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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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er Trautmans Vorsicht als
gar nicht mehr so übertrieben. Zum ersten Mal sah er, wie viele
Gewehre sich auf die NAUTILUS gerichtet hatten – er zählte
sie nicht, aber es mußten weit über hundert sein. Und obwohl
die Soldaten mit sprichwörtlich preußischer Disziplin dastanden
und sich nicht rührten, konnte er ihre Nervosität regelrecht
fühlen. Die Situation hatte etwas von der Lage eines Mannes an
sich, der mit beiden Füßen in einer Schüssel voller Benzin steht
und eine brennende Zigarette in der Hand hält. Ein winziger
Fehler, vielleicht nur eine unbedachte Bewegung, und ihnen
würde keine Zeit mehr bleiben, sie zu bereuen.
Nach und nach kamen auch die anderen an Deck – Ben, Juan,
Chris, Singh und schließlich als letzte Serena, dicht gefolgt von
Astaroth und Isis, der kleinen schwarzweißen Katze, die sie von
ihrem Abenteuer auf dem Meeresgrund mitgebracht hatten.
Niemand sprach. Selbst Astaroth, der normalerweise keine Gelegenheit ausließ, eine gehässige Bemerkung anzubringen,
schwieg jetzt. Alle blickten Stanley mit steinernem Gesicht
entgegen.
Die Soldaten hatten den provisorischen Laufsteg mittlerweile
befestigt. Ein halbes Dutzend mit Gewehren bewaffneter
Männer war auf das Deck der NAUTILUS heruntergekommen
und hatte im Halbkreis rings um sie herum Aufstellung
genommen, aber Stanley selbst zögerte sonderbarerweise noch,
das Schnellboot zu verlassen. Sein Blick irrte immer wieder
zwischen der NAUTILUS und dem deutschen Kreuzer hin und
her, als warte er auf etwas oder jemanden. Und er mußte auch
nicht mehr lange warten. Nach kaum einer Minute durchdrang
das Geräusch eines Motors die fast unheimliche Stille, die sich
über dem Tauchboot ausgebreitet hatte, und dann kurvte eine
kleine Barkasse um den Kreuzer herum und hielt unmittelbar
neben Stanleys Schnellboot an. Mike beobachtete mit
wachsender Verblüffung, wie ein halbes Dutzend deutscher
Soldaten auf das Kanonenboot übersetzte und sich von dort aus
zu ihren englischen Kollegen gesellte. Als letzter setzte ein
hochgewachsener, bärtiger Mann in der Uniform eines Kapitäns
zu Stanley über. Die beiden tauschten einige knappe Worte und
betraten dann gemeinsam die NAUTILUS. »Was um alles in
der Welt bedeutet das?« murmelte Ben fassungslos. »Was hat er
mit diesem Deutschen zu tun?«
Trautman gebot ihm mit einer raschen Geste, zu schweigen.
Er blickte den beiden Offizieren gebannt entgegen. Sie kamen
nebeneinander näher, fast im Gleichschritt, und obwohl sie sich
so unähnlich waren, wie es nur ging – Stanley eine schlanke,
drahtige Erscheinung mit dem typischen Aussehen und
Gehaben eines britischen Gentleman, der Deutsche ein wahrer
Koloß, gut einen Kopf größer als Stanley und mit einem
Gesicht, auf dem ein Lachen einfach unvorstellbar erschien,
strahlten sie doch beide dieselbe Art von Autorität und
Kompetenz aus. Nur etwas, auf das Mike wartete, fehlte:
Zwischen den Männern war nicht die mindeste Feindschaft.
Mike wiederholte in Gedanken die Frage, die Ben gerade
gestellt hatte: Was um alles in der Welt ging hier vor?
    Stanley und sein riesenhafter Begleiter kamen heran und
blieben in zwei Schritten Abstand stehen. Stanley salutierte
spöttisch, während der Deutsche Mike und die anderen nur
aufmerksam und aus mißtrauisch funkelnden Augen ansah.
»Kapitän Trautman«, begann Stanley, nachdem Trautman
seinen Gruß mit einem angedeuteten Kopfnicken erwidert hatte.
»Ich sagte doch, daß ich darauf bestehe, Sie und Ihre
Enkelkinder zum Dinner auf mein Schiff mitzunehmen. Wußten
Sie nicht, daß man die Einladung eines britischen Offiziers nicht
ausschlägt?«
    »Ihr Humor ist unangebracht«, sagte Trautman. Er deutete auf
die Soldaten, die mit angelegten Gewehren einen Halbkreis um
sie bildeten, und dann auf den Deutschen. »Was geht hier vor?
Haben wir etwas verpaßt? Ist der Krieg beendet?«
    »Zumindest für Sie – ja«, antwortete Stanley, noch immer in
freundlichem Ton, aber jetzt nicht mehr lächelnd. »Aber bitte
verzeihen Sie meine Unhöflichkeit. Darf ich vorstellen:
Kapitänleutnant Brockmann, kommandierender Offizier des
kaiserlichen Zerstörers HALLSTADT. Die GRISSOM kennen
Sie ja bereits. Wo ist der Rest Ihrer Besatzung, wenn ich fragen
darf?« »Wir sind vollzählig versammelt«, antwortete Trautman.
    »Sie lügen«, behauptete Brockmann. »Das sind doch nur ein
paar Kinder. «
Trautman zuckte gleichmütig mit den Schultern. »Wenn Sie
sich selbst davon überzeugen wollen, bitte schön«, sagte

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