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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Strähnen über die Wangen.
    »Du unterschätzt deinen eigenen Wert, John - wie immer. Natürlich steht dem tugendhaften Mann nichts besser zu Gesicht als schlichte Bescheidenheit.« Er sah ihn von der Seite an, und sein Mund verzog sich zu einem wohlwollenden Grinsen.
    »Ich glaube kaum, dass meine Charaktereigenschaften ausreichen, um das Interesse eines Mannes von Dashwoods Charakter zu wecken«, antwortete Grey trocken.
    »Präziser gefragt«, sagte Everett und zog eine Augenbraue hoch, »was ist es, das dich so an Sir Francis interessiert? Du hast bis jetzt nur mit mir gesprochen, um mich über ihn auszufragen.«
    »Du bist doch wohl besser als ich in der Lage, das zu beantworten«, antwortete Grey geradeheraus. »Ich höre, du bist sein intimer Vertrauter - der Kammerdiener sagt mir, dass du im vergangenen Jahr oftmals in Medmenham zu Gast gewesen bist. Was ist es, das dich in seine Nähe zieht?«
    George grunzte belustigt, dann warf er den Kopf zurück und atmete genussvoll die feuchte Luft ein. Lord John tat es ihm nach, Herbstgerüche nach verrottendem Laub und Kaminrauch, gewürzt mit dem Duft der reifen Muskatellertrauben aus dem nahe gelegenen Weingarten. Gerüche, die das Blut in Wallung brachten, kalte Luft, die
ihm in Hände und Wangen biss, Bewegung, die den Körper stimulierte und anstrengte, so dass der gluterfüllte Feierabend am Kamin und die Tröstungen eines dunklen, warmen Bettes um so verlockender erschienen.
    »Macht«, sagte George schließlich. Er hob die Hand und deutete auf die Abtei - einen eindrucksvollen Giganten aus grauem Stein, massiv gebaut und doch zugleich elegant geschnitten. »Dashwood steht der Sinn nach großen Dingen; ich möchte ihn auf dem Weg nach oben begleiten.« Er warf einen Blick auf John. »Und du, John? Es ist einige Zeit her, seit ich dich zu kennen glaubte, und doch hätte ich nicht gesagt, dass der Hunger nach gesellschaftlichem Einfluss zu deinen größten Sehnsüchten gehörte.«
    Grey wünschte keine Erörterung seiner Sehnsüchte; nicht in diesem Moment.
    »Das Streben nach Macht im Überfluss brachte die Engel zu Fall«, zitierte er.
    »Das Streben nach Wissen im Überfluss brachte den Menschen zu Fall«, vervollständigte George das Zitat und lachte kurz auf. »Was ist es denn, was du wissen möchtest, John?« Er drehte Grey den Kopf zu, die dunklen Augen gegen den Wind zusammengekniffen, und lächelte, als wüsste er die Antwort schon.
    »Die Wahrheit über den Tod von Robert Gerald.«
    Er hatte Gerald gegenüber jedem der Hausgäste erwähnt, den Zeitpunkt gut gewählt, die Fragen sorgfältig formuliert. Hier ließ er keine Vorsicht walten; er wünschte zu schockieren, und das gelang ihm auch. Georges Gesicht verlor auf fast komische Weise jeden Ausdruck, dann verhärtete es sich zu dem der Missbilligung.

    »Warum versuchst du, dich in diese schmutzige Angelegenheit zu verwickeln?«, fragte er herausfordernd. »Damit in Verbindung gebracht zu werden, kann nur deinem eigenen Ruf schaden - oder was davon übrig ist.«
    Das tat weh, und so war es ja auch beabsichtigt.
    »Mein Ruf geht nur mich etwas an«, sagte Grey, »genau wie meine Beweggründe. Hast du Gerald gekannt?«
    »Nein«, antwortete Everett kurz angebunden. In unausgesprochener Übereinstimmung wandten sie sich der Abtei zu und gingen schweigend zurück.
     
    Am dritten Tag änderte sich etwas. Ein Gefühl nervöser Erwartung schien in der Luft zu liegen, und die Stimmung wurde noch geheimnisvoller. Grey fühlte sich, als legte sich ein erdrückender Deckel über die Abtei, und er verbrachte so viel Zeit wie möglich im Freien.
    Dennoch gab es im Lauf des Tages und des Abends keinerlei ungewöhnliche Vorfälle, und er zog sich wie üblich kurz nach zehn Uhr zurück. Er entließ den Kammerdiener und entkleidete sich allein. Seine langen Spaziergänge hatten ihn ermüdet, doch es war noch früh. Er nahm sich ein Buch und versuchte zu lesen, doch die Worte schienen vor seinen Augen zu verschwimmen. Sein Kopf nickte nach vorn, und er schlief im Sessel sitzend ein.
    Das Geräusch der Uhr, die unten im Flur schlug, weckte ihn aus unangenehmen Träumen vom Ertrinken in dunklen Seen. Er setzte sich auf, einen Metallgeschmack wie von Blut im Mund, und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Zeit für sein nächtliches Signal an Quarry.
    Quarry, der Grey nur ungern in solch riskante Gesellschaft entließ, war Lord John nach West Wycombe gefolgt.
Er würde, so beharrte er, dort jeden Abend von elf bis ein

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