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Das Meer in Gold und Grau

Das Meer in Gold und Grau

Titel: Das Meer in Gold und Grau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Peters
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Elisabeths Codes ich so empfindlich verletzt haben konnte, dass sie solch einen Abgang hinlegte. Dauerregen konnte auch bei ausgeglichenen Menschen an den Nervensträngen sägen, dachte ich und versuchte, die Szene zu vergessen. Schließlich handelte es sich hier um ein Hotel und ins Fach wollen war Blödsinn, denn da war ich doch schon. Wer weiß, was hätte vermieden werden können, wenn ich nicht so begriffsstutzig gewesen wäre. Im Endeffekt vermutlich gar nichts, aber etwas früher schalten hätte ich schon können, mein zweitschlimmster Tag im Palau wäre dann vielleicht anders verlaufen.
    Â»Hätte, wäre, könnte … alles Quatsch!«
    Tantenzitate: unauslöschlich und allüberall. Sie wird mir nicht verloren gehen.
    Â 
    Â»Verehrteste Frau von Kroix, unsere liebe Frau Schuhmann sieht richtig schlecht aus in diesem Jahr!«, sagte Frau Oberstudienrätin i.R. Schmidt-Walther eines Nachmittags, als sie Ruth, Elisabeth und mich im Eingangsbereich antraf. Elisabeth
verzichtete auf eine Antwort, und Ruth verschränkte die Arme vor der Brust. Dessen ungeachtet redete die Schmidt-Walther, die bereits seit Jahren mit dem Vermerk Nervensäge schlimmster Sorte gebrandmarkt war, ungebremst weiter.
    Â»Ich habe den beiden werten Damen Palau etwas mitzuteilen«, sagte sie. »Ich möchte Ihnen nämlich ein Geschenk der besonderen Art machen.«
    Gespannt warteten wir auf weitere Ausführungen, wurden aber, falls wir mit Zuwendungen oder Stiftungsvermögen gerechnet hatten, enttäuscht. Eine Beauty-Woche für Senioren sollte es sein, und die Pensionärin, laut Karteikarte verwitwet, heimliche Gala -Leserin und Liebhaberin von »Edle Tropfen in Nuss«, war augenfällig stolz auf ihre, laut Selbstaussage, »reizende Idee« zum Jubiläum ihres zehnten Sommeraufenthalts im Palau.
    Â»Ich lade Sie beide ein«, jubelte sie, »fünf Tage Fango, Massage, Kulturprogramm, Anwendungen altersgerechter Naturkosmetikprodukte plus Champagner-Dinner inclusive!«
    Sie sah erwartungsvoll von einer zur anderen.
    Â»Da werden Sie mal so richtig schön ausspannen können!«
    Ich wäre bereits an dieser Stelle in Gelächter ausgebrochen, wenn ich nicht Ruths Augen zu Schlitzen hätte werden sehen.
    Â»Es gibt vier Alternativtermine«, fuhr die Schmidt-Walther fort, »wählen Sie!«
    Die Alte bemerkte zu spät, dass sie dabei war, eine Lunte zu zünden, und machte ungebremst weiter: »Königsfeld im Schwarzwald, Medical Wellnes für Best Ager, nur gutes Publikum und keine von diesen magersüchtigen Dingern, wie sie sonst überall herumhüpfen! Ich selbst kure dort jedes Jahr und fühle mich stets um ein gutes Dutzend an Jahren verjüngt, mindestens! Der Herr Professor Junot sagt immer
zu mir: C’est incroyable, madame, und ich muss selbst zugeben …«
    Ein fauchendes Geräusch ließ sie innehalten. Elisabeth wollte Ruth beiseitenehmen, aber es war bereits zu spät.
    Â»Es spricht ganz offensichtlich nichts für den Erfolg einer solchen Aktion«, sagte die Tante mit der Freundlichkeit einer Rasierklinge, »wo doch in Ihrem Fall auf der Hand, oder sagen wir lieber im Gesicht liegt, dass keine noch so altersgerechte Kosmetik sich wirksam genug gezeigt hat, Sie, werte Frau Schmidt, vom Aussehen eines senilen Bassets zu befreien, bien au contraire, madame!«
    Die Schmidt-Walther verfiel in Schockstarre, sämtliche Anwesenden hielten den Atem an, nur Ruth nicht. Sie drehte noch um einige Phon höher: »Vielleicht sollten Sie mal ein Lächeln versuchen, wenn meine Kolleginnen Ihnen den Müll aus dem Zimmer räumen, oder etwas freundlicher dreinschauen, wenn unser Koch Ihnen die zweifach bemängelten Frühstückseier zum dritten Mal serviert. Davon würde ich mir mehr Effekt für Ihr ramponiertes Antlitz versprechen als von der Tatsache, dass Sie sich freiwillig für teures Geld im Schwarzwald entwürdigen lassen und anderen mit ebenso dummen wie beleidigenden Vorschlägen auf die Nerven gehen!«
    Die Schmidt-Walther japste, röchelte etwas Unverständliches, schwang ihre nicht unbeträchtliche Körpermasse auf dem Absatz herum und eilte mit den mühsam hervorgestoßenen Worten »Rechnung per Post!« in Richtung ihres Zimmers.
    Â»Die sehen wir nie wieder«, sagte ich, und Elisabeth zischte Ruth zu, sie hätte nicht gleich so ausfallend werden

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