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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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pflichtete Lady Lucinda ihm bei, ohne ihren Blick von dem Mann abzuwenden. »In anderen… nicht ganz so unbedeutend. In manchen Kreisen kommt sein Ruf sogar geradezu der Verruchtheit gleich.«
    Dashwood streckte den Arm nach einem Glas aus, und der Satin seiner pflaumenfarbenen Seidenweste spannte sich fest über einem breiten Brustkorb. Ein nicht minder breites Gesicht wurde sichtbar, rötlich im Kerzenschein und von zynischem Gelächter bewegt. Er trug keine Perücke, sondern hatte dichtes, dunkles Haar, dessen Locken ihm tief in die Stirn hingen. Grey runzelte die Stirn, als er versuchte, sich zu erinnern. Jemand hatte etwas zu ihm gesagt, ja - doch der Anlass war ihm genau so entfallen wie der Inhalt der Worte.
    »Er scheint ein Mann von Substanz zu sein«, wagte er eine Einschätzung. Dashwood bildete unzweifelhaft das Zentrum seiner Raumhälfte, alle Blicke hingen an ihm, wenn er sprach.
    Lady Lucinda lachte kurz auf.
    »Glaubt Ihr, Sir? Er und seine Freunde stellen ihre ausschweifende, blasphemische Art genauso zur Schau wie Harry seine Narbe - und aus demselben Grund.«

    Es war das Wort »blasphemisch«, das seinem Gedächtnis auf die Sprünge half.
    »Ha. Ich habe davon gehört… die Abtei von Medmenham?« Lucinda kniff die Lippen fest zusammen, und sie nickte. »Sie nennen es den Höllenfeuer-Club.«
    »Genau. Doch es hat schon andere Höllenfeuer-Clubs gegeben - viele andere. Ist dieser hier mehr als die übliche Ausrede für öffentliches Herumpöbeln und Alkoholexzesse?«
    Sie blickte die Männer vor dem Feuer an, und ihr Gesichtsausdruck war besorgt. Im Licht des Feuers hinter ihnen verloren sie jegliche Individualität ihres Aussehens; sie schienen nicht mehr als eine Ansammlung dunkler Gestalten zu sein; gesichtslose Teufel, vom Feuerschein umrandet.
    »Ich glaube nicht«, sagte sie sehr leise und ließ ihre Blicke hin- und herschweifen, um sicherzugehen, dass niemand sie hörte. »Zumindest habe ich das geglaubt - bis ich von Roberts Einladung hörte. Jetzt…«
    Das Eintreffen eines hoch gewachsenen, gut aussehenden Mannes, dessen Ähnlichkeit mit Quarry seine Identität klarstellte, setzte der geheimen Konferenz im Dschungel ein Ende.
    »Da ist Richard; er sucht nach mir.« Schon im Begriff davonzuhuschen, hielt Lady Lucinda inne und blickte zu Grey zurück. »Ich kann nicht sagen, Sir, welchen Grund es für Euer Interesse gibt - aber ich danke Euch dafür.« Ein ironischer Funke ließ die grauen Augen aufleuchten. »Gott mit Euch, Sir - wenn ich für meinen Teil auch einem Gott, der so kleingeistig ist, dass er sich mit Francis Dashwood einlässt, keinen großen Respekt zollen würde.«

     
    Grey mischte sich unter die Menge. Er verneigte sich und lächelte, ließ sich hier zum Tanz auffordern und dort in ein Gespräch verwickeln, ohne die Gruppe am Kamin auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Männer stießen für kurze Zeit dazu, zogen sich wieder zurück und wurden durch andere ersetzt, doch der Kern der Gruppe blieb unverändert.
    Bubb-Dodington und Dashwood bildeten ihr Zentrum; Churchill, der Dichter, John Wilkes und der Herzog von Sandwich umringten sie. Als er während einer Musikpause sah, dass sich eine ganze Anzahl Männer wie Frauen am Kamin versammelt hatte, hielt Grey den Moment für gekommen, seine Anwesenheit kundzutun. Er schloss sich unauffällig der Menge an und manövrierte sich an einen Platz in Bubb-Dodingtons Nähe.
    Der Friedensrichter Margrave hatte das Wort, und es galt dem Thema, welches den meisten Unterredungen zugrunde lag, die Grey bis jetzt gehört hatte - dem Tod Robert Geralds, oder genauer gesagt, dem Ausbruch skandalöser Gerüchte, der ihm gefolgt war. Der Richter begegnete Greys Blick und nickte - Euer Ehren waren ein guter Bekannter von Greys Familie -, fuhr aber ungebremst mit seiner Verleumdungsrede fort.
    »Ich wünschte, nicht der Pranger, sondern der Scheiterhaufen wäre die Strafe für diese unsägliche Verfehlung.« Margrave schwang seinen Kopf schwerfällig in Greys Richtung herum und ließ die Augenlider halb sinken. »Habt Ihr Holloways Ideen gelesen, Sir? Er schlägt vor, diese ekelhafte Praxis der Sodomie durch Kastration oder eine andere überzeugende Vorbeugungsmaßnahme zu zügeln.«

    Grey unterdrückte das Bedürfnis, die Hände schützend vor sich zu halten.
    »Wirklich sehr überzeugend«, sagte er. »Dann glaubt Ihr also, dass der Mann, der Robert Gerald niedergestreckt hat, von moralischen Motiven getrieben wurde?«
    »Ob es

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