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Das Meeresfeuer

Das Meeresfeuer

Titel: Das Meeresfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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verschlafenes Nest, Stanley. Haben Sie wirklich gedacht,
wir wüßten nicht, daß in den umliegenden Bergen eines der
größten Munitionslager an diesem Küstenabschnitt verborgen
ist?« »Stimmt das?« fragte Trautman. Stanley nickte
widerwillig. »Ja«, sagte er. »Aber selbst wenn – was heißt das
schon? Was glauben Sie, hat er vor? Er muß zigtausend Tonnen
Sprengstoff erbeutet haben, aber was nutzt ihm das schon?«
»Das wissen wir noch nicht«, antwortete Trautman. »Aber ich
schätze, wir sind auf der richtigen Spur. « Er blickte einige
Sekunden lang nachdenklich zu Boden. »Sind Ihnen die Karten
in seiner Kabine aufgefallen und all diese Berechnungen und
Tabellen?« Stanley nickte. »Sicher. Und?«
»Sie gefallen mir nicht«, sagte Trautman. »Ich könnte nicht
sagen, wieso, aber etwas daran macht mir angst. Das Ganze ergibt einen Sinn – ich weiß nur noch nicht, welchen. «
»Wir brauchen Astaroth«, sagte Ben. »Wen?« fragte Stanley.
»Astaroth«, sagte Ben noch einmal. »Unseren Bordkater. «
Stanleys Augen wurden groß. »Den... Kater?« fragte er. »Bist
du jetzt auch noch verrückt geworden?« Ben setzte zu einer
Antwort an, aber er fing im letzten Moment einen warnenden
Blick Trautmans auf und schluckte hinunter, was er Stanley
wohl gerade über Astaroth hatte erzählen wollen. Und das ist
auch gut so, dachte Mike. Ganz abgesehen davon, daß Stanley
ihnen sowieso nicht geglaubt hätte, war es vielleicht

Waffenstillstand hin oder her
– ganz gut, wenn Stanley und
Brockmann nicht alles wußten. »Das Tier ist ganz allein an
Bord der NAUTILUS«, sagte Trautman. »Niemand kümmert
sich im Moment darum. Ben sorgt sich wohl nur um ihn. «
Stanley blickte ihn an, als zweifle er an seinem Verstand – was
er im Moment wohl auch tat –, sagte aber nichts mehr, sondern
schüttelte nur ein paarmal den Kopf.
»Also, noch einmal zurück zu Winterfeld«, fuhr Trautman
fort. »Wir wissen, daß er über einen gewaltigen Vorrat an
Sprengstoff verfügt und daß seine Kabine voll ist mit Seekarten
und mathematischen Berechnungen. Was könnte das
bedeuten?«
»Was wohl?« fragte Stanley spöttisch. »Vielleicht will er ja
den Nordpol sprengen. «
Die Worte waren als Scherz gemeint, aber niemand lachte.
Brockmann sah ihn eine Sekunde lang eindeutig erschrocken
an, und Stanleys Lächeln gefror zu einer Grimasse.
»Den Pol vielleicht nicht, aber irgend etwas anderes«, sagte
Trautman in das unbehagliche Schweigen hinein. »Aber was?
Wir fahren tatsächlich nach Norden, nicht wahr? Was gäbe es
dort, was Einfluß auf den Verlauf des gesamten Krieges hätte,
wenn man es zerstört?« »Nichts«, sagte Stanley. »Rein gar
nichts, glauben Sie mir. Wir können überlegen bis zum Sankt
Nimmerleinstag – die Antwort ist immer dieselbe: Winterfeld
ist verrückt geworden. «
»Ich wollte, ich könnte Ihnen glauben«, seufzte Trautman.
»Aber irgend etwas sagt mir, daß es nicht so einfach ist. «
Mike hörte nicht mehr hin. Das Gespräch begann sich im
Kreise zu drehen, und das würde es auch noch eine geraume
Weile weiter tun, denn sie versuchten etwas im Grunde
Unmögliches: Antworten zu finden auf Fragen, die sie noch
nicht kannten. Das Interesse, das für kurze Zeit in ihm
aufgeflammt war, war wohl nur so
etwas wie ein Strohhalm
gewesen, an den sein Verstand sich klammerte, um sich nicht
dem gewaltigen Schmerz stellen zu müssen, der wie ein
Abgrund unter seinen Gedanken lauerte. Er fühlte sich wie
erschlagen, so leer, als wäre mit Paul tatsächlich ein Stück von
ihm gestorben. Nach einer Weile stand er auf und setzte sich auf
die Kante des am weitesten von den anderen entfernten Bettes.
Er wollte allein sein. Trotzdem verspürte er ein Gefühl von
Dankbarkeit, als Serena nach einiger Zeit zu ihm kam. Sie setzte
sich wortlos, und sie streckte ebenso wortlos die Hand nach
seiner aus und hielt sie fest. Es machte den Schmerz nicht
weniger schlimm, aber irgendwie half es ihm, ihn besser zu
ertragen.
    »Du trauerst um deinen Freund«, stellte Serena schließlich
fest.
Mike nickte wortlos.
»Er muß... ein sehr guter Mensch gewesen sein, wenn du ihn
so geliebt hast«, fuhr Serena stockend fort. Mike nickte wieder.
Er sagte noch immer nichts. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
»Obwohl er Winterfelds Sohn war«, fügte Serena hinzu, und
diesmal klang sie sehr nachdenklich. »Das verstehe ich nicht.
Wie kann der Sohn deines Feindes zugleich dein Freund sein?«
»Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun«,

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