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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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Chance hatte. Die Strategie scheiterte so lange, bis das Management die Ebene der Betrachtung veränderte. Computer sind nicht nur Geräte, sondern Nutzungsformen. Software, technische Plattform und Inhalte müssen sich zu einem nahtlosen System verbinden, in dem Geräte nur Angelpunkte darstellen. Musik und Bild und Film funktionieren anders als »Daten«. Erst als der iPod die Art und Weise, Musik zu hören und zu organisieren, veränderte, entstand eine neue Kaskade der Computer-Evolution.
    Was uns an diesem Unternehmen fasziniert, ist, dass es immer »am evolutionären Abgrund« operierte. Der religiöse Schauer, den die Firma mit dem Eva-Apfel bisweilen hervorruft, stammt aus dieser Quelle: entrückte Adaptivität. Apple ist eine evolutionäre Sekte. Was ist Religion jemals anderes gewesen als die Erfahrung: Wir werden erhört und erlöst?
    Wirklich erfolgreiche Manager »steuern« ihr Unternehmen nicht. Sie organisieren Irrtümer, die das Unternehmen nicht beschädigen, und immer neue Experimente. Die erfolgreichen werden verstetigt.
    Unternehmen sind auch keineswegs automatisch erfolgreich, wenn sie besonders innovativ sind. Das österreichische Unternehmen Red Bull hat das Getränk mit dem gleichen Namen weder erfunden, noch produziert es etwas Neues. Es hat nur eine neue Sprache gefunden, eine kommunikative Marketingnische ausgeformt. Und Chinas Wirtschaft war wachstumsstark, gerade weil sie sich auf das Kopieren westlicher Produkte konzentriert, ohne die »Transaktionskosten« der Demokratie zu zahlen. Man muss betonen: war. Die Geschichte bleibt, wie die Ökonomie und die Evolution, niemals stehen. Die nächste Runde wird China als evolutionäre Innovationsnation sehen, mit anderen Pfaden zum Erfolg als die westlichen.
    Die evolutionäre Zivilisation
    Moderne Zivilisationen können gerade deshalb stabil sein, weil in ihnen ständiges Scheitern herrscht, ein Kommen und Gehen von Ideen, ein ständiges Synthetisieren von Memen, den kulturellen Gedankenträgern und Musterbildungen. Stabilität entsteht durch dynamische Varianz, durch »Stolpern« statt durch Planen. Bedeutet dies nicht, dass wir als Prognostiker endgültig unsere Profession an den Nagel hängen können? Wenn Evolution nicht berechenbar, vorhersagbar ist, wenn alles im Grunde Evolution ist, wozu dann noch »Zukunftsforschung«?
    Dass wir ein Ergebnis nicht vorherbestimmen können, heißt nicht, dass wir die Adaptionsfähigkeiten nicht erhöhen können. Und genau an diesem Punkt löst sich die Biologie wieder von der Menschenwelt. Menschen und menschliche Organisationen können tatsächlich durch Feedback lernen. Die Evolution kann dies nur durch die Extinktionsschleife.
    Der Botaniker Jean-Baptiste de Lamarck entwickelte um 1780 seine Theorie der biologischen Adaption. Seine Theorie war damals in vielerlei Hinsicht plausibler, einleuchtender, verständlicher als die wenig später veröffentlichte Evolutionstheorie Darwins. Lamarcks Idee war simpel: Giraffen entwickeln lange Hälse, weil sie sich dauernd nach Früchten an hohen Bäumen strecken. Fortpflanzung übersetzt das Dehnen der Halswirbel auf die nächsten Generationen. Je mehr sich die Giraffen strecken, desto längere Hälse haben die Giraffenbabys.
    Dagegen war Darwins Erkenntnis von der evolutionären Auslese viel verstörender, ja abstrakter. Kausalität erscheint uns immer logischer als Koinzidenz. Wir ziehen Wirkungslogik dem Systemverständnis vor.
    Die neuere Biologie greift in gewisser Weise wieder auf Lamarck’sche Ideen zurück – wenn auch in einem anderen Verständniszusammenhang. Die Epigenetik zeigt uns, dass Gene nicht allein den Phänotyp, also das jeweilige Individuum bestimmen. Gene werden vielmehr durch Umweltbedingungen ausgelesen, aktiviert oder unterdrückt. Die »Expression«, das heißt die Art
und Weise, wie die DNA die Eiweiße der Zellen produziert und einen Phänotyp schafft, ist innerhalb einer Spezies flexibler, als man denkt. Darwin hatte recht, aber der evolutionäre Prozess hat noch andere, moderierende Komponenten. 4
    Feedback spielt eine viel größere Rolle in der biologischen Evolution, als wir bislang glaubten. Und dies gilt auch für soziokulturelle Prozesse. Die Entwicklung des menschlichen Hirns erlaubt uns, adaptiv mit akkumuliertem Zufall umzugehen. Menschen können lernen, in hohen Komplexitäten die richtigen, oder zumindest die besseren, Entscheidungen zu treffen. Menschen können lernen, ihre Systeme (Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur)

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