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Das Meer in deinen Augen

Das Meer in deinen Augen

Titel: Das Meer in deinen Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbt Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Worte schienen ihr rausgerutscht zu sein, ehe sie richtig darüber nachgedacht hatte. Jedenfalls erweckte sie den Eindruck, dass sie das Gesagte lieber wieder zurücknehmen wollte. Benjamin antwortete rasch, um ihr zuvorzukommen.
    » Frankie’s . Um drei. Da ist es immer ziemlich ruhig.« Das Frankie’s war ein verdammt schäbiger Laden. Ein kleines Bistro im amerikanischen Stil. Die Bänke dort hatten abgewetzte Lederpolster. Es lag an der Gewerbestraße, wo meistens nur Trucker hielten. Die Jugendlichen kannten es, weil direkt dahinter eine riesige Discothek war. Die vielen betrunkenen Partygäste fanden spät in der Nacht dorthin, wenn sie noch etwas essen wollten oder einen Kaffee brauchten, um wieder klarzukommen. Tagsüber war dort keine Menschenseele anzutreffen. »Ist okay«, gab sie nur zurück.
    »Gut, bis dann.« Er setzte den Helm auf und stieg auf den Sitz der Vespa. Ehe er den Motor startete, hielt er noch einen Moment inne. Es gab so viel zu sagen, was nicht bis morgen warten konnte. Doch sie starrte ihn nur an, die Arme vor der Brust verschränkt. Er musste sich gedulden.

19
    Die Uhr zeigte zwanzig Minuten vor drei. Viel zu früh war sie von zu Hause aufgebrochen. Jetzt sah sie abwechselnd das Ziffernblatt an, dann wieder hinaus auf den Parkplatz, als könnte Benjamin dort jeden Moment auftauchen. Die Beine hatte sie überkreuzt. Mit der Fußspitze tippte sie nervös auf den Schachbrettfliesen zu der leisen Musik. Warum hatte sie so darauf geachtet, dass ihre Frisur saß, und sich dreimal überlegt, welche Hose zu der weißen Bluse passte? Das hier sollte schließlich alles andere als ein Date werden. Nur ein ganz normales Treffen, das vielleicht einiges klären würde. Doch was gab es eigentlich zu sagen? Sie stapelte die Bierdeckel zu einem Kartenhaus, während sie sich einige Sätze zurechtlegte. Aber je länger sie im Kopf die Dialoge wiederholte, desto weniger Sinn ergaben sie. Als die Bierdeckel gerade wieder zusammenstürzten, gab sie auf, sich die Begegnung weiter auszumalen. Die Tür quietschte, als er eintrat. Auch er war zehn Minuten zu früh. Sie nestelte an den Manschetten der Bluse und setzte ein Gesicht auf, das sie für besonders gelassen hielt, merkte dabei jedoch, dass es ihr schlecht gelang.
    »Hi.« Er setzte sich ihr gegenüber auf die Bank.
    »Du bist früh hier.«
    »Du auch.« Ein schlechter Gesprächsbeginn. Es stand noch etwas zwischen ihnen. Wie eine Glaswand. Ein bisschen wie in den Besucherräumen von Gefängnissen. So stellte sie es sich zumindest vor.
    »Seit wann besuchst du deinen Großvater?«
    »Es gab da ’nen kleinen Zwischenfall bei mir.«
    »Hab ich schon gehört. Stand ja sogar in der Zeitung. Hat sich schnell rumgesprochen, dass Finn und du dabei wart.« Sie grinste herausfordernd.
    »Denk nicht, dass ich stolz darauf bin.«
    »Denk ich nicht.«
    »Na ja, du wolltest wissen, seit wann ich ständig bei meinem Opa bin. Mein Vater hat mich losgeschickt, ihm zu helfen. Seitdem kümmer ich mich um ihn. Zuerst als Strafe. Inzwischen mach ich’s freiwillig … Willst du was trinken?«
    Der Besitzer bediente heute alleine. Nur in der anderen Ecke des Bistros saß noch Kundschaft. Er schlurfte durch den Gang und würde gleich bei ihnen ankommen. Sie nickte.
    »Und? Was nehmt ihr?« Der Typ zog die Nase hoch.
    »Einen Kaffee für mich und für sie … auch einen.« Er hob zwei Finger.
    »Okay, also zwei«, knurrte der Mann.
    Hatte Benjamin ihren Blick verstanden oder einfach für sie entschieden?
    »Ist das hier ’nen Date?«, raunte der Besitzer, als er den Notizblock weggesteckt hatte, und kratzte sich am bärtigen Kinn.
    »Nein«, entgegnete Emma hastig und lächelte höflich.
    »Ist schon okay. Dachte mir nur. Weil hier sonst nicht so viele Paare in eurem Alter reinkommen.« Er roch nach Fritteusenfett. Sie nickten beide stumm und warteten, bis er wieder verschwunden war. Es dauerte einen halben Song im Radio, bis Benjamin wieder den Mund öffnete.
    »Keine Angst. Kein Date. Nur ein bisschen … reden und so.« Sie nickte, aber hörte sich gleich sagen:
    »Und? Über was reden wir?« Eine dämliche Frage. Es war klar, wie die Antwort lautete: Luka. Diesen Gedanken konnte sie aus seinem Gesicht ablesen. Trotzdem hob er die Schultern. Es war, als stünde das Problem genau zwischen ihnen wie ein Eisberg, den sie beide angestrengt zu umschiffen versuchten.
    »Ich weiß kaum was über dich, obwohl wir seit der Fünften in einer Klasse sind.« Sie war ihm dankbar

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