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Das Maya-Ritual

Das Maya-Ritual

Titel: Das Maya-Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Larve der Pferdebremse nicht unähnlich.
    »Die ist aus Mehl«, sagte Phil verächtlich.
    »Das ist der Agavenwurm«, entgegnete Ruben aufgebracht und benahm sich, als hätte man seine Männlichkeit infrage gestellt, »aus demselben Kaktus, aus dem der Meskal gebrannt wird.«
    »Quatsch«, sagte Phil: »Das ist nur ein Märchen.«
    Ruben kam mit der Flasche und einem Glas um die Theke herum und setzte sich neben Phil: »Gut«, sagte er und schraubte den Deckel ab. »Dann iss sie.«
    »Ja, und nicht einfach schlucken - richtig kauen«, forderte Alfredo und freute sich schon.
    »Niemals. Nicht, wenn ich diesen Meskaldreck dazu trinken muss«, sagte Phil.
    Deirdre stieg von ihrem Hocker. »Nichts für ungut, Leute, aber ich setz mich zum Lesen in die Sonne.« Sie hatte endlich einen Führer über die Mayaruinen von Yukatan zur Hand genommen, mit der Absicht, einige der Stätten zu besichtigen.
    Ich verlor an diesem Punkt ebenfalls das Interesse an der Auseinandersetzung und griff nach einer Ausgabe der Novedades Quintana Roo, die Ruben bei unserer Ankunft gelesen hatte. Auf der Titelseite waren die acht Mitglieder der Basketballmannschaft aus Houston abgebildet, die man noch immer nicht freigelassen hatte.
    Der Bericht brachte Interviews mit den verängstigten Eltern - »Bitte lasst unseren Sohn frei«, »Wir wollten ihn morgen besuchen - es ist sein Geburtstag«, »Der Großvater unseres Jungen hat für die Bürgerrechte gestritten, diese Leute wissen doch sicherlich um unseren Kampf«. Es gab auch unbestätigte Berichte, nach denen ein Privatflugzeug mit vom College aufgebrachtem Lösegeld Houston verlassen habe, aber dabei konnte es sich durchaus um den verzweifelten Versuch von Eltern und Universitätsleitung handeln, den Entführern zu signalisieren, dass eine Lösegeldzahlung möglich sei, wenn sie nur welches fordern würden.
    Ich betrachtete noch einmal die Fotos. Die jungen Männer waren verschiedener ethnischer Abstammung; wenn man ihre Namen las, enthielten sie eine Gewöhnlichkeit, die schwer damit in Einklang zu bringen war, dass die Rebellen, Banditen oder wer immer ihre Entführer waren sie aus irgendeinem besonderen Grund ausgewählt haben sollten:
    Lucas Albright Paul Atkins Kevin Carthy Edwin Ledbetter Lyle Rassman Todd Snider Tommy Torres Jerome Washington Acht so genannte Pumas, die einfach nur jung und verletzlich aussahen. Ich warf einen Blick zu Alfredo hinüber, der etwa im selben Alter war wie sie. Er stand nun zwischen Phil und Ruben und goss fröhlich gleiche Mengen Meskal in zwei Gläser; offenbar ging es nun darum, dass die beiden Männer den restlichen Schnaps in der Flasche trinken würden, und in wessen Glas der Wurm fiel, der musste ihn essen.
    Alfredo trug nichts als ein Paar ausgewaschene, kurze Jeans. Wenn ich mir seinen geschmeidigen Körper, das strahlende Lächeln und die Haut ansah, die in Farbe und Struktur wie Milchschokolade war, konnte ich verstehen, dass Deirdre seine Aufmerksamkeiten nicht unangenehm fand. Er war in diesem Stadium, in dem bei manchen Männern ein athletischer Körperbau bereits das Ungelenke des Heranwachsenden ersetzt hat und das Gesicht schon jene fein gemeißelten Züge aufweist, die mit der vollen Reife vertieft und markanter werden.
    Ich drehte mich auf dem Barhocker herum und blickte aufs Meer hinaus. Eine sanfte Brise wehte durch das Lokal, und ich spürte, wie sie sinnlich durch die feinen Haare auf meinen Armen und in meinem Nacken strich.
    Ich liebte diese Insel, das Meer und das Klima. Und ich liebte auch die Cozumelenos, ein sanftmütiges, zuvorkommendes Volk, bei dem ich mich wie zu Hause fühlte. Ich wünschte, mein Vater könnte sehen, wie glücklich ich war, ich wünschte, wir könnten einen Waffenstillstand vereinbaren, sodass es ihm irgendwann möglich sein würde, die Insel besuchen zu kommen. In der studentischen Aufführung von Der Sturm hatte ich die Rolle der Miranda gespielt, deren Vater Prospero dafür sorgt, dass diejenigen, die ihn auf einer abgelegenen Insel aussetzen ließen, ihre Missetaten bereuen. Was Jack Madison und seine Tochter betraf, waren die Rollen ein wenig durcheinander geraten, aber das Grundthema von Vergebung und Versöhnung passte genau.
    In diesem Moment wurde meine Idylle zerstört, da ich Ruben hinter mir rufen hörte: »Verdammte yanquis!«

22
    Ich dachte, er und Phil würden noch immer über den Meskalwurm streiten, aber als ich mich umdrehte, hatten sie jeweils den Arm um den anderen gelegt wie alte

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