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Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Das Meer in seinen Augen (German Edition)

Titel: Das Meer in seinen Augen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L.B. Roth
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gewesen. Manchmal ging man ganz schön blind durch die Welt, dachte er.
    »Worüber denkst du nach?«, fragte David und sah ihn aufmerksam an.
    Merlin überlegte einen Moment. War das vielleicht eine Aufforderung, ein ernsthaftes Gespräch anzufangen? Merlin zögerte. Dann entschied er sich für die Wahrheit: »Mir ist gerade klar geworden, dass mir wahrscheinlich niemals aufgefallen wäre, wie schön es hier ist, wenn du nicht ...« Er stockte weil ihm auffiel, dass dies ja im Grunde schon der Auftakt für ein ernstes Gespräch sein konnte. Vielleicht war es doch nicht so klug, gleich jetzt auf die erstbeste Möglichkeit einzugehen?
    »Liegt wahrscheinlich daran, dass ich nicht viel Zeit mit Leuten verbringe«, sagte David. »Da kommt man über kurz oder lang mal auf die Idee, sich einfach hinzusetzen und die Umgebung zu checken.«
    Merlin nickte. »Die meisten würden wohl umkommen vor Langeweile, wenn sie sich nicht mit irgendwem treffen könnten, um sich zu besaufen oder was auch immer. Das ist doch auch irgendwie arm, oder?«
    »Trotzdem wäre ich froh, wenn ich das einfach so könnte.«
    »Kannst du«, sagte Merlin.
    David lächelte. »Na ja, da bleiben immer noch meine Eltern. Meine Mam ist gestern fast ausgerastet, nur weil sie den Alkohol gerochen hat.«
    »Ist nicht dein Ernst!« Merlin bemerkte, wie dämlich diese Aussage war und riss sich zusammen. »Also, sie ist echt so streng?«
    »Du hast sie doch mitbekommen beim Grillen. Alkohol ist nichts für Kinder.«
    Merlin war erschüttert. »Das ist echt krass.« Sie schwiegen einen Moment. Dann sagte er: »Meine Mutter sagt immer, dass ich das machen soll, wo ich gerade Lust drauf hab. Wenn ich mich betrinken will, soll ich das machen, solange ich keine dummen Sachen anstelle.«
    »Und Betrinken ist keine dumme Sache?«
    »Nein, sie meint das eher so, dass ich mir ein Taxi nehmen und nicht auf die Idee kommen soll, selbst zu fahren.« Merlin lachte. »Sowas eben.«
    »Aber sie hat nichts dagegen, wenn du Alkohol trinkst?«, fragte David ungläubig. »Meine Mutter dreht ja schon durch, wenn ich eine Praline mit Alkohol esse. Man könnte ja besoffen werden oder zumindest danach riechen, was dann wiederum anderen auffallen könnte.«
    »Ich glaube, deine Eltern sind echt schlimm, was?«
    »Meine Mutter«, korrigierte David.
    »Vielleicht solltest du sie mal fragen, ob es ihr lieber ist, dass du besoffen irgendwo auf der Straße liegst, nur weil du so nicht nach Hause kommen kannst.«
    David schwieg.
    »Ich meine, was soll das denn? Du bist fast achtzehn!« Merlin konnte es einfach nicht fassen, wie man sich so von seiner Mutter bestimmen lassen konnte. Noch schlimmer aber war der Gedanke, dass David sich kein bisschen dagegen zu wehren schien.
    »Ich bin ein Waschlappen, was?«, sagte David leise.
    Merlin wusste nicht, was er darauf sagen sollte. Die Wahrheit schien ihm irgendwie zu hart. Also rückte er ein wenig näher an David heran und legte den Arm um ihn. So saßen sie einen Moment, bis sich David wieder befreite.
    »Wird ein wenig zu warm«, sagte er und grinste.
    »Sorry.«
    »Nein«, beeilte sich David, »ich - ich mag das.«
    Merlin zögerte. »Aber du willst nicht, dass es jemand sieht.«
    David nickte kaum merklich.
    »Kein Problem«, sagte Merlin. Dann fragte er nach einer Weile: »Du hattest noch nichts mit einem Jungen, oder?«
    David schüttelte den Kopf.
    »Mit einem Mädchen?«
    »Nein.«
    »Ich hatte auch noch nie was mit nem Mädchen«, sagte Merlin. »Irgendwie stelle ich mir das langweilig vor.«
    »Also«, flüsterte David und schaute dabei weiter geradewegs auf seine Füße, »hast du schon - mit einem - Jungen?«
    Auf die Frage war Merlin absolut nicht vorbereitet. Plötzlich wusste er nicht mehr, was er sagen sollte. Offiziell hatte er noch keinen Sex gehabt. Wenn er David jetzt etwas anderes sagte, würde das seine Glaubwürdigkeit nicht gerade untermauern. Zumindest nicht, wenn seine Mutter oder Linda mit der vermeintlichen Wahrheit um die Ecke kamen. Trotzdem widerstrebte es ihm, David anzulügen. Nur, wenn er jetzt bestätigte, würde er irgendwann die ganze Story nachschicken müssen. Wollte er das? Konnte er David wirklich die ganze schmutzige Geschichte erzählen? Hey, der Junge war erzkonservativ erzogen. Das war sozusagen der Kaspar Hauser der Homosexuellen.
    »Was ist?«, fragte David schüchtern.
    »Ja«, gab sich Merlin einen Ruck. »Ja, ich hab schon.«
    »Und wie war - es?«
    »Schön.« Das war nicht mal gelogen, dachte

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