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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ihre Tiefe hielten – oder vielleicht
sogar ein wenig aufstiegen
–, würden die Zünder nicht
reagieren. Aber es war nur eine Theorie. Diesmal, so schien es,
hatten sie die Möglichkeiten der NAUTILUS überschätzt. Mike
las es auf Trautmans Gesicht, noch ehe er die Worte aussprach.
»Sinnlos«, flüsterte Trautman niedergeschlagen. »Wir sinken
weiter. Nicht mehr ganz so schnell, aber noch immer schnell
genug. Wir haben allerhöchstens eine Minute gewonnen. «
Mike unterdrückte ein enttäuschtes Stöhnen. Er sah nach
draußen und versuchte den Meeresboden zu erkennen, aber
unter ihnen war nichts als Schwärze. Plötzlich sog Stanley
scharf die Luft ein. »Die Torpedos!« sagte er.
Trautman blickte auf. »Was soll damit sein?« »Sie
funktionieren doch noch, oder?« Trautman nickte. »Sicher!
Aber was soll's? Soll ich die LEOPOLD torpedieren? Dann
fliegen wir mit in die Luft. «
»Sie funktionieren nach demselben Prinzip wie unsere
Torpedorohre, oder?« fragte Stanley. Trautman nickte abermals,
und der Kapitän fuhr in aufgeregtem Tonfall fort: »Sie werden
mit Preßluft abgefeuert! Verstehen Sie nicht? Schießen Sie mit
leeren Rohren! Vielleicht reicht der Rückstoß, um uns
loszureißen!«
Eine Sekunde lang starrte Trautman den Engländer verblüfft
an, dann fuhr er herum. »Schnell! Rohr eins und zwei mit
Preßluft fluten! Sofort feuern!«
Juans Hände hämmerten mit solcher Wucht auf die Schalter
herunter, als wollte er sie zerbrechen. Ein scharfes Zischen
erklang, und schon wenige Sekunden später erzitterte die
gesamte NAUTILUS. Ein Schwall silberner Luftblasen
sprudelte am Fenster vorüber, und Mike konnte spüren, wie sich
das Schiff ein Stück rückwärts bewegte. Sein Aufatmen wurde
von einem schrecklichen Kreischen und Schrillen beendet, mit
dem das Schiff wieder zur Ruhe kam, aber Trautman schrie
sofort: »Juan! Noch einmal!«
Juan gehorchte. Es dauerte einige Sekunden, bis sie die
Torpedorohre wieder mit Preßluft gefüllt hatten, die
normalerweise dazu diente, die tödlichen Geschosse abzufeuern,
dann erzitterte die NAUTILUS ein zweites Mal, und wieder
verschwand das Meer auf der anderen Seite des Fensters hinter
einem silbernen Vorhang aus Perlen.
Als er auseinandertrieb, konnte Mike den Meeresgrund sehen.
Die schwarze Mondlandschaft aus kahlem Fels und
sprudelndem Wasser schien regelrecht zu ihnen
heraufzuspringen. Es konnte jetzt nur noch wenige Augenblicke
dauern, bis sie aufschlugen. Aber er sah auch noch etwas. Nur
ein kleines Stück unter den beiden ineinander verkeilten
Schiffen brach der Meeresboden jäh ab und ging in einen
abgrundtiefen, schwarzen Schlund über. Der Kanal, den sie bei
ihrem ersten Tauchgang entdeckt hatten. Und auch wenn die
Kraft der NAUTILUS nicht reichte, den Sturz des gewaltigen
Kriegsschiffes aufzuhalten, so reichte sie doch aus, seinen Kurs
zu ändern. Mike begriff ganz plötzlich, daß sie nicht auf dem
Meeresgrund aufschlagen würden – sie bewegten sich direkt auf
den Abgrund zu!
Serena trat neben ihn und ergriff seine Hand. Mike umklammerte ihre Finger so fest, daß es ihr weh tun mußte, aber
Serena lächelte nur.
»Noch einmal!« sagte Trautman. »Wir schaffen es. Ich kann
es fühlen. Wir kommen frei, Juan!«
Alles schien gleichzeitig zu geschehen. Die Torpedorohre der
NAUTILUS entluden sich ein drittes Mal, und den Bruchteil
einer Sekunde, bevor der sprudelnde Luftstrom die LEOPOLD
ihren Blicken entzog, konnte Mike sehen, wie die NAUTILUS
regelrecht aus dem Loch herauskatapultiert wurde, in dem sie
bisher gefangen gewesen war. Das Schiff machte einen regelrechten Satz nach hinten und war frei.
Und die LEOPOLD explodierte.
Es war, als wäre tausend Meter unter dem Meer eine zweite,
gleißend helle Sonne aufgegangen. Ein unvorstellbar greller
Blitz löschte die ewige Dunkelheit vor dem Fenster aus. Mike
schrie auf und schlug schützend die Hände vor die Augen. Fast
im selben Moment traf ein ungeheuerlicher Schlag die
NAUTILUS, der sie alle von den Füßen fegte.
Das Schiff überschlug sich. Der Boden wurde plötzlich zur
Decke und umgekehrt, aber noch bevor sie stürzen und sich
dabei verletzen konnten, richtete sich die NAUTILUS wieder
auf und kippte dann auf die Seite. Der Meeresgrund vor dem
Fenster machte einen Salto, sprang ihnen entgegen – und war
verschwunden. Plötzlich war unter ihnen nichts mehr.
Das letzte, was Mike von der LEOPOLD sah, war ein Regen
aus brennenden, rotglühenden Metalltrümmern, der in
kilometerweitem Umkreis auf

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