte sich auch noch gar nicht bis zu diesem Stadium entwickelt haben - du bist ja erst seit anderthalb Wochen hier.«
    »Vergiss nicht, dass ich in Miami war.«
    »Damit hätte sie auch nur eine Woche mehr Zeit gehabt… aber es könnte wohl möglich sein… Erinnerst du dich an einen Biss oder Stich, von dem dir für ein, zwei Tage eine kleine Beule, ähnlich wie ein Pickel, blieb?«
    »Nein. Aber wenn ich darüber nachdenke - am ersten Morgen nach meiner Ankunft haben wir einen Ausflug in die Everglades gemacht, und dort haben sich so viele Moskitos auf mein Gesicht gestürzt, dass ich einen Hut tragen musste.«
    »Hm… dort ist Dermatobia allerdings nicht heimisch. Auf Kuba vielleicht. Andererseits überrascht mich heutzutage gar nichts mehr, was die Verbreitung von Arten angeht. Gerade in Florida wimmelt es von ursprünglich dort nicht heimischen Tieren und Pflanzen.« Ich gab ihr einen neuen, mit Antiseptikum getränkten Wattebausch, den sie sich an die Stirn drückte. Ich hatte ihr den Skalpelleinschnitt mit einem Stich genäht.
    Deirdre wirkte erschöpft von dem unangenehmen Erlebnis. Noch wirkte das Novocain, und bevor es nachließ, wollte ich sie mit einem Schmerzmittel im Bett wissen. »Komm, wir legen uns wieder hin und schlafen noch ein paar Stunden. Ich steh um sieben auf, aber dich lass ich ein bisschen länger schlafen.«
    Aber ich konnte nicht schlafen, da ich immer wieder an Marias Bericht dachte und immer wieder auf dieselben Fragen kam.
    Wie konnte Ken um einen Parasitenangriff auf seinen Körper wissen und drei Tage lang offenbar nichts dagegen unternehmen?
    Als er zu Maria sprach, hatte er da wirklich über Befall mit Dermatobia geklagt oder das, was ihm widerfuhr, nur damit verglichen?
    Denn falls es Dermatobia war, dann bestand kein Zusammenhang mit dem Ausflug nach Chichen Itza, wenn man den Reifeprozess der Larve berücksichtigte. Und damit er am Ende so zugerichtet war, wie ihn Maria beschrieben hatte, hätte es sich ohnehin um einen großen Befall mit vielen Einstichstellen handeln müssen, etwas, das man vielleicht bekommt, wenn man sich wochenlang ohne jeden Schutz gegen Insektenstiche im Dschungel aufhält. Und das war ein unwahrscheinliches Szenario.
    Er war also nicht von Pferdebremsenlarven durchlöchert gewesen. Aber wenn es nicht Dermatobia war, was war es dann? Und war es in Chichen Itza in seinen Körper gelangt?

21
    Deirdres Made im Glas stand am Nachmittag in der Dzulha Bar im Mittelpunkt des Interesses. Inhaber und Geschäftsführer der Bar war Ruben Tomacelli, ein schnauzbärtiger Mann mittleren Alters aus Mexico City, das bei seinen Bürgern einfach »Mexico« heißt, während sie ihr Land gern »La Republica« nennen. Das Lokal lag nur etwa einen halben Kilometer vom Aquanauts Tauchclub entfernt und zog Sonnenanbeter mit einer großzügigen Terrasse an, während für Taucher und

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