Das Megatrend-Prinzip - wie die Welt von morgen entsteht
einem spektakulären Vortrag während einer TED-Konferenz 6 schlug Romer allen Ernstes vor, »Guantanamo zum neuen Singapur zu machen«. Unter der Verwaltung der Kanadier könne eine neue globale Stadt entstehen, durch die die verarmten Kubaner Zugang zu den Weltmärkten – und zu funktionierenden Organisationsmodellen – bekämen. Ähnliches könnte im Kongo, in Afghanistan, in Laos passieren. Man mag Romers Vorschlag ein wenig imperial finden – eine historische Logik hat er schon. Dass das Modell inzwischen bei der UNO debattiert wird, weist daraufhin, dass das Neo-Urbane in der Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielt.
Auch in einer anderen Hinsicht: Ohne Zweifel befindet sich die westliche Demokratie in einer Krise. Die politische Klasse leidet unter dem Vertrauensverlust der Bürger. Doch die politische Entfremdung findet nicht auf allen Ebenen gleichermaßen statt. Betroffen ist vor allem der Nationalstaat, der in der globalen Politik unter Druck gerät beziehungsweise langsam überflüssig zu werden scheint. Was nationale Parlamente heute überhaupt noch zu
melden und zu gestalten haben, ist für viele Bürger rätselhaft. Kommunalpolitik leidet, anders als nationale Politik, weit weniger unter dieser Legitimationskrise. Kommunalpolitik kann nie ideologisch, sondern immer nur konkret und pragmatisch sein, denn Stadtbewohner können das Resultat tagtäglich an ihrer Lebensqualität messen. Das gilt auch und gerade für große Städte, in denen man sich zur Bewältigung der Probleme kreative Lösungen einfallen lassen muss. Gewissermaßen die demokratische Basis bildet daher die Stadtgesellschaft, die Urbanokratie. Das Internet macht Transparenz und Partizipation auch bei einer Millioneneinwohnerschaft möglich, und das Engagement der Bürger ist im kommunalen Rahmen konkret und sichtbar. Der »Neue Urbanismus« bildet so den Nährboden der Netzwerk-Zivilgesellschaft, die die nächste Etappe der globalen Zivilisation hervorbringt.
11 Connectivity – Wie alles zusammenhängt
Könnte über Nacht alles plötzlich in eine ganz andere Richtung gehen? Anders gefragt: Kann man Megatrends stoppen?
Spielen wir ein Szenario durch: Freier Handel im Zuge der Globalisierung wird durch hässlichen Handelsprotektionismus ersetzt. Alle Wirtschaftsräume kämpfen gegeneinander. In Europa gehen die Schlagbäume wieder herunter; vorbei die Zeiten, in denen man ohne kontrolliert zu werden von Estland bis Portugal reisen konnte. Amerika schließt seine Grenzen für chinesische Produkte und entwickelt sich zu einem Imperium des Schreckens und der Angst. An den Alpen entsteht eine zweite Auffanglinie gegen die Millionen Armutsflüchtlinge, die aus Afrika zu uns strömen. Die Städte verwandeln sich in Elendsquartiere. Die Bürger verschanzen sich oder fliehen massenhaft aufs Land, um dort mit Subsistenzwirtschaft zu überleben. Die Krise der Rohstoffe, allem voran die Verknappung der fossilen Brennstoffe, führt zu einem Zerfall der komplexen globalen Ökonomie.
Ein solches Negativszenario nutzte der deutsche Regisseur Lars Kraume für seinen Untergangsfilm »Die kommenden Tage«, der im Jahr 2010 in den deutschen Kinos lief und aus der Welt des Jahres 2020 berichtet. Er erzählt die Geschichte von zwei Schwestern, die die Endzeit der Wohlstandszivilisation aus unterschiedlichen Blickwinkeln erleben. Der Film floppte, weil alles nicht nur deprimierend, sondern auf seltsam bizarre Weise unglaubwürdig wirkte. Linear gedacht.
Die Welt kennt kein Zurück. Oder doch?
Könnte das Bildungsniveau wieder fallen? Viele Beobachter halten das heute schon für Realität. Obwohl es allen Daten über die weltweite Bildungsentwicklung widerspricht.
Könnte die Lebenserwartung wieder schrumpfen? Möglich ist das durchaus. Aber es würde mit erheblichen gesellschaftlichen Auflösungserscheinungen einhergehen.
Ist es möglich, dass die alte industrielle Arbeitswelt ein Comeback erlebt? Dafür müssten wir eine Menge technologisches Wissen, organisatorische Vernunft, gekonnte Effektivität vergessen.
Stellen wir uns vor: Die »Chauvi-Union« von Deutschland, Spanien, Polen und sieben anderen europäischen Ländern verabschiedet Gesetze, die die Frauen zurück an den Herd bringen sollen. Überall entstehen neue Hausfrauenverbände, die sich um die »ordentliche Versorgung von Ehemännern« kümmern. Ist das möglich? Man soll nie nie sagen!
All das ist genauso möglich, wie dass morgen Kaugummi vom Himmel regnet, die Sonne zu einer
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