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Das Meer in deinen Augen

Das Meer in deinen Augen

Titel: Das Meer in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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in der Kapelle bei der Beerdigung begegnet. Es war Lukas Bruder Falk. Sein Gesicht, die Haare, in all dem glichen sie sich wie ein Ei dem anderen. Es waren die stahlblauen unverwechselbaren Augen, die Falk von seinem Vater geerbt und nicht mit seinem Bruder geteilt hatte. Benjamin hatte nie gewusst, ob er Falk wirklich kannte. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte Lukas Bruder perfekt sitzende Anzüge getragen. Damals war er Immobilienmakler gewesen, fuhr einen Sportwagen und redete von Erfolg und dass niemand ihn dir schenkt. Einmal hatten sie ihn in Berlin besucht. Seine Wohnung war riesig. Er bestellte in Restaurants immer das Teuerste von der Karte und überfuhr rote Ampeln, ohne eine Regung zu zeigen. Ein unberechenbarer Draufgänger. Eines Tages hatte er die Anzüge abgelegt und sein Geld in irgendein Internetprojekt gesteckt, dass rasch gescheitert war. Luka hatte seitdem nicht mehr oft von ihm gesprochen. Der Stolz war verflogen.
    Einen anderen Falk gab es auch noch. Zumindest hatte Finn davon erzählt. »Der treibt sich mit Hooligans rum. Glaub mir, hab ihn mit denen im Stadion gesehen.«
    »Erzähl keinen Scheiß«, hatte Benjamin ihn übergangen. Es war nur ein Gerücht. Eins war jedenfalls sicher: Falk war ein Chamäleon. Man konnte sich nie sicher sein, wer vor einem stand.
    »Ich find’s gut, dass ihr hier seid.« Falk rieb sich die kräftigen Hände und setzte sich auf einen der Barhocker an der Rezeptionstheke. »Ich sag’s auch dir noch mal, Benny. Wegen meinem kleinen Bruder mach ich euch keinen Vorwurf. War einfach ein verdammter Unfall.« Falks einnehmende Stimme war voller Selbstsicherheit. Benjamin konnte sich vorstellen, wie er früher Kunden überzeugt hatte. Er schaute von einem zum anderen, während er einen Knopf seines Polohemds öffnete und am Kragen nestelte, als wäre ihm etwas zu eng in dem Kleidungsstück. »Ein verdammter Unfall«, wiederholte er verbittert.
    »Klar«, entgegnete Benjamin kühl. Finn hatte es genau gewusst. Es war kein Zufall, dass er dieses Studio ausgesucht hatte. Jetzt setzte sich das Puzzle für Benjamin zusammen. Er musste Finn alleine sprechen. Am liebsten wollte er einfach verschwinden.
    »Wir gehen kurz eine rauchen.«
    »Ihr seid doch gerade erst gekommen.« Falk zeigte sich verdutzt.
    »Ja, Mann. Wir sind erst …«
    »Du kommst einfach mit, okay?«, zischte Benjamin und packte Finn an der Jacke. Als er die Tür hinter sich zugezogen hatte, schauten sich beide seit langer Zeit zum ersten Mal wieder direkt in die Augen. »Du hast das gewusst«, wütend stieß Benjamin ihn leicht gegen die Brust.
    »Dass er hier ist? Ihm gehört der Laden. Er hat hier ganz groß investiert. Der Schuppen liegt total im Trend. Wir kriegen einen guten Preis. Was hast du dagegen?«, entgegnete Finn genervt, wich aber Benjamins Blick aus.
    »Mann, das ist Falk. Lukas Bruder. Was bedeutet es schon, dass er uns keine Schuld gibt? Bist du deswegen hier? Hä?« Er breitete seine Arme herausfordernd aus und sah Finn direkt in die Augen. »Sag schon, ist das der Grund? Willst du Vergebung? Von dem?« Er wies mit dem Zeigefinger Richtung Studio. »Willst du wissen, was ich von ihm halte?« Er nahm sich eine kurze Pause, erwartete aber keine Antwort. »Ich trau ihm nicht.« Benjamin schüttelte vehement den Kopf und wiederholte: »Ich trau ihm nicht. Ganz ehrlich. Und weißt du, warum? Weil er nie für Luka da war. Deswegen. Wenn wir etwas falsch gemacht haben …« Finn sah erstaunt auf, doch er widersprach nicht. Benjamin hielt im Satz inne, ehe er ihn wesentlich leiser beendete. »… dann sollten wir das mit uns selbst ausmachen, aber nicht mit ihm.« Die Hände ließ er fallen und steckte sie resigniert in die Hosentaschen. Er schnaufte noch, als hätte er sich schon jetzt verausgabt.
    »Wir können Luka nicht zurückholen, Benny«, seufzte Finn, bevor er ihn wieder ansah. »Aber mein Gott, es ist bestimmt nicht das Schlechteste, wenn wir ein bisschen mit seinem Bruder abhängen.«
    Benjamin starrte auf die Platten des Gehwegs, die Fugen schienen ein Labyrinth zu bilden.
    »Komm einfach mal runter, Benny. Mir macht das Ganze auch zu schaffen.«
    »Wollen wir jetzt eine rauchen?«, wechselte er das Thema und hielt Finn die offene Schachtel hin.
    »Wir sind doch Freunde. Diese Sache wird uns nicht auseinanderbringen.« Finn legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte fest zu. »Klar sind wir das«, murmelte Benjamin.
    In den letzten Wochen hatte Benjamin sich leer gefühlt. Die

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