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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schon tun? Ein alter Mann und
eine Handvoll Kinder!« Tatsächlich schien Stanley einen
Moment ernsthaft über diesen Vorschlag nachzudenken. Aber
bevor er antworten konnte, fragte Brockmann: »Von welchem
Schiff haben Sie gerade gesprochen? Die LEOPOLD?« »Ich
sehe, der Name sagt Ihnen etwas«, erwiderte Trautman. »Ja. Es
war Kapitän Winterfeld, der dies alles getan hat. Nicht wir. Ich
kann es beweisen. « Brockmann schwieg, aber Stanley wirkte
plötzlich noch nachdenklicher, als er sich an seinen deutschen
Offizierskollegen wandte. »Verzeihen Sie mir meine Neugier,
Herr Kapitänleutnant – aber könnte es sein, daß es da etwas
gibt, was ich wissen sollte?« »Nein«, antwortete Brockmann. Er
war vielleicht ein tadelloser Offizier, dachte Mike, aber kein
besonders überzeugender Lügner. Trotzdem fuhr er fort: »Ein
Bluff, mehr nicht. Es gab da einen... Zwischenfall, vor einem
Jahr, das ist richtig. Aber ein deutscher Offizier würde so etwas
nie tun. Dafür lege ich meine Hand ins Feuer. «
»Eine Hand wird kaum reichen«, sagte Ben. »Wir haben
gesehen, wozu Winterfeld in der Lage ist. « Er deutete rasch
hintereinander auf die GRISSOM und die HALLSTADT. »Die
LEOPOLD ist ein Schlachtschiff, Herr Brockmann. Können Sie
sich vorstellen, was sie mit Ihren beiden Schiffen macht, wenn
Sie wirklich das Pech haben, sie zu finden?«
Brockmann schwieg. Sein Gesicht blieb unbewegt, aber die
Jungen konnten regelrecht sehen, wie es hinter seiner Stirn
arbeitete. Aber schließlich schüttelte er wieder den Kopf.
»Nein«, sagte er. »Das ist absurd. « »Immerhin«, schlug Stanley
vor, »könnten wir die Suche noch eine Weile fortsetzen. Wir
bringen sie auf Ihr Schiff und lassen eine Mannschaft auf der
NAUTILUS zurück. Die GRISSOM könnte dem ursprünglichen
Plan folgen und sich vor der Hafeneinfahrt auf die Lauer legen.
Was haben wir schon zu verlieren?« »Meine Befehle lauten
anders«, sagte Brockmann stur. Ben lachte ganz leise. »Paßt
auf«, sagte er, »jetzt fangen sie gleich doch an, sich gegenseitig
die Köpfe einzuschlagen. Ich wette, die beiden überlegen schon
angestrengt, wie sie sich die NAUTILUS jeweils allein unter
den Nagel reißen können. «
Er hatte laut genug gesprochen, damit Brockmann und Stanley
seine Worte verstehen konnten. Brockmann musterte ihn nur
kühl, während Stanley zu Mikes Überraschung plötzlich nickte.
»Das könnte in der Tat ein Problem werden«, sagte er. »Aber
ich denke, wir finden auch dafür eine Lösung. Sobald wir die
NAUTILUS in einen Hafen geschleppt und sie alle den Behörden übergeben haben, heißt das. « Er machte eine unwillige,
befehlende Geste. »Abführen!«
Sie wurden an Bord des deutschen Kreuzers gebracht, und
obwohl man sie mit ausgemachter Höflichkeit behandelte,
wurden sie gründlich nach Waffen durchsucht und einzeln
eingesperrt, jeder für sich in eine winzige, vollkommen leere
Kabine, in der es nicht einmal einen Stuhl gab, sondern nur ein
Bett und einen am Boden verschraubten Tisch. Die Tür hatte
innen keine Klinke, und das runde Fenster war sorgsam mit
einer Sperrholzplatte verschlossen. Das Licht kam aus einer
nackten Glühbirne, die unter einem ziemlich stabil aussehenden
Drahtgitter unter der Decke angebracht war. Im Vorbeigehen
hatte Mike bemerkt, daß die Unterkünfte der anderen auch nicht
anders aussahen. Offensichtlich war das Schiff dafür vorbereitet
gewesen, Gefangene aufzunehmen. Leider hatten sie nur die
Falschen erwischt. Mike hätte vor Enttäuschung und Wut
heulen können. Er machte sich nicht einmal besonders große
Sorgen wegen der Anschuldigungen, die Stanley vorgebracht
hatte. Sie waren einfach lächerlich – wenn man ihnen nur die
Gelegenheit dazu gab, würden sie beweisen können, daß sie
nichts mit den Überfällen auf Schiffe und Häfen zu tun hatten.
Spätestens wenn die LEOPOLD das nächste Mal zuschlug,
würde selbst Brockmann eingestehen müssen, daß sie das
falsche Wild erlegt hatten. Aber das bedeutete auch, daß
Winterfeld weiter ungestört sein Unwesen treiben und weitere
Verbrechen begehen konnte. Und daß weitere Menschen sterben
würden.
Aber das war längst nicht alles. Mike hatte den Gedanken
zwar bisher erfolgreich verdrängt, doch nun, als er allein mit
sich und seinen düsteren Grübeleien war und mißmutig auf der
harten Pritsche hockte, kam er wieder, und diesmal gelang es
ihm nicht mehr, die Augen davor zu verschließen: Sie würden
die NAUTILUS verlieren. Selbst wenn sie ihre

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