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Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht

Titel: Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt <München>
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durch adaptive Fitness robuster zu machen.
    Aus dem »kalten« Blickwinkel der systemischen Evolution können wir Fortschritt und Wohlstand daher auch wie folgt definieren:
    Fortschritt ist der Prozess, in dem durch Irrtum und Auslese, ergänzt durch menschliche Adaption, höhere Komplexität entsteht. (Was Komplexität ist und wie sie »funktioniert«, möchte ich im letzten Teil des Buches näher beschreiben.)
    Wohlstand ist jener gesellschaftliche Zustand, in dem Individuen Irrtümer begehen können, aus denen sich Vorteile generieren lassen. Das gilt für unsere Entscheidung für Konsumprodukte ebenso wie für die Partnersuche, den Lebensort, den Beruf und vieles mehr (mehr dazu im Kapitel über den Individualismus). Deshalb ist eine entscheidende Bedingung für die Entwicklung des Wohlstands die Freiheit (der Wahl, der Lebensmuster, der »Lifestyles«). Freiheit basiert auf Vielfalt, denn ohne Vielfalt kann man nicht wählen. Und ohne Vielfalt entsteht keine Adaption durch Rückkopplung von Irrtümern.
    Fitnesslandschaften
    Stellen wir uns eine endlose Landschaft vor. Ein Raster, auf dem eine unendliche Anzahl von »Spielen« stattfindet. Ein bis an den Horizont reichendes Zellensystem, bei dem die einzelnen Zellen nur eine Null- oder Eins-Stellung kennen. Ein digitales Spielfeld ohne Grenzen. Eine Art Weltmaschine.

    Im Jahr 1970 erfand der Mathematiker John Horton Conway das Computerspiel »Game of Life«. Seine Idee einer binären Evolutionslandschaft basierte auf der berühmten »Neumann-Maschine« – einem Computerprogramm aus den vierziger Jahren, erfunden von dem Mathematiker und Spieltheoretiker John von Neumann –, die bestimmte Operationen der Selbstreproduktion vornehmen konnte. Mit seiner Hilfe simulierte Conway einfache Algorithmen der Natur. Seine »zellulären Automaten« folgten noch recht einfachen Regeln. Etwa: »Eine Zelle mit weniger als zwei Nachbarn stirbt« (Unter population). Oder: »Eine Zelle mit mehr als drei Nachbarn stirbt« (Überpopulation). 5
    Conways Spiel fasziniert bis heute. Aus einfachen Grundkonstanten und Ausgangspositionen entstehen erstaunlich komplexe Strukturen, und mit wenigen Veränderungen der Regeln wieder völlig andere Ergebnisse. Seit Beginn der neunziger Jahre, als leistungsfähigere Rechner zur Verfügung standen, entwickelte sich eine ganze Disziplin der agentenbasierten Modellierung (agent based modelling), die sich langsam, aber sicher zu einer Art Weltsimulationstechnik ausweitet. Agentenbasierte Modelle erlauben es, dynamische Prozesse nachzuspielen, indem man nicht nur Regeln anwendet, sondern auch Entscheidungssituationen simuliert. Die einzelnen Agenten können mit einem »Eigensinn« programmiert werden, der die Ergebnisse entlinearisiert: Man weiß vorher nicht, was am Ende herauskommt. Wie in der Evolution.
    Wissenschaftler wie Robert Axelrod nutzten solche Verfahren, um das berühmte »Gefangenendilemma« durchzuspielen. Der Philosoph Daniel Dennett simulierte die Entwicklung ganzer wissenschaftlicher Modelle. Werke wie »Artificial Adaptive Agents in Economic Theory« (Künstliche adaptive Agenten in der Ökonomischen Theorie) 6 wandten die Technik auf Marktentwicklungen an. Mit agentenbasierten Modellen kann man die Bewegung von Ameisen simulieren, die ihren Weg zum Bau finden. Oder das Verhalten von Landwirten in Naturschutz- und Wassereinzugsgebieten analysieren. Oder Staus durchdringen. Oder Meinungsvarianz-Entwicklung bei Krisen und Katastrophen darstellen. Womöglich
sogar das Entstehen von Terrorzellen. Neuerdings lässt sich auch die Entstehung von Krebszellen im Organismus simulieren. In jüngster Zeit wachsen agentenbasierte Modelle immer mehr in den »Realraum« hinüber, als Schnittstelle dienen das Internet, die sozialen Netzwerke, die gewaltige Datenproduktionen in Echtzeit ermöglichen.
    Als kleinste Einheit dieser simulierten Evolution fungieren so genannte »Bots«, das sind Zelleneinheiten und -verbünde, die nach bestimmten vorgegebenen Regeln funktionieren. Diese Regeln kann man ziemlich »evolutionsnah« gestalten. Ein Beispiel:
    »Dupliziere dich, wenn du auf zehn schwarze Felder triffst« (Teilungsregel).
    »Erzeuge Distanzen zu Bots, die deutlich größer sind als du« (Fluchtregel).
    »Verschmelze mit Zellen, die eine Varianz von größer als 1 und kleiner als 2 zu dir selbst haben, und erzeuge eine Zufallsdrittkopie« (Fortpflanzungsregel).
    Setzt man das Spiel in Gang, entwickeln sich sogleich Strukturen, die an

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