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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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durch den Dunst aus Kaminrauch und Kerzenschein und machte eine schlanke Gestalt in rosenfarbenem Samt und Perücke aus - modisch, natürlich, doch er machte ein wenig den Eindruck eines Speichelleckers, als er sich jetzt einem anderen Mitglied der Gruppe zuwandte.
    »Ich habe Erkundigungen über ihn eingezogen«, sagte Grey. »Ich höre, er ist Politiker, aber kein besonders bedeutender; nur ein Opportunist.«
    »Das stimmt, er selbst ist ein Niemand. Die Männer, mit denen er verkehrt, sind schon bedeutender. Seine Verbündeten sind selten ohne Einfluss, wenn sie auch nicht - noch nicht! - an der Macht sind.«
    »Und wer ist das? Ich habe derzeit keine Ahnung von der Politik.«
    »Sir Francis Dashwood, John Wilkes, Mr. Churchill - Paul Whitehead ebenfalls. Oh, und Everett. Ihr kennt George Everett?«
    »Flüchtig«, sagte Grey gleichmütig. »Diese Einladung, die Ihr erwähnt habt …?«
    »Oh, ja.« Quary schüttelte den Kopf und besann sich
wieder. »Ich habe endlich den Flurportier ausfindig gemacht. Er hat genug von Bubb-Dodingtons Unterhaltung mitbekommen, um sagen zu können, dass der Mann Gerald drängte, eine Einladung nach West Wycombe anzunehmen.«
    Quarry zog vielsagend die Augenbrauen hoch, doch Grey verstand ihn nicht und sagte das auch.
    »West Wycombe ist Sir Francis Dashwoods Wohnsitz«, meldete sich Lady Lucinda zu Wort. »Und das Zentrum seines Einflusses. Er gibt dort rauschende Empfänge - genau wie wir.« Ihr runder Mund verzog sich verächtlich. »Und mit denselben Absichten.«
    »Die Verführung der Mächtigen?« Grey lächelte. »Also hat Bubb-Dodington - oder seine Herren - versucht, Gerald zu umgarnen? Zu welchem Zweck, frage ich mich.«
    »Richard nennt die Zusammenkünfte von West Wycombe ein Vipernnest«, sagte Lucinda. »Sie sind darauf versessen, ihre Ziele mit allen Mitteln zu erreichen, auch mit unehrenhaften. Vielleicht wollten sie Robert um seiner selbst willen auf ihre Seite locken oder …« Sie hielt zögernd inne. »Oder um der Dinge willen, die er über den Premier und seine Angelegenheiten wissen mochte.«
    Am anderen Ende des Raumes setzte die Musik wieder ein, und in diesem interessanten Moment wurden sie durch eine Dame unterbrochen, die sie in ihrer Blätterzuflucht erspähte und angehuscht kam, um Harry Quarry für einen Tanz in Anspruch zu nehmen, wobei sie jede Möglichkeit einer Weigerung mit luftigem Fächer beiseite wedelte.
    »Ist das nicht Lady Fitzwalter?«
    Die vollbusige, hochrote Dame, die gerade Quarrys
Hand provokativ an ihre Brust drückte, war die Gattin Sir Hughs, eines älteren Baronets aus Sussex. Quarry schien nichts dagegen zu haben und erwiderte Lady F’s Flirtereien, indem er scherzhaft zukniff.
    »Oh, Harry hält sich für einen großen Lebemann«, sagte Lady Lucinda großmütig, »obwohl jeder sehen kann, dass es nicht zu mehr reicht als zum Kartenspiel in den Herrenclubs und zu einem Blick für gut gebaute Damen. Gibt es einen Offizier in London, der da großartig anders ist?« Ein gewitztes, graues Auge glitt über Lord John hinweg und erkundete, inwiefern er wohl anders sein mochte.
    »So ist es«, sagte er belustigt. »Und doch höre ich, dass man ihn auf Grund einer Indiskretion nach Schottland geschickt hat. War es nicht jener Zwischenfall, dem er diese Wunde in seinem Gesicht verdankt?«
    »Oh, ja«, sagte sie und spitzte verächtlich die Lippen. »Die berühmte Narbe! Man könnte glauben, es wäre der Hosenbandorden, so stellt er sie zur Schau. Nein, nein, die Karten waren der Grund für sein Exil - er hat einen Oberst des Regiments beim Falschspiel erwischt und hatte zu viel Wein getrunken, um diesbezüglich Stillschweigen zu bewahren.«
    Grey öffnete den Mund, um sich nach der Narbe zu erkundigen, doch sie packte ihn am Ärmel und brachte ihn zum Schweigen.
    »Also da ist ein Lebemann, wenn Ihr einen sehen wollt«, sagte sie leise. Ihre Augen wiesen auf einen Mann beim Kamin auf der anderen Seite des Zimmers. »Dashwood, der Mann, von dem Harry gesprochen hat. Ihr wisst doch von ihm, oder?«

    Grey sah blinzelnd durch den rauchigen Dunst im Zimmer. Der Mann war kräftig gebaut, wies aber kein Gramm Fett auf; seine schrägen Schultern waren dick bemuskelt, und wenn Taille und Oberschenkel auch kräftig waren, so war das ihre natürliche Form, nicht das Ergebnis einer ausschweifenden Lebensweise.
    »Den Namen habe ich schon einmal gehört«, sagte Grey. »Ein Politiker von unbedeutendem Ruf?«
    »In der politischen Arena ja«,

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