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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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und Mike war nun endgültig davon
überzeugt, daß ihrer aller Tod bevorstand. Sie waren zu schnell.
Und das Schiff war einfach zu groß, um es wie ein kleines
Motorboot herumzuwerfen und dem Hindernis auszuweichen.
Sie mußten unweigerlich gegen den Kreuzer prallen und daran
zerschellen.
Aber irgendwie schaffte es Trautman. Weder Mike noch Ben
– und wahrscheinlich nicht einmal Trautman selbst
– hätten
hinterher sagen können, wie es ihm gelungen war, aber der
tödliche Zusammenstoß blieb aus. Die NAUTILUS wurde
langsamer. Der Bug tauchte tief in die schäumende See ein und
schwenkte dabei wieder herum, und schließlich kam das Schiff
zur Ruhe – keine zwanzig Meter vor dem Kreuzer entfernt und
jetzt parallel zu ihm liegend, so daß der Bug mit dem Rammsporn wieder auf das offene Meer hinauswies. Ihre Lage kam
Mike wie eine böse Ironie des Schicksals vor. Die Freiheit lag
in Fahrtrichtung vor ihnen, nur wenige hundert Meter und
einige Minuten entfernt, aber ebensogut hätten sie sich auch im
Zentrum der britischen Kriegsflotte befinden können. Der
Kreuzer hatte sämtliche Geschütze auf die NAUTILUS gerichtet, und Mike war sicher, daß sie das Feuer eröffnen würden,
wenn sich das Schiff auch nur rührte. Und aus dieser geringen
Distanz konnten sie gar nicht danebenschießen.
»Moment mal«, sagte Ben plötzlich. »Das... das gibt es doch
nicht!« »Was?« fragte Mike.
Ben begann plötzlich mit beiden Händen zu gestikulieren.
»Bist du denn blind?« rief er. »Siehst du das etwa nicht? Das ist
ein deutsches Schiff!«
Mikes Augen weiteten sich ungläubig, während sein Blick
über die Flanke des gewaltigen Schiffes glitt, das neben ihnen
lag. Er starrte die Flagge mit dem weißen Balkenkreuz auf
schwarzem Grund an, und dann die Uniformen der Matrosen,
die hinter den Geschützen oder mit angelegten Gewehren an der
Reling standen, und er wußte, daß Ben recht hatte – aber er
weigerte sich für einen Augenblick einfach noch, es zu glauben.
»Das... das darf doch nicht wahr sein!« jammerte Ben.
»Vermutlich gibt es in der ganzen deutschen Flotte nur einen
Kapitän, der wahnsinnig genug ist, direkt die englische Küste
anzulaufen, und wir laufen ausgerechnet ihm in die Arme. «
Plötzlich wurde er noch blasser, als er ohnehin schon war. Mit
einer entsetzten Bewegung fuhr er zu Trautman herum. »Fahren
Sie los!« keuchte er. »Mein Gott, Trautman, wissen Sie, was
passiert, wenn die GRISSOM hier auftaucht?! Sie... sie werden
auf der Stelle übereinander herfallen, und wir sind mitten
zwischen ihnen! Wir werden in Stücke geschossen!«
Trautman sah ihn nur traurig an. Sein Gesicht war grau
geworden, und plötzlich sah er unendlich müde und alt aus. Er
rührte sich nicht, und er rührte auch das Ruder nicht an. Es wäre
auch zu spät gewesen.
Die HMS GRISSOM und das Schnellboot tauchten hinter
dem Felsen auf. Mike hielt den Atem an. Nichts geschah.
Weder das deutsche Schiff noch die GRISSOM eröffnete das
Feuer. Der Zerstörer kam langsam näher, begleitet von dem
kleinen Kanonenboot, das sich nun wieder aus seinem
Windschatten löste und direkt auf die NAUTILUS zufuhr.
Sämtliche Geschütze der GRISSOM waren auf die NAUTILUS
gerichtet. Auf die NAUTILUS – nicht etwa auf das deutsche
Schiff. Und auch dessen Kanonen blieben weiter auf sie
gerichtet, statt auf den Erzfeind einzuschwenken, wie Ben und
Mike eigentlich erwartet hatten. Nicht einmal die Soldaten, die
hinter der Reling des Kreuzers standen, bewegten sich.
»He!« murmelte Mike. »Da... da stimmt doch was nicht!«
Trautman schwieg noch immer. Aber auf seinem Gesicht war
ein ungläubiger Ausdruck erschienen. Wortlos sahen sie zu, wie
sich das Schnellboot näherte, die NAUTILUS einmal umkreiste
und dann ganz in der Nähe des Turmes zur Ruhe kam. In
seinem Bug erschien eine hochgewachsene, in eine dunkelblaue
Marineuniform gekleidete Gestalt, die ein Megaphon in den
Händen hielt.
»Ahoi, Kapitän Trautman
– oder wie immer Sie heißen
mögen!« rief er. »Gestatten Sie, daß ich an Bord komme?«
Während die Besatzung des Schnellbootes eine Planke
herbeischaffte, über die Stanley trockenen Fußes auf das tiefer
gelegene Deck der NAUTILUS gelangen konnte, öffnete
Trautman die Turmluke und kletterte als erster ins Freie – sehr
langsam und mit erhobenen Händen, was Mike im allerersten
Moment ein wenig dramatisch vorkam. Aber als er ihm nach
einigen Augenblicken folgte und einen Blick zur Reling des
Zerstörers emporwarf, da empfand

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