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Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman

Titel: Das Meer Der Lügen: Ein Lord-John-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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denn er wollte den Mann loswerden, bevor womöglich seine Mutter herunterkam und anfing, Fragen zu stellen. »Wie lautet die Auskunft?«
    Rabs blutunterlaufene Augen erwiderten seinen Blick und legten dabei etwas mehr Intelligenz an den Tag als der Rest seiner Erscheinung.
    »Wollt Ihr denn nicht zuerst den Preis hören?«
    »Nun gut. Was verlangt Ihr?« Er konnte die Stimme der Gräfin hören, die im ersten Stock ein Lied trällerte.
    Der Mann streckte seine dicke Zunge heraus und fuhr sich nachdenklich damit über die Oberlippe.
    »Zwei Pfund?«, sagte er und versuchte, trotzig und gleichgültig zu klingen, ohne jedoch den zögerlichen Unterton seiner Stimme verbergen zu können. Zwei Pfund waren offensichtlich ein beinahe unvorstellbares Vermögen; er glaubte zwar nicht, dass es tatsächlich sein Eigen werden würde, war jedoch gewillt, es zu versuchen.
    »Wie viel bekommt Agnes davon?«, fragte Grey. »Ich werde sie wieder sehen, und ich werde sie fragen, um sicher zu gehen, dass sie ihren Anteil bekommen hat.«
    »Oh. Ah …« Rab kämpfte einen Augenblick mit der
Divisionsaufgabe, dann zuckte er mit Achseln. »Gut, dann die Hälfte.«
    Grey war überrascht über diese Großzügigkeit - und noch mehr überraschte ihn, dass Rab seine Reaktion bemerkte.
    »Ich habe vor, sie zu heiraten«, sagte der Mann schroff. Er kniff ein Auge zusammen und fixierte ihn mit starrem Blick, als wollte er ihn ermahnen, diese Aussage nur ja ernst zu nehmen. »Wenn sie aus ihrem Kontrakt freigekauft ist, aye?«
    Grey biss sich auf die Zunge, um nicht mit einer unvorsichtigen Antwort auf diese verblüffende Enthüllung zu reagieren, und griff nur kopfnickend in seine Geldbörse. Er legte das Silber auf den Tisch, legte jedoch seine Hand darüber.
    »Was wollt Ihr mir also sagen?«
    »Ein Haus namens ›Lavender‹ an der Barbican Street. In der Nähe des Lincoln’s Inn. Ein großes Haus - macht von außen nicht viel her, aber innen ist es ein Palast.«
    Grey spürte plötzlich ein kaltes Gewicht in der Magengrube, als hätte er eine Bleikugel verschluckt.
    »Ihr seid in dem Haus gewesen?«
    Rab bewegte eine seiner kräftigen Schultern und schüttelte den Kopf.
    »Nicht doch. Nur bis zur Tür. Aber ich konnte sehen, dass sie Teppiche wie diesen hier hatten -«, er wies mit dem Kinn auf den seidenen Kermanshah auf dem Boden neben dem Schreibtisch, »- und Bilder an der Wand.« Er hob sein Kinn, das an einen Rammbock erinnerte, und deutete auf das Gemälde über dem Kaminsims, das Greys Großvater väterlicherseits zu Pferde zeigte. Der Sänftenträger
dachte so angestrengt nach, dass er die Stirn runzelte.
    »Ich konnte ein Stück weit in eins der Zimmer sehen. Da stand ein… Ding. Nicht ganz so wie dieses hier -«, er deutete auf das Planetarium, »aber so ähnlich, versteht Ihr. Wie Teile eines Uhrwerks.«
    Das Gefühl der Kälte und Schwere nahm zu. Nicht, dass seit dem Beginn von Rabs Erzählung noch ein Zweifel möglich gewesen wäre.
    »Die … Frau, die Ihr dort abgeholt habt«, überwand sich Grey zu fragen. »Wisst Ihr ihren Namen? Habt Ihr sie auch dort hingebracht?«
    Rab schüttelte gleichgültig den Kopf. In seinem ochsengleichen Gesicht deutete nichts darauf hin, ob er wusste, dass die von ihm beförderte Person in Wirklichkeit eine Frau war oder dass das ›Lavender House‹ nicht einfach eines von vielen reichen Londoner Häusern war.
    Der Form halber stellte Grey noch ein paar andere Fragen, doch er erfuhr nichts weiter von Wert, und schließlich zog er seine Hand zurück und trat einen Schritt zur Seite. Er signalisierte Rab mit einem Kopfnicken dass er sich seinen Lohn nehmen konnte.
    Der Sänftenträger war wahrscheinlich ein paar Jahre jünger als Grey, doch seine Hände waren verknöchert, in der Biegung erstarrt, als führe er fortwährend seinen Beruf aus. Grey sah zu, wie seine dicken Finger die Münzen mühsam einzeln ergriffen, und ballte die Hände in den Falten seines Morgenrocks zu Fäusten, um den Impuls zu unterdrücken, es für ihn zu tun.
    Die Haut an Rabs Händen war so dick wie Horn, seine Handflächen voll gelber Schwielen. Die Hände selbst
waren breit und von unverhohlener Kraft, und auf den knotigen Gelenken sprossen schwarze Haare. Grey brachte den Sänftenträger persönlich zur Tür und stellte sich dabei voll morbider Verwunderung diese Hände auf Nessies seidiger Haut vor.
    Er schloss die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen, als sei er um ein Haar einem Verfolger entkommen. Sein

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