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Das mechanische Herz

Das mechanische Herz

Titel: Das mechanische Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dru Pagliassotti
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musste, um sicher landen zu können. Eine Sekunde lang schwebte sie, rückwärts mit den Flügeln schlagend, auf der Stelle, ehe die Erhabene sie losließ und zitternd zu Boden glitt.
    Dann landeten auch Tayas Stiefel auf sicherem Terrain. Schwankend stolperte sie ein paar Schritte weiter, dachte in letzter Sekunde daran, die Arme aus der Flügelhalterung zu ziehen und die Sicherheitsleine zu lösen, ehe sie in die Hocke ging und sich, vor Erleichterung am ganzen Körper bebend, die Arme um die Schultern schlang. Von überall her drängten fremde Menschen näher heran, berührten ihre Flügel, was angeblich Glück brachte, redeten auf sie ein. Sie aber hörte nur unverständliches Geraune.
    Bald war auch eine Gruppe Liktoren eingetroffen, die die Menge mit lauten Befehlen zurückdrängte. Taya holte tief Luft und streifte langsam die Schutzbrille ab, ehe sie sich neben die Frau kniete, die sie gerettet hatte.
    „Seid Ihr auch nicht verletzt, Erhabene?“
    Der goldene Kopfschmuck der Frau klapperte auf dem Pflaster, als sie sich auf den Rücken drehte. Sie schlug die Augen auf.
    „Ist mein Sohn in Sicherheit?“
    „Ich habe ihn drüben bei der Turmstation gelassen.“ Taya wies mit dem Kinn in die entsprechende Richtung. „Es geht ihm gut, er hat nur einen gehörigen Schrecken bekommen.“
    „Danke.“ Die Frau schloss die Augen gleich wieder.
    „Erhabene? Verzeihung.“ Ein Liktor war vorgetreten, einen grobgestrickten Schal in der Hand, den er ihr mit abgewandtem Blick ungeschickt hinhielt. Taya nahm ihn ihm ab.
    „Euer Gesicht, Erhabene“, sagte sie sanft, während sie der Frau am Boden den Schal um den Kopf legte. „Es ist nackt.“
    „Ach, um der Herrin willen!“, stöhnte die Frau ungehalten, richtete sich aber dennoch auf, um sich den Schal mit zitternden Fingern so um Kopf und Gesicht zu schlingen, dass nur noch die Augen zu sehen waren. Taya warf ihr ein schiefes Lächeln zu. Die Kastenrestriktionen waren manchmal schlicht unpraktisch.
    „Wie heißt du, Ikarierin?“
    „Taya, Erhabene.“ Taya legte die Hand im dicken Lederhandschuh an die Stirn und versuchte sich an einer Verbeugung, so gut es eben möglich war, wenn man auf einer kopfsteingepflasterten Straße kniete. Dabei schwankte sie leicht, schwebten ihre Flügel doch ein wenig über dem Boden, wo sie ungeduldig am Fluggeschirr zerrten.
    „Ich bin Viera Octavus, Taya. Ich stehe in deiner Schuld.“
    „Ist eine von euch verletzt?“ Jetzt, da das Antlitz der Erhabenen nicht mehr zu sehen war, klang der Liktor viel selbstsicherer.
    „Nein. Uns ist nichts passiert, der Herrin sei Dank. Bringt mir etwas, womit ich mich bedecken kann“, befahl Viera, indem sie langsam aufstand, „und bringt mir meinen Sohn.“
    „Euer Sohn wird gerade heruntergebracht, Erhabene.“ Der Liktor knöpfte seinen schweren Mantel auf, um ihn der Dame zu reichen.
    „Taya? Taya, ist alles in Ordnung?“ Beim Klang der vertrauten Stimme sah Taya auf.
    Am Rande der Menge war der Ikarier aufgetaucht, der ihr in der Luft zu Hilfe gekommen war und ihren Sturz abgefangen hatte. Er zog Schutzbrille und Haube ab, wodurch ein dichter, lockiger schwarzer Haarschopf zum Vorschein kam. Die Flügel hatte er angelegt, einrasten lassen und gesichert, die Sicherheitsleine fein säuberlich zusammengerollt und verwahrt.
    Ohne zu murren, ließen ihn die Schaulustigen passieren. Selbst die Liktoren traten beiseite, wenn auch sichtlich ungern.
    „Hallo, Pyke.“ Taya ließ zu, dass der Kollege ihr die Hand gab, um sie hochzuziehen. Einen Moment lang ließ sie den Kopf an seiner Brust ruhen, sammelte Kraft. „Danke.“
    „Jederzeit wieder.“ Er tätschelte ihre Schulter. „Flügel hoch, Schatz!“
    Tayas Metallflügel schwebten immer noch horizontal, wo sie immer wieder mit Gaffern zusammenstießen, die versuchten, dem Kern des Geschehens näher zu kommen. Leise stöhnend schob Taya die Arme in die Flügelhalterung, stellte die Flügel auf und hakte sie so ein, dass sie ihr in gerader Linie den Rücken hinauf bis über den Kopf ragten.
    Auch als sie die Arme, nun vom Geschirr befreit, wieder sinken ließ, musste sie stöhnen. Das konnte morgen ja heiter werden, mit solchen Schulterschmerzen! Sie zog die Fliegerhaube vom Kopf und fuhr sich mit der Hand durch das kurze, schweißnasse Haar. Wunderbar, die kühle Brise an ihrem heißen Haupt.
    „Taya Ikara.“ Die Erhabene Viera wandte sich zu ihnen um. Barfuß, im geliehenen Mantel und mit improvisierter Maske glich sie eher einem

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