Das Maya-Ritual
Moment hörte ich jemanden an der Tür zur Terrasse. Meine Entschuldigung würde warten müssen. Kathy Laverne kam mit ein paar halbwüchsigen Jungs im Schlepptau herein, Einheimische, die sie gelegentlich für Hilfsarbeiten anstellte.
»Wir helfen dir, die Läden anzubringen«, sagte sie fröhlich.
Ich starrte sie verständnislos an.
»Deinen Hurrikanschutz.« Sie sah mich mitleidig an.
»Du weißt doch wohl, dass einer im Anmarsch ist, oder?« Ich kam wieder zu mir. »Ach so, natürlich. Der Hurrikan.«
»Wo sind die Dinger, im Bootshaus?« Ich nickte.
Kathy gab den beiden Jungen Anweisungen, und sie gingen durch die Terrassentür wieder nach draußen. »Du liebe Güte, was ist denn hier passiert«, sagte Kathy, als sie sich im Wohnzimmer umsah.
»Ein Einbruch. Aber es ist noch alles da.« Kathy legte fragend den Kopf schief.
»Ich glaube, es hatte mit diesen Wasserproben zu tun«, erklärte ich. »Ich muss sofort einen Anruf wegen der Sache machen, wenn du mich entschuldigst.«
»Nur zu, ich helfe dir dann aufräumen, wenn wir die Läden dranhaben.«
»Danke, Kathy, du bist ein Schatz.«
Kathy schaltete die Außenbeleuchtung ein und ging hinaus, um nach den Jungen zu sehen, während ich die Liste der zuletzt gewählten Nummern auf meinem Handy durchsah. Sanchez’ Nummer war noch gespeichert. Ich rief ihn vom Festnetz aus an.
38
Sanchez meldete sich mit einem trägen »Hola?«.
Ich kam sofort zur Sache. »Sie haben heute mein Haus durchstöbert, richtig?«
»Wer ist da?«
»Wo ist meine Freundin? Sie haben nicht das Recht, sie festzuhalten.«
»Wovon reden Sie da. Senorita Madison, oder? Ich war heute nicht mal in der Nähe Ihres Hauses. Ich war nicht einmal auf Cozumel.«
»Sie müssen es nicht persönlich gewesen sein. Sie könnten es auch nur angeordnet haben. Und Sie wussten, dass ich in Mérida bei der Beerdigung war.«
»Ich habe heute keinerlei Operation auf Cozumel angeordnet. Was ist denn passiert?«
Er klang aufrichtig. Aber wie konnte ich mir sicher sein?
»Zuerst einmal verraten Sie mir etwas: Was geht in Cancun vor sich?«
»Äh… dort gibt es ein Problem.«
»Ich weiß, dass es ein Problem gibt. Worum geht es?«
»Ich darf auf Grund des Gesetzes über Staatsgeheimnisse keine Informationen -«
»Es geht um die Wasserversorgung der Stadt. Das Wasser ist verseucht, richtig?«
»Ja.«
»Wodurch?«
»Wir führen noch Untersuchungen durch -«
»Quatsch. Sie wissen genau, was es ist. Und ich werde es auch bald wissen, also stecken Sie sich Ihre Staatsgeheimnisse und Ihre Lügen sonst wohin. Und wenn ich herausfinde, was Ken Arnold getötet hat, werde ich die US-Regierung informieren. Denn die Wasserproben, die Sie zu stehlen versucht haben, werden in diesem Augenblick in Florida analysiert.«
Sanchez flüsterte so gedämpft einen Fluch, dass ich ihn, selbst wenn ich gewollt hätte, nicht verstehen konnte.
»Damit erreichen Sie nichts«, fuhr er fort. »Ihre Regierung und meine vertragen sich zurzeit nicht gut.«
»Ihre Regierung? Dass ich nicht lache. Soweit ich feststellen kann, übernimmt gerade das mexikanische Militär die Macht im Land.«
»Ich kann Ihnen versichern, dass die Streitkräfte immer noch unter der Kontrolle der Regierung stehen.«
»Sie meinen dieselben Streitkräfte, die an der Grenze mit dem Säbel rasseln, die die Medien kontrollieren, um zu vertuschen, was in Cancun los ist, und die jetzt für die Ermordung der Basketballspieler verantwortlich gemacht werden? Wer, sagten Sie, hat das Kommando?«
Ich hörte Sanchez am anderen Ende schwer seufzen.
»Ich gebe zu, es hat ein paar unbesonnene Aussagen und Handlungen gegeben… Aber wer glaubt, unser Militär sei für den Tod der Studenten verantwortlich, fällt in die Propagandafalle, die darauf abzielt, offene Feindseligkeiten zwischen unseren beiden Ländern zu provozieren.«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Im Internet wurden Fotos veröffentlicht, die zeigen, wie die Geiseln hingerichtet und ihre Köpfe auf das Schädelgestell gepflanzt wurden.«
»Wie entsetzlich.«
»Ja, es ist grausig. Aber jetzt kommt’s - die Leute, die die Gräueltat verüben, sind genau zu sehen, und es sind nicht die Cruzob. Es ist unser Militär, die mexikanische Armee. Und der befehlshabende Offizier ist auf den Bildern erkennbar.«
Lag es wirklich nicht im Bereich des Möglichen, dass das Militär die Tat verübt hatte? Auch wenn Dr. de Valdivia behauptet hatte, die Cruzob seien verantwortlich - niemand hatte die
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