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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Maine
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kostbare Spiegel in die Wände eingearbeitet. In einigen Abtrennungen befanden sich auf große Scheiben, die im Tiffanny-Stil gearbeitet waren und im Zentrum stilisierte Segelschiffe zeigten.
     
    Im vorderen Teil des Raumes spielten Wallace Hartley und seine sechs Solisten den damals beliebten Ragtime. Doch es gab außer Jazz kaum eine Melodie, die diese vorzüglichen Musiker nicht auf Wunsch spielen konnten. Ich konnte sehen, wie einige Paare zu der Musik tanzten. Ich hatte gehört, dass einige von ihnen ihre Hochzeitsreise an Bord der Titanic machten.
     
    Damian saß allein an einem der Tische in einer Ecke. Sein Blick schien durch die Menschen hindurchzugehen. Er sah nur mich an. Und in diesem Blick lag eine fragende Aufforderung. Ich erinnerte mich an seine Bitte, ihm John Jacob Astor unbedingt vorzustellen. Wir hatten gerade den Rauchsalon betreten und suchten freie Plätze, damit „Johnny“ seine geliebte Havanna in Ruhe genießen konnte.
     
    „Was zum Teufel ...!“Entfuhr es Astor, als ich ihn sanft in die Richtung drängte, aus der Damian de Armand erwartungsvoll zu mir hinüber blickte und mit den Augen zu winken schien.
     
    „Ich habe zwei freie Plätze entdeckt!“ Mein Blick zeigte dem Dollar-Gewaltigen die Richtung. „Dort am Tisch bei dem Gentleman, der eben zu uns herüber blickt.“
     
    „Kenne ich nicht!“, knurrte Astor leicht grob. „Ich hoffte eigentlich, Ismay hier zu finden. Habe gehört, dass es der White-Star-Linie finanziell nicht besonders gut geht. Sie haben sich beim Bau der Titanic mächtig übernommen. Vielleicht lässt sich daraus ein Geschäft machen, indem ich mir heimlich den Hauptanteil der White-Star-Aktien sichern lasse. Dann ist die Titanic mein Schiff und ich werfe ihn aus seiner Suite raus. Die ist nämlich größer als die Räume, die man uns zugewiesen hat!“
     
    „Aber dieser Herr möchte ebenfalls geschäftlich mit Ihnen reden, Mr. Astor.“ drängte ich. „Er hat es mir jedenfalls gesagt.“ Ich schlug die Augen nieder, als ich Astors Blick verspürte. Nun hatte ich verraten, dass ich bereits die Bekanntschaft mit einem Gentleman der Oberschicht gemacht hatte.
     
    „Wer hat Ihnen was gesagt?“ J.J. Astor wurde steif und unnahbar.
     
    „Es ist der Marquis Damian de Armand.“ brachte ich hervor.
     
    „Nie gehört. Wer ist das?“ Astor zog die Brauen hoch.
     
    „Ein ... ein französischer Adliger!“, sagte ich unsicher.
     
    „Hat er Geld?“ Astor war nun der eiskalte Geschäftsmann.
     
    „Ich ... ich weiß nicht ...“ Was sollte ich denn anderes sagen.
     
    „Und sie kennen diesen ... diesen Marquis?“ Mein Dienstherr sah mich streng an.
     
    „Wir lernten uns beim Betreten des Schiffes kurz kennen ...“ gestand ich.
     
    „Ach was?“ Astor blieb reserviert.
    „ ... und wir redeten einige Worte miteinander, weil wir doch Landsleute sind.“ Etwas Besseres fiel mir als Entschuldigung nicht ein. Doch bevor Astor mich weiter verhören konnte, änderte sich die Situation.
     
    Es war, als ob ein dunkler Schatten über uns fiel, als sich Damian de Armand erhob und zu uns trat.
     
    „Mister John Jacob Astor, wie ich annehme!“, sagte er mit einer leichten Verbeugung in englischer Sprache..
     
    „Ihre Annahme ist richtig, Monsieur. Ich darf Sie doch Monsieur nennen. Denn die Dame an meiner Seite, die bereits Ihre Bekanntschaft gemacht hat, sagte mir, dass sie Franzose sind.“
     
    „Franzose.“ Damians Stimme klang sinnend. „Ja, ich spreche diese Sprache und hier und jetzt bin ich Franzose. Doch eigentlich bin ich Weltbürger. Ein Mensch unter Menschen, vor dem alle Staaten und Nationalitäten gleich sind.“
     
    „Sie sind nicht zufällig dieser verrückte Schriftsteller William Stead, der sich an Bord befinden soll?“ Astors Stimme klang höhnisch. William Stead gehörte zu den Intellektuellen der damaligen Zeit, die in ihren Schriften und Vorträgen die klassenlose Gesellschaft und die Bruderschaft aller Menschen propagierte.
     
    William Stead behauptete stets, dass seine Werke ihm von den Geistern der Toten diktiert würden. Später las ich eins seiner Bücher, in dem er Jahre zuvor im Wesentlichen den Untergang der Titanic vorausgesehen hat. Doch diese prophetische Voraus-Ahnung bewahrten ihn nicht vor seinem Schicksal. Die Titanic wurde William Steads Grab.
     
    „Damian, Marquis de Armand. Zu Ihren Diensten, Colonel Astor.“ gab Damian anstelle einer Antwort mit einer leichten Verbeugung zurück. „Wollen wir uns

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