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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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antwortete
Mike. »Außerdem ist Winterfeld nicht wirklich unser Feind. «
Serena machte große Augen. »Nach allem, was er getan hat?«
»Ich weiß, es klingt verrückt«, antwortete Mike, »aber er ist
trotzdem nicht unser Feind. Er ist von dem überzeugt, was er
tut, und er tut es nicht, um uns zu quälen oder uns Schaden
zuzufügen. Das macht es nicht besser«, fügte er hastig hinzu, als
er Serenas Blick bemerkte. »Im Gegenteil. « »Wieso?«
»Weil es viel leichter ist, jemanden zu bekämpfen, den man
haßt«, sagte Mike. »Aber das kann ich nicht. Winterfeld hat
versprochen, uns gehen zu lassen, und ich bin sicher, daß er sein
Wort hält. Er ist von dem überzeugt, was er tut, und gerade das
macht ihn so gefährlich. «
»Ich glaube nicht, daß ich das verstehe«, sagte Serena. »Ihr
seid sonderbar. Manchmal kommt ihr mir so wild und
barbarisch vor, daß ich beinahe Angst vor euch bekomme. Und
dann wieder seid ihr so kompliziert... « Mike lächelte matt. Es
waren Momente wie diese, die ihn immer wieder daran
erinnerten, daß Serena nur so aussah wie ein ganz normales
dreizehn- oder vierzehnjähriges Mädchen. Aber das war sie
eben nicht. Sie stammte aus einer Welt, die mit der, in der Mike
und die anderen geboren und aufgewachsen waren, nicht viel
gemein hatte.
»Was verstehst du nicht?« fragte er. »Alles«, sagte Serena. Sie
klang ein bißchen hilflos. »Zum Beispiel diese... diese Freundschaft. Du hast diesen Paul doch länger als ein Jahr nicht
gesehen, und trotzdem trauerst du um ihn wie um einen Bruder.
«
»Das spielt überhaupt keine Rolle«, antwortete Mike. »Weißt
du, eine richtige Freundschaft hält ein Leben lang. Und man
kann sich auch fast ein Leben lang nicht sehen, ohne daß es
etwas daran ändern würde. Hast du denn gar keine Freunde
gehabt?« »In Atlantis?« Serena schüttelte den Kopf. »Ich war
eine Prinzessin«, erinnerte sie ihn, und es klang ein wenig, als
hätte Mikes Frage sie beleidigt. »Alle haben mich verehrt, aber
niemand hätte es gewagt, mich als seine Freundin zu behandeln.
«
»Dann hast du vielleicht das Wichtigste, was es im Leben
eines Menschen gibt, niemals kennengelernt«, sagte Mike ernst.
»Was?« fragte Serena. »Um einen Menschen trauern zu
müssen, wie du jetzt? Was ist daran so wichtig? Dir bricht
beinahe das Herz. « »Aber auch das gehört dazu«, antwortete
Mike. »Wenn es so ist, dann bin ich froh, daß ich nie Freunde
hatte«, sagte Serena.
Im ersten Moment erschreckten diese Worte Mike
– aber
plötzlich lächelte er. »Aber die hast du doch längst«, sagte er.
»So?« Serena klang ehrlich verblüfft. »Wie meinst du das?«
»Was ist mit Astaroth?« fragte Mike. »Und Trautman und
Singh und Chris und Juan – und selbst Ben? Wir sind doch
deine Freunde. Und das werden wir auch immer bleiben, ganz
egal, was passiert. « »Das ist... etwas anderes«, behauptete
Serena. »Du hast gesagt, daß Freunde –«
»– zum Beispiel füreinander einstehen«, unterbrach sie Mike.
»Hast du das etwa nicht getan? Was war auf der Insel der
Dinosaurier? Warst du etwa nicht bereit, dein eigenes Leben zu
opfern, um uns zu retten?*«
Serena schwieg verwirrt. Aber nach einigen Sekunden sagte
sie wieder: »Das war etwas anderes. «
»Das war es nicht«, antwortete Mike. »Aber auch das wirst du
noch einmal verstehen. «
Sie sprachen nicht weiter, sondern saßen einfach in vertrautem
Schweigen nebeneinander da, und was Mike vorhin schon
einmal gespürt hatte, das empfand er jetzt erneut und noch viel
intensiver: Es linderte den Schmerz nicht, wenn jemand da war,
der ihn teilte. Aber es machte es leichter, ihn zu ertragen. Sehr
viel leichter sogar.
Die Zeit strich träge dahin. Die ersten beiden Tage ihrer
Gefangenschaft brachten sie fast ununterbrochen zusammen zu,
und natürlich diskutierten sie immer wieder über Winterfelds
geheimnisvollen Plan. Aber schließlich kamen sie wieder
darauf, was Trautman eigentlich schon am ersten Tag auf den
Punkt gebracht hatte: Sie konnten nichts gegen Winterfeld
unternehmen, solange sie nicht wußten, was er vorhatte. Erst am
vierten und somit
– Winterfelds eigenen Worten zufolge

letzten Tag ihrer Reise wurden sie das erste Mal wieder an Deck
gelassen. Es war sehr kalt. Sie waren ununterbrochen nach Norden gefahren, und da die LEOPOLD auch ein sehr schnelles
Schiff war, hatten sie in dieser Zeit ein
gehöriges Stück Weg zurückgelegt. Brockmann hatte gemeint,
daß sie sich allmählich dem Polarkreis nähern

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